Polizei führt Flüchtling gewaltsam aus Kloster ab

Polizei führt Flüchtling gewaltsam aus Kloster ab
Die Polizei hat in Münster einen Flüchtling aus einem Kloster abgeführt. Das örtliche Asyl-Netzwerk spricht von einem Bruch des Kirchenasyls. Das Bundesamt verweist auf Bedingungen für ein Kirchenasyl.

Münster (epd). Ein Flüchtling im Kapuzinerkloster in Münster ist am Dienstag von der Polizei gewaltsam abgeführt worden. Das Netzwerk Kirchenasyl kritisierte das Vorgehen der Polizei scharf. Die Räumung eines Kirchenasyls sei ein ungeheuerlicher und in dieser Form einmaliger Vorgang, kritisierte eine Sprecherin des Netzwerks, Julia Lis. Die Polizei und der Kreis Coesfeld erklärten, der Mann sei nicht freiwillig mitgekommen. Daher sei es zu einer Auseinandersetzung gekommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verwies darauf, dass Kirchenasyl nur in besonderen Härtefällen gewährt werden solle.

Das Verwaltungsgericht Münster gab am Abend laut WDR einem Eilantrag statt, wonach die Abschiebehaft für 48 des Mannes für 48 Stunden ausgesetzt wird.

Die Polizei bestätigte den Einsatz und eine Auseinandersetzung mit dem Ghanaer sowie die Verwendung von Handschellen. Ein Kollege sei von dem Mann gebissen worden und sei den weiteren Tag dienstunfähig, sagte ein Sprecher der Polizei Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). Verantwortlich für die Abschiebung sei der Kreis Coesfeld, die Polizei sei lediglich für den Vollzug hinzugezogen worden.

Entscheidung des BAMF

Der Kreis Coesfeld berief sich darauf, dass er lediglich eine Entscheidung des BAMF umgesetzt habe. Der Mann aus Ghana war zuvor im Kreis Coesfeld untergebracht. Rechtliche Schritte des Asylbewerbers gegen seine Abschiebung sollen gescheitert sein.

Ein Sprecher des Bundesamtes sagte dem epd, das BAMF ordne eine Abschiebung an, wenn die Zuständigkeit für ein Asylverfahren bei einem anderen Mitgliedsstaat liege. Für ein Kirchenasyl müssten begründbare besondere Härten vorliegen. Allein eine anstehende Überstellung in einen anderen EU-Staat sei kein ausreichender Anlass. Zu dem Einzelfall dürfe die Behörde aber aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskünfte geben.

Der 31-jährige Flüchtling aus Ghana war nach Angaben des Netzwerks Kirchenasyl zunächst in Ungarn registriert worden. Nach dem Dublin-Abkommen der Europäischen Union muss ein Flüchtling in dem EU-Staat Asyl beantragen, über den er in die EU eingereist ist.

"Faires Verfahren zweifelhaft"

Bei den derzeitigen Zuständen in Ungarn sei es jedoch sehr zweifelhaft, ob der Mann aus Ghana dort ein faires Verfahren bekomme, kritisierte Lis. Zudem sei der Mann herzkrank und brauche eine entsprechende medizinische Behandlung. Ein Anwalt des Netzwerkes werde einen Eilantrag stellen.

Das Netzwerk Kirchenasyl warf den Behörden ein "massives und brutales Vorgehen ohne jegliche Dialogbereitschaft" vor. "Wir waren gerade dabei, die Dokumentation des Falles an die zuständigen Stellen weiterzuleiten", sagte Lis. Der Mann aus Ghana sei wie Schwerverbrecher behandelt worden. Er sei jedoch ein Bedürftiger, der sich hier Schutz erhofft habe.

"Inhumane Zustände"

Mit Erschrecken reagierten Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche in Münster auf die Auflösung des Kirchenasyls. "Unfassbar, dass der Kreis Coesfeld den Ghanaer nach Ungarn zurückführt! Wir verweisen hier auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Münster, worin dieses die inhumanen Zustände für Asylbewerber in Ungarn feststellte," erklärten Superintendentin Meike Friedrich und Stadtdechant Jörg Hagemann. Die Theologen zeigten sich erschüttert, dass der Kreis den Asylbewerber mit Polizeigewalt aus dem Kirchenasyl geholt habe.

Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. Der Aufenthaltsort der Flüchtlinge wird den Behörden gemeldet. Bislang wird die Praxis des Kirchenasyls als Ausnahme in seltenen Fällen weitgehend geduldet.