Pro und Kontra: Eine Rentenversicherung für alle?

Pro und Kontra: Eine Rentenversicherung für alle?
Die Rente wird vermutlich ein Top-Thema im Bundestagswahlkampf werden. Denn in der Bevölkerung ist die Sorge groß, dass vielen das Geld im Alter nicht reicht. Eine Reformidee: eine Rentenkasse für alle mit gleichem Beitrag für jeden Versicherten.

Frankfurt a.M. (epd). Seit der WDR kürzlich eine Studie veröffentlicht hat, wonach im Jahr 2030 rund 50 Prozent der Rentnerinnen und Rentner Altersarmut droht, wird wieder intensiv über die Rente diskutiert. Die Zahl von 50 Prozent ist vermutlich zu hoch gegriffen. Dennoch ist klar: Wenn es zu keiner Rentenreform kommt, wird die Altersarmut weiter steigen.

Grüne und Linke schlagen deshalb vor, die Zahl der Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung zu vergrößern und außerdem das komplette Einkommen der Besserverdiener - und nicht nur einen Teil davon - mit Beitragszahlungen zu belasten. Die Vor- und Nachteile im Überblick.

PRO

Eine Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, ist nach Auffassung der Opposition im Bundestag eine sozial gerechte Idee. Denn dadurch würden die gegenüber den gesetzlich Rentenversicherten privilegierten Beamten und Mitglieder der Kammerberufe wie etwa Ärzte, Rechtsanwälte und Steuerberater mit den abhängig Beschäftigten gleichgestellt.

Die Einbeziehung der selbstständig Tätigen würde außerdem zur Linderung der Altersarmut beitragen, da ein in den vergangenen Jahren stark gewachsener Anteil der Selbstständigen inzwischen zu den "Soloselbstständigen" zählt. Diese Selbstständigen ohne Angestellte verdienen oft so wenig, dass sie keine ausreichende Altersvorsorge betreiben können.

Mit der Bürgerversicherung ließen sich auch die Beitragsbemessungsgrenzen abschaffen. Der Rentenversicherungsbeitrag beträgt 18,7 Prozent des Bruttolohns. Allerdings gilt das nicht durchgängig: So unterliegt ein Monatsbruttolohn oberhalb von 6.200 Euro in West- und 5.400 Euro in Ostdeutschland nicht mehr der Rentenversicherungspflicht. Wer mehr verdient, bezahlt nur für 6.200 bzw. 5.400 Euro im Monat in die Rentenkasse ein. Besserverdiener müssen also nur einen Bruchteil von 18,7 Prozent an die Rentenkasse abführen. Würde man die Beitragsbemessungsgrenzen abschaffen, würden sich die Einnahmen der Rentenversicherung schlagartig erhöhen. In der Folge könnten höhere Renten gezahlt werden.

KONTRA

Gegen die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze spricht: Je höher die Einzahlungen in die Rentenkasse sind, desto höher sind die Renten im Alter. Spitzenverdiener, die mehrere Jahrzehnte Monat für Monat äußerst hohe Beträge in die Rentenversicherung einzahlen, erwerben damit nach dem in Deutschland geltenden Rentenversicherungsrecht einen Anspruch auf eine äußerst hohe Monatsrente. Und da die Lebenserwartung statistisch gesehen mit dem Einkommen steigt, würde das für die Rentenversicherung, die heute von erhöhten Einnahmen profitieren könnte, am Ende ziemlich teuer.

Lösen könnte man dieses Problem mit einer Anleihe aus der Schweiz, wo es keine Beitragsbemessungsgrenze, aber eine Höchstrente gibt. Eine Höchstrente ist dem System der deutschen Rentenversicherung, in der die Höhe der Renten strikt von der Höhe der Einzahlungen abhängig ist, jedoch fremd. Und da Rentenanwartschaften unter dem Eigentumsschutz des Grundgesetzes stehen, ist es wahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht eine Höchstrente kippen würde. Ohne Höchstrente wäre die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze jedoch ein rentenpolitisches Eigentor, das kurzfristig ein Problem lindern, es langfristig jedoch verschärfen würde.

Hinzu kommt: Die beiden Reformvorschläge geben keine Antwort auf den demografischen Wandel. Eine Bürgerversicherung ohne Beitragsbemessungsgrenze würde die Herausforderung, dass sich das quantitative Verhältnis zwischen Rentnern auf der einen und Beitragszahlern auf der anderen Seite verschieben wird, nicht lösen.