Kommission präsentiert Kompromiss für Finanzierung des Atomausstiegs

Kommission präsentiert Kompromiss für Finanzierung des Atomausstiegs
Die vier großen Energiekonzerne sollen sich mit der Zahlung von 23 Milliarden Euro von den künftigen Risiken der Atommüll-Endlagerung befreien können. Das ist das Ergebnis der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs.

Berlin (epd) Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission für die Finanzierung des Atomausstiegs hat einen Kompromissvorschlag zur Teilung der Lasten zwischen Staat und Energiekonzernen vorgelegt. Wie aus dem am Mittwoch vorgestellten Abschlussbericht hervorgeht, sollen die Unternehmen 23,3 Milliarden Euro in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzahlen und damit von den Risiken der Endlagerung befreit werden. Die Verantwortung dafür soll komplett der Staat übernehmen. Für Stilllegung, Rückbau und sichere Übergabe des radioaktiven Abfalls aus der atomaren Energieerzeugung sollen die Konzerne aber zuständig bleiben.

Vorsitzende: Faires Ergebnis

Die Summe für den Fonds errechnet sich aus den bisher dafür eingeplanten Rückstellungen der Konzerne in Höhe von 17,2 Milliarden Euro. Dazu kommt ein Risikoaufschlag, den die Kommission auf 35 Prozent festgelegt hat. Das Geld soll spätestens bis zum Ende des Betriebs der Atomkraftwerke 2022 in den öffentlich-rechtlichen Fonds überführt werden. Die für Stilllegung und Rückbau vorgesehenen Rückstellungen von 17,8 Milliarden Euro sollen nach Auffassung der Kommission bei den Konzernen belassen werden.

Mit dem Vorschlag, die 23 Milliarden Euro in einen Fonds zu geben, will die Kommission sicherstellen, dass die Konzerne ihren Anteil am Atomausstieg tragen und nicht mehr für die Kosten herangezogen werden, indem sie beispielsweise vorher pleite gehen. Der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne), Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Hamburgs früherer Bürgermeister Ole von Beust (CDU) als Vorsitzende der Kommission sprachen von einem "fairen Ergebnis".

Platzeck sagte, die Kommission habe das Interesse der Steuerzahler im Blick gehabt. Gleichzeitig müsse man aber auch dafür sorgen, dass die Kuh, die man melken wolle, nicht vorzeitig geschlachtet werde, erklärte er mit Blick auf die Konzerne.

Greenpeace: Ablasshandel mit der Atomindustrie

Nach einem Gutachten, das der im Oktober 2015 gegründeten Kommission als Grundlage vorlag, werden für alle Facetten des Kernenergieausstiegs knapp 48 Milliarden Euro an Kosten veranschlagt. Als Rückstellungen der Konzerne stehen dem gut 38 Milliarden Euro gegenüber. Den Kommissionsvorsitzenden zufolge soll mindestens einen Teil dieser Lücke der Fonds durch Verzinsungen erwirtschaften.

Die Ergebnisse der Kommission wurden überwiegend begrüßt. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte, die Bundesregierung werde den Bericht genau prüfen und die erforderlichen Maßnahmen umsetzen. Um die Vorschläge der Kommission umzusetzen, wären Gesetzesänderungen vonnöten. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sprach von einem "fairen Kompromiss" und einem "Durchbruch" der in der Vergangenheit schwierigen Verhandlungen mit den Energiekonzernen E.on, RWE, Vattenfall und EnBW. Die Kommission entschied nach Angaben der Vorsitzenden einstimmig.

Auch Grünen-Chefin Simone Peter sprach von einer "vernünftigen Lösung", bei der sich die Energiekonzerne ihrer gesamtgesellschaftlichen Verpflichtung nicht entziehen könnten. Kritik kam von der Linken: Die Kommission sei den Konzernen sehr entgegen gekommen, sagte der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel. Greenpeace sprach von einem "Ablasshandel mit der Atomindustrie". Die Bundesregierung entlasse die Konzerne zu einem "unverschämt niedrigen Preis" aus der Haftung, sagte der Energieexperte der Organisation, Thomas Breuer.