Kabarettist Somuncu fordert Rückendeckung für Böhmermann

Kabarettist Somuncu fordert Rückendeckung für Böhmermann
Der Kabarettist Serdar Somuncu erwartet, dass sich die Bundesregierung hinter den Satiriker Jan Böhmermann stellt.

Frankfurt a.M. (epd) Es gehe hier um Pressefreiheit und Kunstfreiheit, sagte Somuncu am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Die Kanzlerin habe jedoch in der Flüchtlingspolitik einen "Deal" mit dem türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan, "der sehr heikel ist", sagte Somuncu.

Am Sonntag war bekanntgeworden, dass die türkische Regierung wegen des Gedichts "Schmähkritik" von Böhmermann gegen den türkischen Präsidenten die Strafverfolgung des Satirikers fordert. Es sei das Recht des Künstlers, dass er entscheide, mit welchen Mitteln er arbeite, sagte Somuncu.

ZDF löschte Gedicht

Böhmermann hatte dem Gedicht, das er im "Neomagazin Royale" am 31. März verlesen hatte, vorausgestellt, dass er mit diesem die Grenzen dessen überschreite, was Satire dürfe. Satire dürfe nicht Menschen "unter der Gürtellinie" diffamieren, sagte Böhmermanns Sidekick Ralf Kabelka in der Sendung. Mehrmals betonten Böhmermann und Kabelka, dass diese Form von Schmähkritik nicht von der Satirefreiheit gedeckt sei: "Was jetzt kommt, darf man nicht machen."

Das ZDF löschte das Gedicht, in dem Böhmermann den Präsidenten unter anderem "sackdoof, feige und verklemmt" genannt hatte, am 1. April aus der Mediathek. Die Staatsanwaltschaft Mainz nahm in der vergangenen Woche Vorermittlungen auf, nachdem mehr als 20 Anzeigen gegen Böhmermanns Auftritt eingegangen waren.

Auch Sevim Dagdelen, Sprecherin für Internationale Beziehungen der Bundestagsfraktion Die Linke, forderte die Bundesregierung auf, sich vor Böhmermann zu stellen. Sie kritisierte, dass die Kanzlerin das Gedicht nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert als "bewusst verletzend" verurteilt habe. Dies stehe ihr nicht zu, sagte Dagdelen. Die Gerichte hätten zu entscheiden, ob hier die Grenzen der Satire überschritten seien.

Der Anwalt Fatih Zingal, stellvertretender Vorsitzender der Union Europäisch-Türkischer Demokraten, verteidigte dagegen das Strafverlangen der türkischen Regierung. Dass Böhmermann dem Gedicht vorangestellt habe, dass dies die Grenzen der Satire überschreite, mache eine nicht zulässige Handlung nicht zu einer zulässigen Handlung, sagte er. Das Gedicht sei zu lang, um nur als "Beispiel für Schmähkritik" durchzugehen.

Satirische Qualität

Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen verteidigte das Gedicht. Ihm gefalle es zwar nicht, sagte er, aber Böhmermann sei "ein Meister des Schillernden". Böhmermann habe einen Zwitter produziert, eine "Schmähsatire". "Darin liegt ein Stück satirische Qualität." Durch die Diskussion darüber bekomme er gleichsam nachträglich Recht. Bei der Beurteilung des Gedichts dürften "die Empfindlichkeiten eines türkischen Staatspräsidenten, der in seinem Land die Pressefreiheit mit Füßen tritt, nicht maßgeblich sein".

Der CDU-Politiker Elmar Brok verteidigte in der Sendung die Einschätzung der Bundeskanzlerin. Auch sie habe das Recht auf eine persönliche Meinung, sagte er. Und auch ein Politiker wie Erdogan habe das Recht auf seine Würde. Er gehe aber davon aus, dass die Bundesregierung die Strafverfolgung nicht möglich machen werde.

Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts kann nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuchs mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden. Nachdem der türkische Botschafter in einer sogenannten Verbalnote an das Auswärtige Amt die Strafverfolgung Böhmermanns gefordert hat, muss nun die Bundesregierung prüfen, ob sie der Staatsanwaltschaft die Ermächtigung dazu erteilt.