Furcht vor El Niño

epd-bild / WFP/Phil Behan
Weltweit hat El Niño sehr gegensätzliche Auswirkungen: Überschwemmungen wie auch Dürreperioden.
Furcht vor El Niño
Schon jetzt sind die Auswirkungen des
Wetterphänomens spürbar
Experten warnen vor einem Rekord-El-Niño, auch auf der Klimakonferenz in Paris. Die verheerenden Folgen von 1997/98 sind noch gut in Erinnerung. Die Bananenbauern in Ecuador könnten bis zu 30 Prozent ihrer Ernte verlieren und sorgen vor.

Quito (epd)Bananenplantagen so weit das Auge reicht. Sie prägen die drei Küstenprovinzen Los Ríos, Guayas und El Oro in Ecuador. Das Land ist der weltweit größte Bananenexporteur, die Rekordzahl von 295 Millionen Kisten wurden im vergangenen Jahr verschifft. Für die kommenden Monate fürchtet der Exportverband AEBE allerdings gravierende Einbußen. Das Wetterphänomen El Niño ist im Anmarsch und gilt als das stärkste seit mehr als 15 Jahren. "Kommt El Niño mit großer Wucht, könnte die Produktion zwischen 20 und 30 Prozent einbrechen", sagt Geschäftsführer Eduardo Ledesma.

Wochenlange Regenfälle

Mit Schrecken erinnert er sich noch an die Jahre 1997/98, als El Niño in Ecuador zuschlug. Mit verheerenden Folgen, nicht nur für die Landwirtschaft. Mehr als 280 Menschen starben, rund 30.000 verloren ihr Hab und Gut. Nach wochenlangen Regenfällen verwandelten sich die Straßen in der Hafenstadt Guayaquil in reißende Flüsse, Zehntausende Hektar landwirtschaftliche Fläche wurden überschwemmt. In der Andenregion herrschte Trockenheit. Das Land lag am Boden, der wirtschaftliche Schaden summierte sich auf Milliarden, machte 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus.

Der aktuelle El Niño könnte die Kraft von damals erreichen. Die wissenschaftlichen Daten sprächen dafür, sagt Rodney Martínez, Direktor des Internationalen El-Niño-Forschungszentrums (CIIFEN) mit Sitz in Guayaquil. Teile des Pazifiks seien bis zu sechs Grad wärmer als normal. Der Meeresspiegel vor der ecuadorianischen Küste sei um rund 15 Zentimeter gestiegen.

Heißes Jahr

Das Klimaphänomen, das nach dem Christkind benannt ist, weil es um die Weihnachtszeit bemerkbar wird, tritt alle zwei bis acht Jahre im tropischen Pazifik auf und führt zu globalen Wetteranomalien. Die typischen Passatwinde bleiben aus, das warme Wasser vor der Küste Australiens und Indonesiens wird nach Südamerika getrieben. Der Pazifik heizt sich stark auf. Hinzu kommt die globale Erderwärmung. 2015 ist nach Angaben der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, auch die Meerestemperaturen seien so hoch wie noch nie. El Niño heize sie weiter an, heißt es.

Seit Monaten warnen internationale Wissenschaftler vor einem Rekord-El-Niño. Noch hat das Phänomen seinen Höhepunkt nicht erreicht. Bis Ende des Jahres soll es an Stärke zunehmen. "Die Folgen spüren wir schon", betont Klimaexperte Martínez und verweist auf die Dürre in Zentralamerika und die heftigen Waldbrände in Indonesien.

Überschwemmungen und Dürre

Weltweit hat El Niño sehr gegensätzliche Auswirkungen. Während an der südamerikanischen Nordküste sintflutartige Regenfälle und Überschwemmungen erwartet werden, kommt es in Teilen Brasiliens zu Trockenheit. Auch Südostasien, Ostafrika und Australien drohen Dürreperioden. Im ostafrikanischen Äthiopien herrscht derzeit eine extreme Dürre, Millionen Menschen sind dort von einer Hungerkrise bedroht. Hilfsorganisationen warnen zudem vor Ernteausfällen und Seuchen.

Die ecuadorianische Küste ist bisher von Wetterkapriolen verschont geblieben. Für die Bananenproduzenten aber kein Grund zu entspannen. Sie treffen Vorkehrungen, verstärken die Flussufer, verbessern die Entwässerungssysteme, berichtet Eduardo Ledesma vom Exportverband. Auch die Behörden reagierten. Mitte November rief die ecuadorianische Regierung den Ausnahmezustand für 17 der 24 Provinzen aus, darunter auch die geschützte Inselgruppe Galápagos. Der Ausnahmezustand ermöglicht es, im Katastrophenfall die nötige Hilfe schneller bereitzustellen.

Doch Ledesma hofft, dass es diesmal nicht zur Katastrophe kommen wird. "Wir sind heute deutlich besser vorbereitet als 1997/98", betont er.