«Völkerrecht nicht weiter aushöhlen»

epd-bild / Norbert Neetz
Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms.
«Völkerrecht nicht weiter aushöhlen»

Der Bundestag hat über den geplanten Einsatz der Bundeswehr in Syrien beraten. Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Renke Brahms, warnt vor dem Einsatz.
02.12.2015
epd
Dieter Sell (epd-Gespräch)

Bremen (epd)Nach den Grundsätzen evangelischer Friedensethik müsse für einen militärischen Einsatz als äußerstes Mittel einer rechtserhaltenden Gewalt zwingend ein Mandat des UN-Sicherheitsrates vorliegen, sagte Renke Brahms am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir dürfen das ohnehin durch Einsätze in der Vergangenheit angeschlagene Völkerrecht nicht weiter aushöhlen", mahnte der Leitende Theologe der Bremischen Kirche.

Der Bundestag berät derzeit über den geplanten Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) in Syrien. Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts vom Dienstag wird die Zustimmung des Parlaments bis Freitag erwartet. "Jede direkte militärische Intervention oder gar ein Einsatz von Bodentruppen werden die Eskalation beschleunigen und auch einer weiteren Institutionalisierung des IS Vorschub leisten", sagte Brahms und fügte hinzu: "Das aber ist genau das Kalkül des IS, damit gehen wir den Terroristen auf den Leim."

Terroristen mit polizeilichen Mitteln entgegen treten

Hingegen hält die katholische Deutsche Bischofskonferenz den Einsatz militärischer Gewalt als letztes Mittel gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" für ethisch vertretbar. Wenn das "menschenverachtende Treiben" des IS in Syrien auf anderem Wege nicht zu stoppen sei, dürfe militärische Gewalt angewendet werden, sagte Erzbischof Ludwig Schick am Montag in Berlin.

In Solidarität zu den Opfern von Anschlägen in Paris, Ankara, Beirut, Tunis und vielen Städten Syriens und des Iraks komme es darauf an, den Terroristen mit polizeilichen Mitteln entgegen zu treten. "Auch mit geheimdienstlicher Arbeit und vor allem im Vorrang des Politischen", argumentierte der Friedensbeauftragte. "Terrorismus ist ein Verbrechen und ist wie ein Verbrechen zu bekämpfen. Deshalb ist zunächst und zuallererst auf den politischen Prozess zu setzen, der mit den Wiener Gesprächen begonnen hat und der sehr bald fortgesetzt werden muss." Die Kriegsrhetorik dagegen führe in die Irre.

Mit zivilgesellschaftlichen Friedensakteuren arbeiten

Es komme beispielsweise darauf an, die Finanzströme und den Ölverkauf des IS endgültig zu unterbrechen - "unter Einbeziehung aller am Konflikt beteiligten Länder, inklusive Russlands und den Nachbarn von Syrien". Militärisches Handeln hingegen potenziere allen Erfahrungen zufolge die Probleme und bringe keine belastbaren Aussichten auf eine Befriedung der Situation. Deshalb müsse die internationale Staatengemeinschaft auf einen geduldigen Weg politischer Überzeugungsarbeit und auf Initiativen des zivilgesellschaftlichen gewaltfreien Engagements setzen.

"Besondere Bedeutung hat da die Zusammenarbeit mit den wenigen in Syrien verbliebenen zivilgesellschaftlichen Friedensakteuren", unterstrich Brahms. "Hier liegen die eigentlichen Quellen für einen künftigen syrischen Modus Vivendi, für eine Verständigung in Richtung nachhaltiger Lösung der Probleme."