Asyl: Diskussion um Kontingente und Obergrenze hält an

Asyl: Diskussion um Kontingente und Obergrenze hält an
Die Forderung, Bürgerkriegsflüchtlinge über Kontingente nach Deutschland zu holen, stößt auf breite Zustimmung. Nicht jeder sieht darin aber das gleiche Ziel: Die Einen sehen die Chance auf legale Wege, die Anderen eine Obergrenze.

In der Debatte um Kontingente für Bürgerkriegsflüchtlinge haben Vertreter von SPD und die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl eine Obergrenze für die Aufnahme abgelehnt. Kontingente seien eine durchaus sinnvolle Ergänzung des Asylverfahrens, weil die Flüchtlinge nicht lebensgefährliche Wege auf sich nehmen müssten, erklärte Pro Asyl am Montag. Sie ersetzten das individuelle Asylrecht aber nicht. Aus der CSU kamen demgegenüber bereits konkrete Zahlen für eine Obergrenze. Der Innenpolitiker Stephan Mayer (CSU) sagte der "Welt" (Montagsausgabe), die Marke von 500.000 Menschen pro Jahr dürfe nicht überschritten werden. Auch der Zentralrat der Juden plädierte für eine Obergrenze bei der Flüchtlingsaufnahme.

Die Spitzen der Koalition hatten Anfang November vereinbart, mit der Türkei über Kontingente für Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien zu verhandeln. Gänzlich neu wäre eine solche Lösung nicht. Der Bund hatte in den vergangenen Jahren bereits 20.000 Syrer über Kontingente nach Deutschland geholt. Fast genauso viele kamen zusätzlich über Aufnahmeprogramme der Bundesländer. Parallel kamen syrische Flüchtlinge aber auch weiter die Mittelmeer- oder Balkanroute in die Bundesrepublik.

Die Frage, was mit diesen Flüchtlingen bei einem großen Kontingent geschehen soll, lässt nun die Debatte um eine Obergrenze wieder aufflammen. Erst am Wochenende bekräftigte die CSU auf ihrem Parteitag ihre Forderung danach. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Mayer sagte der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe), dauerhaft müsse die Zahl der Menschen, die Deutschland im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention aufnimmt, deutlich unter 500.000 pro Jahr liegen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte die Festlegung einer Obergrenze dagegen klar ab. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte in der Tageszeitung "Die Welt": "Beim Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte gibt es keine Obergrenze." Man befürworte ausschließlich Kontingente für jene Menschen, die den Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention oder sogenannten subsidiären Schutz erhalten, weil ihnen in ihrer Heimat ein ernsthafter Schaden droht. Dazu zählen jeweils die Syrer.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte dafür plädiert, im Falle von Kontingenten weitere Bürgerkriegsflüchtlinge abzuweisen und notfalls in sogenannte sichere Häfen in andere Länder zu bringen. Pro Asyl hält dies für schwer möglich. Damit würden die Europäische Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention, die ein Recht auf Prüfung des Asylantrags garantieren, faktisch außer Kraft gesetzt, erklärte die Organisation.

Der CDU-Außenpolitiker Elmar Brok sieht in Kontingenten die Chance für eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen. Es würden "konkrete" Verhandlungen mit der Türkei geführt, sagte Brok, der den Auswärtigen Ausschuss im Europaparlament leitet. Es entstehe so eine Chance für Flüchtlinge, legal und sicher in die EU zu gelangen. Zuerst seien jedoch Länder wie die Türkei und der Libanon gefordert, weniger Menschen hinauszulassen, unterstrich Brok. Europa solle "eigentlich nur das Ventil" sein, wenn der Druck sehr hoch werde.

Die Forderung nach einer Begrenzung der Flüchtlingszahlen kam unterdessen auch vom Zentralrat der Juden. "Über kurz oder lang werden wir um Obergrenzen nicht herumkommen", sagte Präsident Josef Schuster der "Welt". Zur Begründung führte er Probleme bei der Integration an. Wenn es so weitergehe, werde die Vermittlung von Werten immer schwieriger. "Viele der Flüchtlinge fliehen vor dem Terror des 'Islamischen Staates' und wollen in Frieden und Freiheit leben, gleichzeitig aber entstammen sie Kulturen, in denen der Hass auf Juden und die Intoleranz ein fester Bestandteil ist", sagte Schuster.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl lehnte diese Forderung ab. Weder Grundgesetz noch Genfer Flüchtlingskonvention entschieden danach, aus welchem Kulturkreis jemand kommt, sondern nur, "ob er oder sie Schutz braucht", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende dem "Tagesspiegel" (Dienstagsausgabe).