UN: Nach Paris-Anschlägen Flüchtlinge nicht zu Sündenböcken machen

epd-bild/Hans-Juergen Wege
Flüchtlinge kommen im niedersächsischen Dorf Sumte an.
UN: Nach Paris-Anschlägen Flüchtlinge nicht zu Sündenböcken machen
In der Debatte über die Flüchtlingspolitik nach den Anschlägen von Paris warnen die Vereinten Nationen davor, die Flüchtlinge zu Sündenböcken zu machen. Amnesty International fordert, die EU dürfe sich nicht abschotten.

Genf, Berlin (epd)Die allermeisten in Europa ankommenden Menschen wollten sich vor Verfolgung und Konflikten in Sicherheit bringen, erklärte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, am Dienstag in Genf. Sie seien gerade vor solchen Leuten geflohen, die für die Attacken in Paris verantwortlich seien. Amnesty International forderte die EU auf, dem Impuls zu widerstehen, die Außengrenzen weiter zu schließen.

Es werde niemand dadurch geschützt, dass der Angst nach den schrecklichen Anschlägen von Paris nachgegeben werde, sagte der Europa-Direktor der Menschenrechtsorganisation, John Dalhuisen. "Die unzähligen Menschen, die vor Verfolgung und Konflikten fliehen, werden dadurch nicht verschwinden, und auch nicht ihr Recht auf Schutz. So lange irgendwo Gewalt und Krieg herrscht, werden die Menschen kommen, und Europa muss bessere Wege finden, sie zu schützen."

Debatte über Flüchtlingspolitik

Guterres äußerte sich beunruhigt über die unbestätigten Berichte, wonach einer der mutmaßlichen Attentäter von Paris als Flüchtling getarnt nach Europa eingereist sei. Guterres stellte klar, dass die Genfer Flüchtlingskonvention solchen Menschen, die schwere Verbrechen begangen haben, von ihren Schutzbestimmungen ausschließt. Nach den Terroranschlägen in der französischen Hauptstadt mit mehr als 130 Toten ist in Deutschland und Europa eine Debatte über den Kurs in der Flüchtlingspolitik entbrannt.

Zäune an Europas Grenzen hätten in keiner Weise zu einer geordneten Migration beigetragen, sondern zu Menschenrechtsverletzungen geführt, hieß es in dem am Dienstag veröffentlichten Amnesty-Bericht zur Flüchtlingssituation in Europa. Die Geflohenen würden gezwungen, auf andere Landwege auszuweichen oder den gefährlichen Weg über das Mittelmeer zu wählen. Allein in diesem Jahr seien bis zum 10. November 512 Flüchtlinge in der Ägäis und insgesamt 3.500 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken.

Amnesty kritisiert Türkei

In dem Bericht werden unter anderem der Umgang mit Flüchtlingen in der Türkei, Gesetzesverschärfungen in Spanien und Ungarn sowie fragwürdige Praktiken in Marokko kritisiert. So seien im September in der Türkei Schutzsuchende von der Küstenwache verhaftet und ohne Zugang zu einem Rechtsanwalt inhaftiert und gezwungen worden, nach Syrien und Irak auszureisen, betonte die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Caliskan.

Trotz solch eindeutiger Verstöße gegen internationales Recht strebe die EU mit der Türkei einen gemeinsamen Aktionsplan gegen irreguläre Migration an. "Mit Zäunen an den Landgrenzen und indem die Europäische Union Länder mit kritischer Menschenrechtslage, wie Marokko und die Türkei, als 'europäische Grenzwächter' nutzt, verweigert sie Menschen den Zugang zum Asylverfahren", kritisierte Caliskan.