Eine amerikanische Erfolgsgeschichte

epd-bild/Universal Pictures
Der Film"Steve Jobs" (hier in der Mitte) kommt am 12. November in die Kinos.
Eine amerikanische Erfolgsgeschichte

Danny Boyles biografischer Film «Steve Jobs» setzt den langjährigen Chef des Apple-Konzerns virtuos in Szene: als begnadeten Selbstdarsteller und erfolgshungrigen Dauer-Dynamiker.
10.11.2015
epd
Von Claudia Lenssen (epd)

Frankfurt a.M. (epd)Steve Jobs wusste, was eine perfekte Performance wert ist. Der 2011 gestorbene Mitgründer und langjährige Frontmann des Apple-Konzerns inszenierte präzise Bühnenshows, in alle Welt gesendete Live-Events, in denen er in Jeans und schwarzem Rollkragenpulli die neuen Produkte seiner Computermarke vorstellte. Er war der Popstar unter den Hackern und späteren Managern der elektronischen Revolution, ein Neoliberaler mit dem Appeal eines Späthippies, der sich auf John Lennon und Bob Dylan berief.

Eine Geschichte von Liebe und Verrat

Was wäre die Formel, nach der sich seine archetypische, amerikanische Erfolgsstory in die Sprache eines packenden Kinoereignisses transformieren ließe? Für das Drehbuch des Films "Steve Jobs" griff sich Autor Aaron Sorkin das Performanceprinzip des Apple-Lenkers als Modell heraus. Die pralle Geschichte von Liebe und Verrat, die Sorkins Vorlage, eine von Jobs autorisierte Biografie von Walter Isaacson, bietet, präsentiert der Film als dreiaktiges Drama. Es geht um die Stunden unmittelbar vor den Launch-Events für den Macintosh 1984, den NeXT-Computer 1988 (das Produkt einer von Jobs gegründeten Konkurrenzfirma) und den iMac 1998.

Drei historische Events in großen Auditorien, drei Mal Lampenfieber und Probenpannen, im Zentrum immer das Alphatier Jobs. Michael Fassbender ("Shame") verkörpert den dauerdynamischen Schlacks, ohne ihm auch nur annähernd ähnlich zu sehen, glänzt aber mit seinem schier unfassbaren Vermögen, eine dichte Folge wuchtiger, geschliffener Dialoge abzufeuern.

Der britische Regisseur Danny Boyle ("Trainspotting") und sein deutscher Kameramann Alwin H. Küchler durchbrechen die Fixierung der Ereignisse auf die labyrinthische Innenwelt von Bühnenhäusern, indem sie die Zeitsprünge, den Wechsel der Moden und Filmtechniken visualisieren. So ist die erste Episode in körnigem 16-mm-Material gedreht, das noch Underground-Charme hat, die zweite in hochkarätigem 35 mm, die dritte in hyperfotografischem HD.

Gleich in der ersten Szene sieht man Jobs ausrasten, als vor der Präsentation des Macintosh dessen Funktion, den Nutzer mit "Hallo" zu begrüßen, ausfällt. Der Mann, der im Eilschritt vor der dynamischen Kamera zwischen Technikern, Garderobe und Lagebesprechungen mit Joanna (Kate Winslet) hin und her eilt, outet sich schnell als egomanischer Fiesling.

Fehlende Reflexion über elektronische Revolution

Der Film schickt Jobs immer wieder seine Nemesis-Figuren in den Weg. Steve Wozniak (Seth Rogen), der begnadete Programmierer, in den 70er Jahren der eigentliche Held des Heimcomputers, droht die rauschhafte One-Man-Show zu stören, indem er Jobs daran erinnert, dass auch andere am Apple-Erfolg gearbeitet haben. Eine weitere Erscheinung aus der Vergangenheit ist Ex-Apple-CEO John Sculley (Jeff Daniels), der den Machtkampf mit Jobs in einem wortgewaltigen Rededuell fortführt.

Aaron Sorkins Script legt das Theatermotiv wie einen erhaben klassischen Rahmen über Jobs moderne Karrierestory. Bei aller schauspielerischen und visuellen Virtuosität verliert sich der Film irgendwann in der Mechanik gängiger Theater- und Fernsehtricks. Aaron Sorkin und Danny Boyle schildern einen Narzissten, dessen Welt sich einzig nach Gewinn und Verlust im spektakulären Schlagabtausch ordnet. Über die fällige Reflexion der elektronischen Revolution, die Jobs mitanstieß, mogelt sich ihr Performanceschema leider hinweg.