Große Pläne für den «Usedomer Eiffelturm»

epd-bild/Nicole Kiesewetter
Der «Usedomer Eiffelturm»: Die Reste der Karniner Bruecke über den Peenestrom sind bis heute erhalten.
Große Pläne für den «Usedomer Eiffelturm»
In zwei Stunden mit der
Bahn von Berlin an die Ostsee
Bis 1945 kamen die Berliner in zwei Stunden mit dem Zug nach Usedom, ihrer «Badewanne». Heute sind es fast vier. Ein Aktionsbündnis wirbt für den Wiederaufbau der Strecke und die Sanierung der Brücken-Ruine. Das Land unterstützt das Projekt.

Insel Usedom (epd)Urlaubszeit ist Ostseezeit: Ginge es nach dem Willen des Aktionsbündnisses "Karniner Brücke", könnte sich die Fahrtzeit auf die Ostseeinsel Usedom für viele Bahnreisende stark verkürzen. Bis 1945 rollten die Züge vom pommerschen Festland über die Karniner Brücke bis in den Osten der Insel. Wer von Berlin in die beliebten "Kaiserbäder" Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin fuhr, brauchte nur rund zwei Stunden - halb so viel wie heute. Das Aktionsbündnis fordert darum, die zerstörte Brücke wieder aufzubauen.

Kurz vor Kriegsende sprengte die Wehrmacht die wichtige Verbindung im Südosten der Halbinsel, um der Roten Armee den Vormarsch zu erschweren. Zerstört wurden dabei die beiden Brückenköpfe auf der Insel und dem Festland, die eigentliche Hubbrücke blieb unbeschädigt.

Regelmäßig im Stau

Sie ist noch als technisches Denkmal erhalten und thront knapp 40 Meter als "Usedomer Eiffelturm" hoch und unübersehbar im idyllischen Peenestrom. Ein Rastwanderplatz lädt zum Verweilen ein, und eine kleine Fähre setzt Radfahrer von einem Ufer zum anderen über. Politiker und Tourismus-Fachleute machen sich nun dafür stark, dass die Bahnstrecke wiederbelebt und noch in diesem Jahr in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wird.

Damit würde Usedom wieder an das Eisenbahnfernverkehrsnetz angeschlossen werden, sagt Günther Jikeli vom Aktionsbündnis "Karniner Brücke". Statt der einstigen zwei Stunden dauert die Zug-Reise auf der heutigen Strecke mit einem Umweg über Züssow und Wolgast fast vier Stunden. "Viele nutzen deshalb gleich das Auto und stehen auf den beiden Zufahrtswegen auf die Insel regelmäßig im Stau", weiß Jikeli. Die Bahnlinie würde den Autoverkehr auf die Insel deutlich reduzieren und sei damit ökologisch notwendig. Rund 14.000 Unterschriften hat das Aktionsbündnis bislang für den Wiederaufbau gesammelt.

Vor dem Krieg verlief die Strecke von Berlin bis in das damals noch deutsche Seebad Swinemünde als Endpunkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Swinemünde polnisch und heißt heute Swinoujscie. Der Zug von Berlin zu den "Kaiserbädern" würde damit ein kurzes Stück durch Polen führen.

Projekt bei Abgeordneten umstritten

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern hat sich bereits über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig dafür ausgesprochen, dass die Strecke in die Bundesplanung aufgenommen wird. Doch das entscheidet letztendlich der Bund, und über die Notwendigkeit des Projekts gibt es bei den Bundestagsabgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern unterschiedliche Auffassungen.

Unterstützung kommt von der SPD-Abgeordneten Sonja Steffen. Neben der Stärkung des Tourismus hätte die Wiederbelebung der Strecke ihrer Einschätzung nach positive Effekte auf den regionalen Arbeitsmarkt. Der Bundestagsabgeordnete Matthias Lietz (CDU) ist eher skeptisch. Das Projekt hätte einen wirtschaftlichen Nutzen nur, wenn auch Güterverkehr zum Swinemünder Hafen auf der Strecke rollen würde. "Ich glaube nicht, dass die Insulaner das wollen".

Das Aktionsbündnis widerspricht. "Der Güterverkehr spielt eine zu vernachlässigende Rolle. Schätzungen der Swinemünder Hafengesellschaft gehen von ein bis zwei Güterzügen pro Tag aus", sagte Jikeli. Außerdem sei Swinemünde eine prosperierende Stadt mit großem touristischen Entwicklungspotenzial. "Der Strand dort ist der schönste der ganzen Insel." Die Kosten für die Wiederinbetriebnahme der Strecke schätzt eine Arbeitsgruppe des Schweriner Verkehrsministeriums und der Deutschen Bahn auf rund 100 Millionen Euro.

Förderung von der EU

Da das Projekt staatsübergreifend wäre, könnten nach Jikelis Angaben zwei Drittel der Kosten von der Europäischen Union gefördert werden. Für die Bahn sei die Wiederbelebung der Strecke verkehrsplanerisch durchaus interessant, hatte Joachim Trettin, Chef der DB Regio Nordost, gesagt. "Berlin ist eine prosperierende Stadt mit 3,5 Millionen Einwohnern, und die wollen an die See."

Ob es dazu kommt, will der Bund noch in diesem Jahr entscheiden. Doch nun plant das Aktionsbündnis für den 5. September erst einmal das 4. Karniner Brückenfest - natürlich mit der Möglichkeit, den "Usedomer Eiffelturm" zu besteigen.