Maas: «Pegida» senkt Hemmschwelle für Gewalt

epd-bild/Matthias Schumann
Teilnehmer einer "Pegida"-Demonstration Anfang des Jahres in Dresden.
Maas: «Pegida» senkt Hemmschwelle für Gewalt
Kölner Attentäter hat offenbar rechtsextreme Vergangenheit
Das Attentat auf die künftige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat eine Diskussion um Hetze gegen Politiker durch «Pegida» und Co ausgelöst. Der Täter hatte laut Verfassungsschutz Verbindungen in die rechtsextreme Szene.

Köln, Berlin (epd)Nach dem Messerangriff auf die künftige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) warnen Politiker vor einer zunehmenden Radikalisierung der Flüchtlingsdebatte. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und der nordrhein-westfälische CDU-Chef Armin Laschet erklärten am Montag, Hetze gegen Politiker und Flüchtlinge durch die "Pegida"-Bewegung könne zu Gewalttaten anstacheln. Der Deutsche Städtetag forderte, Gewalt gegen Andersdenkende hart zu ahnden. Zum ersten Jahrestag der wöchentlichen Aufmärsche der islam- und asylfeindlichen Bewegung wollten am Montagabend in Dresden "Pegida"-Unterstützer und Gegendemonstranten zu Tausenden auf die Straße gehen.

"Niemand, der bei 'Pegida' mitläuft, wird sich von der Verantwortung frei machen können, darin mitzuwirken, dass Hemmschwellen sinken", erklärte Justizminister Maas. "Pegida" säe den Hass, der dann zur Gewalt werde.

Kontakte in die rechtsextremistische Szene

Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Laschet erklärte: "Ich sage zu allen, die bei 'Pegida' vielleicht auch einfach nur mitlaufen: Schaut nach Köln." Offenbar gebe es Menschen, "die sich von Euren gefährlichen Worten und Bildern möglicherweise zu Taten anstacheln lassen", sagte Laschet der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Montagsausgabe). Auch der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke sagte der "Passauer Neuen Presse" (Montagsausgabe), der Angriff auf Reker sei "auch Ausdruck des Hasses, den 'Pegida', AfD und andere weiter rechts säen".

Die Kölner Sozialdezernentin Henriette Reker, die bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag die absolute Mehrheit erzielte, war am Samstagmorgen bei einer Messerattacke an einem Wahlstand schwer verletzt worden. Nach Klinik-Angaben ist sie außer Lebensgefahr. Der Täter wurde von der Polizei noch am Tatort festgenommen.

Wie der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz mitteilte, hatte der 44-Jährige ersten Erkenntnissen zufolge vor allem in den 90er Jahren Kontakte in die rechtsextremistische Szene. Demnach hat er Verbindungen zur 1995 verbotenen "Freiheitlich Demokratischen Arbeiterpartei" (FAP) gehabt und 1994 an einem "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" in Luxemburg teilgenommen, bei dem er festgenommen wurde. 2008 habe er Interesse an der NPD gezeigt und sei in jüngster Zeit sporadisch in rechtsgerichteten Online-Foren aktiv gewesen, hieß es.

Verrohung der Debattenkultur

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte den Anschlag eine "unglaubliche, weitere Eskalation von offensichtlich rechtsextremistischer Gewalt". Man könne über die richtige Ausländer- und Flüchtlingspolitik streiten, aber jeder, der mit Hasstiraden gegen Asylbewerber unterwegs sei, habe mit der Mitte der Gesellschaft nichts zu tun, sagte Herrmann am Montag im WDR-Radio.

Vor einer Verrohung der Debattenkultur im Internet warnte der Deutsche Städtetag. "Demokraten können nicht hinnehmen, wenn Äußerungen Hass und Intoleranz säen und in der Folge bei bestimmten Menschen sogar die Hemmschwelle sinkt, Gewalt anzuwenden", erklärte der Hauptgeschäftsführer Stephan Articus am Montag in Berlin. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer (CSU), forderte, Drohungen gegen Politiker ernst zu nehmen, auch wenn sie anonym oder in sozialen Netzwerken erfolgten. Sobald es konkrete Hinweise gebe, müssten auch Kommunalpolitiker Personenschutz erhalten.