Seehofer kündigt bayerische «Maßnahmen der Notwehr» an

epd-bild / Helmut Frank
Horst Seehofer kritisiert die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Merkel.
Seehofer kündigt bayerische «Maßnahmen der Notwehr» an
Horst Seehofer bleibt auf Konfrontationskurs zu Angela Merkel und stellt Alleingänge Bayerns in der Flüchtlingspolitik in Aussicht. Unterdessen wird bekannt, dass die Zahl fremdenfeindlicher Übergriffe auf Asylbewerber deutlich gestiegen ist.

Frankfurt a.M. (epd)Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bekräftigt seine Kritik an der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und kündigt "Maßnahmen der Notwehr" des Freistaates an. Als Beispiele nannte er in der "Bild"-Zeitung (Freitagsausgabe) Zurückweisungen an der Grenze zu Österreich und eine unmittelbare Weiterleitung Asylsuchender innerhalb Deutschlands. Unterdessen teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mit, dass die Zahl fremdenfeindlicher Übergriffe auf Asylbewerber in Deutschland deutlich gestiegen ist.

"Insgesamt gab es in diesem Jahr bereits mehr als 490 Straftaten gegen Asylbewerberunterkünfte", sagte de Maizière den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben). Diese Körperverletzungen, Mordversuche und Brandanschläge seien eine "Schande für Deutschland". "Da darf es auch keine klammheimliche Zustimmung geben", sagte der CDU-Politiker.

"Falsche Signale aus Deutschland"

Der Minister verteidigte den Kurs der Bundesregierung und lehnte eine Abschottung gegenüber Flüchtlingen ab. "Ich glaube nicht, dass man mit Zäunen an den Grenzen Deutschlands das Problem löst", sagte er. Es gehe vielmehr darum, den Schutz der europäischen Außengrenzen sicherzustellen und daran zu arbeiten, dass nicht mehr so viele Menschen nach Europa kommen.

Seehofer sagte der "Bild"-Zeitung (Freitagsausgabe), um mehr Transparenz zu erreichen, sollte die Bundesregierung die aktuellen Zahlen über eingereiste Flüchtlinge, Abschiebungen und Verfahrensdauer veröffentlichen, "damit mal ein klares Bild von den Zuständen entsteht".

Seehofer sagte mit Blick auf Kanzlerin Merkel: "In den Flüchtlingslagern in Nahost ist durch falsche Signale aus Deutschland eine Sogwirkung entstanden mit der Botschaft: Die Deutschen wollen ja, dass wir kommen." Viele Gesten aus Berlin seien als Einladung verstanden worden. "Deshalb muss Angela Merkel jetzt auch ganz klar sagen: Wir bleiben human, wir helfen, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt", forderte der CSU-Vorsitzende.

Kritik am Verhalten von Flüchtlingen

An einer Begrenzung der Zuwanderung führe kein Weg vorbei, sagte Seehofer: "Einfach sagen: Wir haben Völkerwanderung und kriegen das hin - das wird nicht gelingen. Nicht bei der Zahl von Flüchtlingen, und nicht bei der Geschwindigkeit, mit der sie kommen." Auch Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) forderte im Radisender Bayern 2 eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Die stellvertretende Ministerpräsidentin konkretisierte aber die Pläne für sogenannte Notmaßnahmen nicht, über die die bayerische Staatsregierung am Freitag beraten will.

Seehofer stellte sich im Interview mit der "Bild"-Zeitung ausdrücklich hinter Bundesinnenminister de Maizière, der kürzlich das Verhalten von Flüchtlingen in Deutschland scharf kritisiert hatte. Nichts sei gefährlicher, als Politiker, die die Realität unter den Teppich kehren wollten, sagte Seehofer. De Maizière habe ausgesprochen, was die Menschen jeden Tag erleben. "Asylbewerber suchen sich zunehmend selbst ihren Wohnsitz aus, ziehen in den Zügen die Notbremsen, um einfach auszusteigen, weigern sich, in Busse einzusteigen, es gibt Unruhen bis hin zu Hungerstreiks in den Flüchtlingsheimen, weil das Essen angeblich nicht schmeckt oder nicht so entschieden wird, wie der Asylsuchende es will. Es hilft nichts, das zu verschweigen", sagte der CSU-Parteichef.