Pastor Johannes Burgard:
Liebe Gemeinde,
Vor kurzem war ich bei einem Ehepaar aus unseren Gemeinden zu Besuch und abends saß ich mit dem Mann noch draußen. Dem geht es gut, dachte ich, wenn ich ihn so sehe: selbstbewusst, ein schönes Farmhaus, das Bier auf seiner Veranda am Abend ist kühl, der Blick geht weit ins Land. Aber irgendwann fing er an zu erzählen: Von allzu wenig Regen, der im letzten Jahr gefallen ist und seiner Ernte, bei der er so gut wie nichts einfahren konnte… Wenn die kommende Regenzeit wieder so eine Dürre bringt, dann wird es wirklich eng … Viele Nachbarfarmen haben auf künstliche Bewässerung umgestellt. Doch was, wenn dadurch der Grundwasserspiegel noch weiter absinkt?! … Muss man dann am Ende tiefere Bohrlöcher schlagen? Neu bohren? … Und was baue ich im Sommer an? Pflanze ich wieder Mais oder Futter für mein Vieh? Dann wäre der Verlust nicht so groß … Wenn ich doch nur wüsste, wie viel es in dieser Saison regnet?! Und das raubt ihm den Schlaf und lässt ihn nicht los.
Liebe Gemeinde, In unserem heutigen Predigttext aus dem ersten Brief des Petrus, geht es um Sorgen: Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes, damit er euch erhöhe zu seiner Zeit. Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht, fest im Glauben, und wisst, dass eben dieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen. Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Die ganze Bibel geht ganz selbstverständlich davon aus, dass wir Sorgen haben. Das ist einfach so. Die Sorge gehört anscheinend zum menschlichen Dasein wie die Blätter zum Baum. Und genauso erleben wir das ja auch: Bei der Einen ist es die Arbeit: dass sie nicht weiß, wie sie alles schaffen soll. Andere in diesem Land finden einfach keine Arbeit. Und wenn sie mal eine haben, dann reicht das Geld, das sie dafür bekommen, oft nicht aus. Bei dem Andern ist es die Gesundheit: dass er nicht weiß, wie alles werden soll. Oder es kriselt in der Partnerschaft, es gibt Ärger in der Familie. Oder oder – sicher würde Ihnen aus eigenem Erleben genügend
Foto: Stephan Fritz
einfallen, um die Liste weiter zu verlängern. Und weil das so ist, sagt der 1.Petrusbrief nicht einfach: Ihr dürft keine Sorgen haben. Sondern er sagt: Weil ihr nun mal Sorgen habt, kommt es darauf an, was ihr damit macht. Also, liebe Gemeinde, was machen Sie so mit Ihren Sorgen? Es gibt ja verschiedene Strategien, wie man damit umgehen kann. Nicht die schlechtesten kann man in manchen Lebenshilfe-Ratgebern nachlesen. Da gibt es sogar Bestseller mit Titeln wie "Sorge dich nicht – lebe!" (Dale Carnegie) – vielleicht kennen Sie das ja. In solchen Büchern wird zum Beispiel empfohlen, sich klar zu machen, dass die meisten Sorgen sinnlos sind. Weil das Meiste, worum man sich Sorgen macht, am Ende ja gar nicht eintrifft.
Und weil es in den restlichen Fällen auch nichts hilft und man sich stattdessen schon vorher das Leben vermiest. An unseren Verstand wendet sich interessanterweise auch Jesus, wenn er fragt: "Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?" (Matthäus 6, 27) Die Antwort ist einfach: Niemand.
Sorgen sind nutzlos. Sorgen bringen nichts. Auch wenn du dich dein ganzes Leben darum sorgen würdest, du würdest keine einzige Sekunde länger leben. Eher im Gegenteil. Du bekämst wahrscheinlich Sorgenfalten im Gesicht. Oder Gallensteine. Oder es gäbe gereizte Stimmung, Nervosität und Krach in der Familie. Kurz und gut: Etwas Positives erreichen wir mit Sorgen kaum. Mit Sorgen wird nichts gebessert, sondern nur verschlechtert.
Und was machen wir mit nutzlosen Dingen, die man nicht braucht, die sogar schädlich sind? Wegwerfen natürlich. Ent-sorgen! Nun zeigt aber die Erfahrung: Wir können das mit dem Verstand tausendmal einsehen. Unsere Sorgen sind wir aber deswegen noch lange nicht los. Denn die Sorge sitzt nicht im Kopf. Die Sorge sitzt tiefer, sie steckt im Herzen. In einem Bereich und in einer Tiefe, wo logische Argumente wenig ausrichten. Genau in diese Tiefe hinein spricht unser Predigttext: "Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er (Gott) sorgt für euch."
Hier wird deutlich: Das Wegwerfen der Sorgen, die Erlösung von unseren Sorgen ist eine Sache des Vertrauens. ###info-1### Das Gegenteil von Sorge ist nicht Optimismus, sondern Vertrauen. Vertrauen darauf, Glaube, dass da einer ist, der für uns sorgt. Einer, der weiß, was wir brauchen. Und der uns gibt, was wir brauchen.
Der erste Schritt auf dem Weg zu solchem Gottvertrauen ist, dass wir unsere Sorgen überhaupt erst mal mit Gott in Verbindung bringen. Dass wir die Größenverhältnisse wieder richtig einschätzen: Der Nabel der Welt sind doch nicht wir. Die Welt kreist doch nicht um uns und unsere Sorgen. Die Mitte der Welt ist Gott, der Schöpfer des Universums. In seiner Hand ist unser Leben. Und zu ihm können wir doch kommen. Zur Mitte, wo uns nicht mehr die Sorgen im Griff haben, sondern wo er, Gott selbst, unsere Sorgen in seine Hand nimmt.
Die Sorgen mit Gott in Verbindung bringen, die Größenverhältnisse wieder realistisch einschätzen, das hat mit dem zu tun, was wir in unserem Predigttext von der Demut lesen: "So demütigt euch nun unter die gewaltige Hand Gottes." Wie können wir unsere Sorgen bei Gott los werden?
Pastor Lorenst Kuzatjike:
"Alle eure Sorge werft auf ihn" – das bedeutet auch: Mit Gott im Gespräch bleiben. Mit Gott reden, ihm die Sorgen tatsächlich anvertrauen. Wie wollen wir denn unsere Sorgen auf Gott werfen, wie wollen wir seine Sorge für uns erleben, wenn zwischen Gott und uns Funkstille herrscht? Das geht ja schon unter Menschen nicht: Wie will ich einem Menschen vertrauen, ihm meine Sorgen anvertrauen und dann seine Hilfe und Fürsorge erfahren, wenn ich nicht mit ihm spreche? Stellen Sie sich vor, Sie würden mit Ihrem Partner, Ihren Kindern, Freunden und Kollegen nicht reden!
Foto: Stephan Fritz
Da kann doch von Sorgen abnehmen, von Vertrauen, von Hilfe und Geborgenheit keine Rede sein. Also: Wer erleben will, wie man Sorgen auf Gott wirft, um dann auch seine Für-Sorge zu erfahren, der muss schon mit Gott reden. Der muss beten.
Wenn Gott meine Sorgen hat, dann atme ich auf. Nicht, dass sie einfach weg sind. Aber sie sind nicht mehr allein meine Sache. Es ist wunderbar zu erleben: Es gibt eine Stelle, einen Ort, es gibt jemand, der ist für mich. Gott. "Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch." Übrigens hilft es oft auch, sich einem Mitchristen zu öffnen – jemanden aufsuchen und sich einfach mal aussprechen. Auch hier eine Sache des Vertrauens – klar. Und selbst wenn ich einmal keinen Rat weiß, hilft es. Denn oft braucht es ja gar nicht mehr als einen, der zuhört.
Tapfer runterschlucken und verdrängen hilft doch nicht. Es macht krank. Wegwerfen sollen wir, wegwerfen können wir im Glauben, was uns auf der Seele liegt: Mach aus deinen Sorgen ein Gebet! Vielleicht wird jetzt manch einer denken: Wenn das mal so einfach wäre.
Pastor Johannes Burgard:
Aber es gibt natürlich auch Sorgen, die müssen und können wir gemeinsam in die Hand nehmen. Mich beeindruckt, wie hier in Namibia manchmal die Leute zusammen stehen. Wenn wegen der Dürre wieder die Buschbrände ausbrechen und alle gemeinsam zum Löschen ran müssen. So gibt es auch Dinge, die müssen wir zusammen angehen und zusammen tragen. So hat jede unserer drei deutschsprachigen Gemeinden sich einem Projekt verschrieben. Und jedes der drei Projekte hat damit zu tun, Kinder zu unterstützen, dass sie lernen können und nicht hungrig dabei bleiben. Dass sie überhaupt die Schule besuchen können. Über die genauen Projekte können Sie sich übrigens im Internet informieren auf der Seite, die noch mehrmals eingeblendet wird. Mancher Sorgen müssen und können wir uns gemeinsam annehmen.
Bei anderen können wir uns nur immer wieder einüben in das Vertrauen. Natürlich ist ###mehr-artikel### das ein Prozess. Ein Lernprozess. Und manchmal denkt man dann vielleicht: "Alle eure Sorge werft auf ihn"? Der hat leicht reden, in meiner Situation geht das doch gar nicht! Vielleicht hilft es dann zu wissen, dass der 1. Petrusbrief in einer ausgesprochen schwierigen Situation geschrieben wurde. Die Menschen, die diesen Brief bekamen, wurden wegen ihres Christseins ausgegrenzt und sogar verfolgt.
Hier spricht also kein wirklichkeitsfremder Träumer, sondern einer, der aus eigenem Erleben weiß, was Sorgen sind. Und natürlich, es gibt Tage, da sind die Sorgen so übermächtig, da ist dieses Vertrauen auf Gott, auf Jesus Christus, nicht da. Da ist es wie weggeblasen.
Und doch wird mein Vertrauen, mein Glaube in dem Maß wachsen, wie ich erlebe, dass Gott tatsächlich und trotz aller Sorgen für mich sorgt. Hilfe von außerhalb und jenseits meiner Sorgen. Von Gott, unserem Vater, der ganz andere Möglichkeiten hat als wir Menschen. Ohne solches Vertrauen wird uns sonst nur das Überspielen bleiben, das Verdrängen oder das Runterspülen der Sorge nach dem Motto: "Es ist ein Brauch von alters her: Wer Sorgen hat, hat auch Likör." (Wilhelm Busch)
Liebe Gemeinde, was machen wir als Christen mit unseren Sorgen? Wir üben. Wir üben das Werfen. Wir üben das Vertrauen. Wir üben das Beten. Und freuen uns an dem, was wir am Schluss unseres Predigttextes hören: "Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen."