Bibelserie: "Ich sah ein Buch, versiegelt mit sieben Siegeln"

Bibelserie: "Ich sah ein Buch, versiegelt mit sieben Siegeln"
An diesem Donnerstag beginnt die Leipziger Buchmesse. Ein Paradies für Leseratten aller Art - ob sie nun gedruckte oder elektronische Bücher bevorzugen. Das Buch der Bücher kennt weder E-Books noch Leinenausgaben. Trotzdem wurden auch in biblischen Zeiten Bücher gelesen - besser: gerollt.
14.03.2012
Von Uwe Birnstein

Die Bücher in der Bibel

Sirach 0, 3.7 (Vorrede); 2 Makkabäer 2, 13; 1 Mose 5, 1; 4 Mose 21, 14f.; Josua 10, 13; Esther 6, 1; Johannes 21, 25

Die weisen und schriftkundigen Menschen bildeten sich auch in biblischen Zeiten mithilfe von Büchern weiter. Jesus Sirach beschreibt das in seinem Prolog eindrücklich von seinem Großvater: Er habe "mit besonderem Fleiß das Gesetz, die Propheten und die andern Bücher unserer Väter gelesen, sich darin ein reiches Wissen erworben und es unternommen, auch etwas von rechtem und weisem Leben zu schreiben". Sirach waren auch die Gefahren und möglichen Missverständnisse bewusst, die Übersetzungen mit sich bringen können: "Sogar das Gesetz selber und die Propheten und die übrigen Bücher lauten oft recht anders, wenn sie in ihrer eignen Sprache gelesen werden." Mehrere Bücher erwähnt die Bibel: Zuerst die heiligen Bücher, in denen das Gesetz des Mose notiert ist. Dann geschichtliche Bücher über die Könige Israels. Das "Buch von Adams Geschlecht" enthält das Ahnenregister der ersten Generationen. Aus dem "Buch von den Kriegen Jahwes" wird zitiert, um Landesgrenzen zu beweisen. Das "Buch des Redlichen" gilt als Beleg für Wunder. Der Evangelist Johannes notierte, dass die Geschichte Jesu so umfangreich sei, dass Bücher sie nicht fassen können.
Zitat: "Ebenso hat aber auch Judas die Bücher, die verloren gegangen waren, weil Kriege im Lande gewesen sind, alle wieder zusammengebracht."

Das Buch des Gesetzes

5 Mose 31, 24ff; Josua 24, 26; Nehemia 8, 18

Mose schrieb alle Gesetze, die Gott ihm mitgeteilt hatte, für das Volk Israel in ein Buch. Er wusste darum, dass Geschriebenes verlässlicher ist als Gesagtes. Deshalb forderte er die Israeliten auf: "Nehmt das Buch dieses Gesetzes und legt es neben die Lade des Bundes des Herrn, eures Gottes." Mose Nachfolger Josua ergänzte das Buch, das schließlich im Jerusalemer Tempel verwahrt wurde. An jedem Tag soll aus diesem Buch gelesen werden.
Zitat: "Es wurde jeden Tag aus dem Buch des Gesetzes Gottes vorgelesen."

Von Schriftrollen und Esspapier

Jeremia 36, 2; Sacharja 5, 2ff.; Hesekiel 2, 9-3,3

Bücher in biblischen Zeiten bestanden nicht aus Seiten, in stabile Deckel gebunden. Sie wurden auf Papyri geschrieben, die aufgerollt wurden. "Nimm eine Schriftrolle und schreibe darauf alle Worte, die ich zu dir geredet habe über Israel, über Juda und alle Völker", beauftragt Jeremia seinen Schreiber. Vom Propheten Sacharja ist ein seltsamer Traum bekannt. Darin sieht er eine riesige "fliegende Schriftrolle", die wie ein Fluch über dem Land schwebt. Noch seltsamer klingt eine Geschichte des Propheten Hesekiel. Ihm wurde eine Schriftrolle gereicht, "sie war außen und innen beschrieben, und darin stand geschrieben Klage, Ach und Weh". Dazu eine ungesunde Aufforderung: "Du Menschenkind, iss diese Schriftrolle und geh hin und rede zum Hause Israel!" Der Prophet ist folgsam - und machte eine Erfahrung wie Kinder, die zum ersten Mal in ihrem Leben Esspapier probieren: "Sie war in meinem Munde so süß wie Honig."
Zitat: "Du Menschenkind musst diese Schriftrolle, die ich dir gebe, in dich hineinessen und deinen Leib damit füllen."

Bücherverbrennung

1 Makkabäer 1, 59; Apostelgeschichte 19, 19

Wissen kann gefährlich sein. Wer die Freiheit und das Selbstdenken abschaffen und die eigene Macht demonstrieren will, versucht dies bisweilen durch das Verbrennen ungenehmer Bücher. Der Seleukidenkönig Antiochus IV. ist unrühmliches Vorbild für alle Bücherverbrenner der Weltgeschichte. Er "ließ die Bücher des Gesetzes Gottes zerreißen und verbrennen". Eine ähnliche Aktion, allerdings mit anderen Vorzeichen, wird in der Apostelgeschichte berichtet. "Zauberer", die zum christlichen Glauben gekommen waren, verbrannten selbst ihre wertvollen Bücher. Hier wird das Feuer also nicht auf Anordnung von Tyrannen entzündet, sondern als Akt der Selbstreinigung. Trotzdem: schade um die Bücher!
Zitat: "Viele aber, die Zauberei getrieben hatten, brachten die Bücher zusammen und verbrannten sie öffentlich."

Schreibtinte

Jeremia 36, 18; 2 Korinther 3, 3

Womit schrieb man vor der Erfindung von Rollerball und Filzern? Mit Tinte, hergestellt aus Öl und Ruß. Baruch, der Sekretär des Propheten Jeremia, notierte so die Worte, die sein Herr ihm diktierte. Ebenfalls der Apostel Paulus; zu dessen Zeit allerdings sorgte nicht mehr Ruß, sondern Eisenstaub für die stabile Färbung. Paulus bittet die Adressaten seiner Briefe zu bedenken, dass die Tinte und das Schreiben Symbolcharakter haben: "Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid, durch unsern Dienst zubereitet, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes."
Zitat: "Jeremia hat mir alle diese Worte vorgesagt, und ich schrieb sie mit Tinte auf die Schriftrolle."

Zeitungsbuch

Ester 2, 23; 6, 1

Auch vom Vorläufer der Zeitung berichtet die Bibel. Sie war in Buchform; die Berater der Könige ließen sich die Neuigkeiten der Welt darin aufschreiben. Vom persischen Monarch Ahasveros ist bekannt, dass er unter Schlaflosigkeit litt und nachts diese Zeitungsbücher las.
Zitat: "In derselben Nacht konnte der König nicht schlafen und ließ sich das Buch mit den täglichen Meldungen bringen."

Das Buch mit sieben Siegeln

Offenbarung 5, 1; 20, 12

Das letzte Buch der Bibel ist eines schwierigsten: Der Seher Johannes schildert darin seine Visionen der Endzeit, die "in Kürze geschehen soll". Eine wichtige Rolle spielt darin ein Buch. Nach und nach werden dessen sieben Siegel geöffnet, jedes Mal geschehen furchterregende Dinge: Seltsame Pferde tauchen auf, Erdbeben durchschütteln die Erde. Als das Lamm das siebte Siegel öffnet, setzt sich eine wahrhaft apokalyptische Szenerie in Gang.
Zitat: "Ich sah in der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß, ein Buch, beschrieben innen und außen, versiegelt mit sieben Siegeln."


Uwe Birnstein ist Theologe, lebt in Berlin und arbeitet als Journalist für Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen. Die Serie "Das beste der Bibel" ist auch als Buch erschienen: Uwe Birnstein, Das Beste aus der Bibel, Würzburg 2010.