Filmkritik der Woche: "Young Adult"

Filmkritik der Woche: "Young Adult"
Verkatert und verschlufft: In Jason Reitmans neuer Komödie "Young Adult" spielt Charlize Theron eine egozentrische Autorin trivialer Jugendbücher. Geschieden und beruflich in der Krise, kehrt sie in ihre Heimat zurück und will an die gute alte Highschool-Zeit anknüpfen.
21.02.2012
Von Katharina Grimnitz

Die 37-jährige Mavis steckt in der Sackgasse: Sie trinkt, ist geschieden, und die Jugendbuchserie, für die sie unter Pseudonym schreibt, soll eingestellt werden. Wer nun von "Young Adult", der neuen Komödie des Genrespezialisten Jason Reitman ("Up in the Air"), ein launiges Märchen über eine niedliche, unter Prokrastinationszwang - Aufschieberitis - leidende Schreiberin à la Carrie Bradshaw erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Als Mavis eine E-Mail ihrer Jugendliebe Buddy mit einem Foto eines neugeborenen Babys bekommt, erkennt sie schlagartig einen Ausweg aus ihren Problemen.

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Sie will ihr Highschool-Sweetheart zurückerobern! In Hochstimmung fährt sie zurück in ihre langweilige Heimatstadt in Minnesota, wo sie einst das begehrteste Mädchen der Schule war. Dort trifft sie in einer Bar als erstes zufällig einen jener Unterlinge, den sie auf der Highschool keines Blickes gewürdigt hat, den verkrüppelten Matt. Er will sie davon abhalten, Buddys Ehe zu zerstören und sich zum Narren zu machen.

Drehbuchautorin Diablo Cody, mit der schönen Independent-Komödie "Juno" bekannt geworden, gebührt erneut Applaus für dieses Porträt einer Borderline-Narzisstin. Mavis ist die weibliche Hardcore-Variante jener Kindmänner, die filmisch zumeist wohlgefällig dargestellt werden: ein Charakter, wie ihn sich nur eine Geschlechtsgenossin ausdenken kann. Sie ist eine unausstehliche Zicke, mental gefangen in der vermeintlichen Grandeur ihrer Highschooljahre, egozentrisch und taub gegenüber den Befindlichkeiten ihrer Mitmenschen. Mavis? Blasiertheit und ihre vergifteten Komplimente lassen einen innerlich zusammenzucken.

Mit dieser mehr beklemmenden als komischen Zicke setzt Charlize Theron ("Monster") ihrem bisherigen Repertoire schwieriger Weibsbilder die Krone auf. Mal verkatert und verschlufft, mal divenhaft overdressed im kleinstädtischen Jeans-und-Holzfällerhemden-Ambiente, spitzt sie die Kompliziertheit weiblicher Existenz zur Kenntlichkeit zu. Und wenn Mavis ihre ganze Intelligenz darauf verwendet, die Fassade eines Erfolgsmenschen zu wahren, demonstriert sie die hohe Kunst der Projektion und der Verblendung. Das wird sehr hübsch in ihren unterwegs am Laptop verfassten Geschichten ihres Teenager-Alter-Egos deutlich, die sie nach ihren wahren Erlebnissen modifiziert.

Ambivalenzen in der Mutter-Tochter-Beziehung

Zugleich werden Schatten der Vergangenheit angedeutet: Nicht nur die Ambivalenzen in der Mutter-Tochter-Beziehung lassen aufhorchen, sondern auch die Grausamkeiten, die Matt einst angetan wurden. Es gab durchaus Gründe, in die Großstadt zu fliehen - selbst wenn es, auch dies ein hinterhältiger Witz, sich nicht um New York, sondern um den "Mini-Apple", also Minneapolis handelt.

Dennoch erscheint die packende Figur der Mavis auch eindimensional, weil ein Gegengewicht fehlt: Die Mitmenschen, ausgenommen Patton Oswalt als Matt, sind allzu nett und konturenlos. Dass die Kleinstädter "dick und blöd" seien, wie Mavis von einer Bewundererin gesagt bekommt, bleibt verbale Behauptung. Trotzdem ist ist dem Team Reitman/Cody mit "Young Adult" abermals ein originelles Frauenporträt gelungen.

USA 2011. R: Jason Reitman. B: Diablo Cody. Mit: Charlize Theron, Patton Oswalt, Patrick Wilson. L: 94 Min.

epd