Ärzte und Privatrechnungen: Guter Rat ist teuer

Ärzte und Privatrechnungen: Guter Rat ist teuer
Neulich war ich beim Arzt und wir haben uns unterhalten. Zwei Wochen später bekam ich eine Rechnung. Aber nicht jede solche Rechnung muss man bezahlen. Überzogene Beratungshonorare dienen den Ärzten auch als Ausgleich für die Standard-Honorare der Krankenkassen.
24.11.2011
Von Franziska Fink

Kein Wunder, dass Ärzte sagen, dass sie nichts mehr verdienen. Wenn ich ein gesundheitliches Problem habe, gehe ich direkt in die Apotheke und nur noch selten zu einem Arzt, egal ob es sich dabei um eine Erkältung, Mandelentzündung oder Heuschnupfen handelt. Die Beratung in der Apotheke ist erfahrungsgemäß gut, die meisten Medikamente zahlt man als Patient mittlerweile ohnehin privat und die Praxisgebühr kann man sich so auch sparen.

Aber manchmal sind eben doch eine medizinische Untersuchung und ein ärztliches Beratungsgespräch nötig. Vor einigen Wochen musste ich wegen einer Sportverletzung am Fußgelenk einen Arzt aufsuchen. Ich wurde ausführlich über verschiedene Behandlungsmethoden aufgeklärt – von schulmedizinischen Maßnahmen, homöopathischer Behandlung bis hin zu Quarkwickeln war alles dabei. Der Arzt sprach von sich aus alle Möglichkeiten an, ich fragte nicht explizit nach Behandlungsmethoden, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Zwei Wochen später erhielt ich ohne Vorwarnung eine Rechnung über 25 Euro für ein ausführliches Arztgespräch mit zeitlichem Mehraufwand.

Beratungsgespräch mit erhöhtem Zeitaufwand – nach fünf Minuten

Anscheinend bin ich kein Einzelfall. Auch mein Vater bekam kürzlich, nachdem er noch Fragen zu seinem Behandlungsplan für ein Zahnimplantat hatte, nach einem fünfminütigen Termin eine Rechnung über 40 Euro für ein "Beratungsgespräch mit erhöhtem Zeitaufwand". Guter Rat ist teuer, das ist mir jetzt klar. Aber wieso stellen Ärzte mittlerweile Rechnungen für ein einfaches Beratungsgespräch aus? Und wie soll man sich als Patient verhalten, wenn nach so einem Gespräch eine Privatrechnung unangekündigt ins Haus flattert?

"Der Patient muss eine Rechnung ohne vorherigen schriftlichen Vertrag nicht bezahlen", erklärt Rainer Sbrzesny von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Auch Carola Sraier, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen und -Initiativen (BAGP) erläutert: "Privatrechnungen sind nur als IGeL legitim". IGeL steht für „Individuelle Gesundheitsleistungen“ und umfasst alle Leistungen der Vorsorge- und Service-Medizin, die von der Gesetzlichen Krankenversicherung nicht bezahlt werden. Darunter fallen beispielsweise die reisemedizinische Impfberatung, eine Ernährungsberatung oder sportmedizinische Untersuchungen.

Die meisten Allgemeinmediziner bieten mittlerweile solche IGeLeistungen an, deren medizinische Notwendigkeit allerdings umstritten ist. Doch selbst, wenn man sich dazu entschlossen hat, eine individuelle Gesundheitsleistung in Anspruch zu nehmen, darf das dazugehörige Beratungsgespräch nicht einfach ohne Vorwarnung vom Arzt privat abgerechnet werden. "Die Beratung zu einer IGeLeistung ist eher als Verkaufsgespräch zu werten und nicht als Beratung zu einer Diagnostik oder Therapie", sagt Sbrzesny vom UPD dazu. "Wenn diese privat abgerechnet werden können, bedarf es wieder eines schriftlichen Vertrages."

Privatrechnungen aus Frust?

Dass Ärzte trotzdem unangekündigt Privatrechnungen für Beratungsgespräche ausstellen, erklärt Sraier von der BAGP damit, dass ein "großer Frust" bei Ärzten besteht, "weil Beratungsleistungen nicht besonders honoriert werden, sondern in der Quartalspauschale enthalten sind. Gerade bei Notfallpatienten bzw. Krisengesprächen benötigt der ärztliche Kontakt vor allem Zeit und diese wird nicht extra bezahlt." Wie hoch die Beratungspauschale pro Patient ist, lässt sich dabei nicht genau sagen, da der Betrag von der Kassenärztlichen Vereinigung des jeweiligen Bundeslandes mit den Krankenkassen ausgehandelt wird. Bei Privatpatienten rechnet der Arzt jedoch nach der Gebührenordnung für Ärzte ab. Ziffer 1 der Gebührenordnung sieht für eine gewöhnliche Beratung einen Betrag von 10,72 Euro vor.

Sollte man also nach einem Beratungsgespräch eine unangekündigte oder nicht nachvollziehbare hohe Privatrechnung vom Arzt erhalten, lautet der Rat von der BAGP: "Rechnung zurückweisen – nicht zahlen, um Klärung bitten."


Franziska Fink arbeitet als freie Journalistin für evangelisch.de.