Die CDU will einen Mindestlohn, aber welchen?

Die CDU will einen Mindestlohn, aber welchen?
Der Mindestlohn wird weiter kontrovers diskutiert. Die CDU ist vor ihrem Parteitag so weit, dass in der Partei über zwei verschiedene Modelle des Mindestlohns diskutiert wird. Der Arbeitnehmerflügel möchte eine verbindliche Lohnuntergrenze, die Kanzlerin lieber einzelne Branchen-Mindestlöhne. Klar ist aber: In die Debatte mischen sich alle ein.

"Nicht das 'Ob' ist die Frage, sondern das 'Wie'." So beschrieb Karl-Josef Laumann, Vorsitzender der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft, seine Erwartungen an das Parteitagswochenende: "Ich wünsche mir ein klares Votum der Delegierten dafür, dass die CDU neue Wege im Kampf gegen Dumpinglöhne gehen will." In einer Volkspartei müsse es möglich sein, darüber zu reden und zu streiten.

Laumann als Vertreter der CDA plädiert für eine einheitliche, branchen-übergreifende Lohnuntergrenze und ist sich damit einig mit Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die sich ebenfalls kurz vor dem CDU-Parteitag in Leipzig für eine Lohnuntergrenze aussprach. Von der Leyen sagte der Berliner "tageszeitung" (Freitagsausgabe): "Wir dürfen die Tariflandschaft nicht zersplittern in unzählige Mindestlöhne." Das schwäche den Schutz der Arbeitnehmer. Es müsse aber eine Möglichkeit für Ausnahmen geben, wo sie begründet seien, fügte die Ministerin hinzu.

Laumann bekräftigte, "mit einem Flickenteppich aus vielen Lohnuntergrenzen ist es kaum möglich, Dumpinglöhne verlässlich und flächendeckend zu verhindern." Das stehe auf dem Parteitag zur Abstimmung: "Die Antragskommission empfiehlt einen Antrag, der im Kern unser CDA-Modell einer allgemeinen Lohnuntergrenze vorsieht, die sich an der Leiharbeit orientiert." Damit kommt der CDA-Vorschlag auf rund sieben Euro in der Stunde im Osten Deutschlands und knapp acht Euro im Westen.

37 Anträge zum Mindestlohn aus der Partei heraus

Die Kanzlerin hingegen hatte sich Merkel hatte sich nach anfänglicher Unterstützung des CDA-Vorstoßes in dieser Woche gegen eine einheitliche Lohnuntergrenze gewandt und erklärt, es müssten regionale und branchenspezifische Lösungen gefunden werden. Damit liegt die Kanzlerin auf einer Linie mit dem Wirtschaftsflügel der CDU.

Insgesamt liegen dem CDU-Parteitag 37 Anträge zum Thema Mindestlohn vor, ohne dass die Parteispitze einen Leitantrag formuliert hat. "Das wird eine lebhafte Debatte", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Freitag in Berlin. Es blieben zwar "Dinge, die streitig sind", es gebe aber "keine Absicht, einer solchen Diskussion aus dem Weg zu gehen."

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel warf der CDU-Vorsitzenden Merkel im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitagsausgabe) vor, in der Mindestlohn-Frage ausschließlich taktisch zu agieren: "Sie ist in einem Moment für den Mindestlohn, weil es sich gerade gut anhört, um sich im nächsten Moment wieder davon zu verabschieden, weil die Widerstände in der eigenen Partei zu groß sind." Merkel hatte in der Woche vor dem Parteitag noch die Idee der CDA unterstützt, einen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen. Merkel habe nicht verstanden, dass Menschen vom Lohn ihrer Arbeit leben wollten, ohne zum Sozialamt gehen zu müssen, warf Gabriel ihr vor.

Kardinal Marx schlägt unterstütztes "Mindesteinkommen" vor

Auch Kardinal Reinhard Marx äußerte sich zum Thema. Eine Lohnuntergrenze sei "zu begrüßen, weil sie dazu beitragen kann, prekäre Arbeitsverhältnisse zu verhindern und die Würde der menschlichen Arbeit deutlich zu machen", schrieb der Erzbischof von München und Freising in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Freitagsausgabe). Sollte auf dem CDU-Parteitag in Leipzig in diesem Sinn ein politisches Signal gesetzt werden, sei das "aus der Sicht der Katholischen Soziallehre zu befürworten", schrieb Marx, der auch der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der katholischen Bischöfe vorsitzt.

Allerdings betonte der Kardinal die Tarifautonomie und forderte daher eine staatliche Festsetzung nur dort, "wo die Tarifpartner nicht in der Lage sind, Entgelte zu finden, die das Existenzminimum garantieren". Eine Lohnuntergrenze dürfe nicht dazu führen, "dass ganze soziale Schichten mit einem Mindestlohn abgespeist" werden, warnt der Münchner Erzbischof. Der Mindestlohn dürfe aber auch nicht zu hoch sein, "denn dann kosten die Beschäftigten das Unternehmen mehr, als sie erwirtschaften." Entscheidendes Kriterium für eine Lohnuntergrenze sei ihre Höhe: Nicht zu tief, nicht zu hoch.

Ein Mindestlohn sichere außerdem nicht das Auskommen einer Familie, daher sei auch ein "Mindesteinkommen" zu erwägen, das auch soziale Transferleistungen beinhaltet. Die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik müsse zudem in der Familien- und Bildungspolitik Angebote machen, um Eltern bei der Frühförderung in Bildung und Erziehung zu unterstützen.

epd/dpa/evangelisch.de