Merkel: "Wir reichen allen Religionen die Hand"

Merkel: "Wir reichen allen Religionen die Hand"
Fragen der Ökumene und der Umweltpolitik haben den vorletzten Tag des Kirchentages in Dresden bestimmt. Die höchsten Repräsentanten der beiden großen Kirchen in Deutschland dämpften Hoffnungen auf schnelle Fortschritte bei der Annäherung der Konfessionen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich bei dem Protestantentreffen am Samstag für eine eigenständige UN-Umweltorganisation aus.

Es war eine hochrangige Diskussionsverstanstaltung, die sich um das Thema Ökumene rankte. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Erzbischof Robert Zollitsch, der Vorsitzende des Rates der EKD Nikolaus Schneider und Metropolit Augoustinos, der Vorsitzende der griechisch-orthodoxen Metropolie, waren zusammengekommen, um über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Konfessionen zu sprechen.

Zollitsch erklärte auf der Veranstaltung, eine übereilte Annäherung von Protestanten und Katholiken würde Konflikte innerhalb der katholischen Kirche verschärfen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, mahnte: "Das Tempo muss stimmen."

Zur strittigen Frage des gemeinsamen Abendmahls sagte Zollitsch, dass die katholische Kirche zu ihrem Abendmahl keine Protestanten zulässt, sei keine Frage der Gastfreundschaft, sondern der theologischen Überzeugung. Auch bei der Frauenordination trenne ein unterschiedliches Verständnis, konstatierte der Freiburger Erzbischof. Jesus habe für den Dienst der Apostel allein Männer ausgewählt - ein Statement, für das ihn das Kirchentagspublikum ausbuhte.

Merkel: Religionsfreiheit muss gewahrt werden

Auch die Bundeskanzlerin beehrte den Kirchentag am Samstag mit einem Besuch. In einem Vortrag vor 5.000 Kirchentags-Besuchern unterstrich Merkel die Notwendigkeit einer UN-Organisation für Umwelt. Zwar gebe es mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen bereits ein ähnliches Organ, es verfüge aber nicht über den gleichen Status wie zum Beispiel die Weltgesundheitsorganisation. Als Sitz einer solchen Umwelt-Behörde schlug sie ein afrikanisches Land vor.

Die Bundeskanzlerin forderte darüber hinaus die weltweite Wahrung der Religionsfreiheit. "Wir reichen allen Religionen die Hand zu einem guten Dialog", sagte Merkel. Gleichzeitig müssten Christen in anderen Ländern sicher sein, dass das auch für sie gelte. Zudem mahnte Merkel eine Reform des UN-Sicherheitsrates an. Dessen Zusammensetzung entspreche der Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg, aber nicht der Gegenwart nach dem Kalten Krieg.

Auch internationale Krisenherde wie Afghanistan waren am Samstag erneut Thema des Kirchentages. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sprach sich für eine enge Verzahnung von Sicherheits- und Entwicklungspolitik aus. "Für die Ursache von innerstaatlichen Konflikten spielen viele unterschiedliche Faktoren wie zum Beispiel Armut, Perspektivlosigkeit für junge Menschen oder korrupte Verwaltungen eine Rolle", sagte de Maizière. Die komplexen Ursachen verlangten auch nach einer komplexen Hilfs-Strategie.

Göring-Eckardt: PID kann keine Versprechen halten

In einer der vielen Veranstaltungen des Samstags kam auch Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt wieder zu Wort und bekräftigte ihre ablehnende Haltung zur Präimplantationsdiagnostik (PID). Sie glaube, dass ein Komplettverbot notwendig sei, sagte die Grünen-Politikerin. Auf der einen Seite stehe die extreme Belastung und Tortur für die betroffenen Frauen, auf der anderen Seite das Heilsversprechen, ein gesundes Kind zu bekommen. Genau dieses Versprechen könne aber "nicht gehalten werden".

Würde man sich für eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik entscheiden, stelle sich auch die Frage "was und wen wir aussortieren wollen", sagte Göring-Eckardt, die auch Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Menschen mit Behinderungen stehe die gleiche Teilhabe an der Gesellschaft zu, niemals dürften sie sich für ihre Behinderung rechtfertigen müssen. Göring-Eckardt wertete den Kirchentag in einem epd-Gespräch außerdem als wichtiges politisches Signal für mehr Bürgerbeteiligung. Es seien "Mutbürger", die eine Beteiligung an politischen Entscheidungen einforderten, sagte die Grünen-Politikerin.

Der Kirchentag geht am Sonntag mit einem großen Gottesdienst zu Ende. Dazu werden auf den Elbwiesen rund 100.000 Gläubige erwartet.

epd