Aufregung in Israel wegen Geschäften mit dem Iran

Aufregung in Israel wegen Geschäften mit dem Iran
Der mutmaßliche Handel einer israelischen Firma mit dem Erzfeind Iran erhitzt in Israel die Gemüter. Spekulationen über eine Beteiligung des Mossad an der peinlichen Affäre gießen Öl ins Feuer. Die Ofer-Brüder waschen ihre Hände jedoch in Unschuld.
01.06.2011
Von Sara Lemel

Peinlicher kann es kaum werden: Ausgerechnet eine israelische Firma soll am Verkauf eines Tankschiffs an den Erzfeind Iran beteiligt gewesen sein. Israels Führung, die auf jedem internationalen Podium auf strengere Sanktionen gegen die Ajatollahs in Teheran pocht, fürchtet nun einen schweren Imageschaden. Die einflussreiche Firma Ofer-Brüder sieht sich hingegen als Opfer eines "bedauerlichen Fehlers" und beteuert ihre Unschuld.

Das US-Außenministerium in Washington ließ die Bombe vergangene Woche platzen: Die Ofer-Brüder sowie die Firma Tanker Pacific aus Singapur erscheinen auf einer schwarzen Liste von Firmen, die gegen das Iran-Embargo verstoßen haben. Im Zentrum der Affäre steht der Verkauf des großen Tankschiffs an die staatliche iranische Reederei im vergangenen September. "Wir haben herausgefunden, dass die Ofer Holdings Group die Muttergesellschaft einer Firma namens Tanker Pacific ist, und das ist die Firma, die dieses Tankschiff an die Iraner verkauft hat", erklärte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Ein Anwalt der Ofer-Brüder bestritt jedoch am Dienstag jegliche Verbindung mit Tanker Pacific.

Rätselhafte Stellungnahme des Ex-Mossad-Chefs

Besonders pikant wurde die Affäre, nachdem sich am Montag überraschend der ehemalige Chef des Auslandsgeheimdienstes Mossad mit kryptischen Bemerkungen einschaltete. Die Beschäftigung mit den Vorwürfen gegen die Ofer-Brüder sei "übertrieben", sagte Meir Dagan, wollte aber nicht weiter ins Detail gehen.

Israelische Medien hatten zuvor spekuliert, womöglich habe die private Reederei mit den Reisen in den Iran nicht zum Schaden, sondern im Dienste des Heimatlands gehandelt und Agenten auf Spähmission mit an Bord gehabt. In diesem Fall hätte Israels Führung natürlich kein Interesse an polizeilichen Ermittlungen gegen die Finanzierfamilie, wie sie von allen Seiten gefordert werden.

Die aus Rumänien stammende Familie Ofer gehört zu den reichsten und einflussreichsten Finanzdynastien Israels. Begonnen hatte alles mit einer kleinen Schiffsagentur des Firmengründers Joseph Herschovici in Haifa. Seine Söhne Sammy und Yuli änderte den Familiennamen zu Ofer (Hebräisch für Rehkitz) und bauten den väterlichen Betrieb zu einem Riesenkonglomerat aus. Ihr milliardenschweres Imperium, das von Kritikern mit einem gefährlichen Kraken verglichen wird, umfasst unter anderem Einkaufszentren, Hotelketten, Immobilien sowie einen großen Anteil an der viertgrößten israelischen Bank Mizrahi Tefahot, die auch Zweigstellen in den USA hat.

Juristische Folgen möglich

Die Ofer-Brüder Sammy und Yuli, die beide schon auf die 90 zugehen, treten gerne als großzügige Spender für israelische Institutionen auf. An der Spitze der größten privaten Reederei Israels, die mit dem Iran Handel getrieben haben soll, steht Sammys Sohn Idan Ofer. Schiffe dieser Reederei haben nach israelischen Medienberichten in den letzten Jahren häufiger in iranischen Häfen angelegt und dort Rohöl getankt.

Sollten sich die Vorwürfe weiter erhärten, müssten die Ofer-Brüder mit juristischen Folgen rechnen. Das israelische Gesetz verbietet ausdrücklich den Handel mit feindlichen Ländern wie dem Iran. Der israelische Geschäftsmann Nachum Manbar war 1998 wegen Waffenhandels mit dem Iran zu 16 Jahren Haft verurteilt worden.

Ein Kommentator der Zeitung "Israel Hajom" sprach sich am Dienstag für Härte gegen die Firmenleitung aus, um Israels Glaubwürdigkeit im Kampf gegen den Iran nicht zu untergraben. "Man kann nicht auf der einen Seite von der Welt verlangen, entschlossener gegen das Ajatollah-Regime vorzugehen, und auf der anderen Seite Nachsicht gegen Israelis walten lassen, die direkt oder indirekt Handel mit dem Iran getrieben haben", schrieb Boaz Bismuth.

Parlamentsdebatte abgebrochen

Eine Debatte im Finanzausschuss des Parlaments in Jerusalem zu dem Thema wurde am Dienstag nach nur zehn Minuten unter mysteriösen Umständen abgebrochen. Der Vorsitzende des Gremiums, Karmel Schama-Hacohen, beendete die Sitzung abrupt, nachdem ihm ein Zettel unbekannten Inhalts zugesteckt worden war. Dies nährte Spekulationen israelischer Medien, der Auslandsgeheimdienst Mossad könnte in der Affäre um den Verkauf eines Tankschiffs verwickelt sein.

Schama-Hacohen von der regierenden, rechtsorientierten Likud-Partei betonte, der Zettel stamme "nicht von einer politischen oder wirtschaftlichen Quelle". Er erklärte zudem, die Umstände der Affäre seien "sehr viel komplexer und sensibler als die normale Vorstellungskraft begreifen kann".

dpa