Altern auf Probe

Altern auf Probe
„Oh Mann, ich seh’ nix und tippen geht auch nicht!“, schimpft die 15-jährige Jana. Mit Milchglas-Brille und dicken Handschuhen versucht sie eine SMS zu verschicken. Warum? Die Stiftung mitLeidenschaft hatte sie und ihre Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums am Markt aus Bünde zu einem Erkundungstag ins Ev. Johanneswerk eingeladen und einen Age-Simulations-Parcours organisiert. Die 130 Jugendlichen bekamen einen Einblick in die vielfältige Arbeit und Geschichte des diakonischen Trägers – und die Möglichkeit zu erfahren, mit welchen Einschränkungen ältere Menschen täglich konfrontiert werden.

Wie ist es mit steifen Fingern 1,80 Euro für den Kuchen aus dem Portmonee zu suchen? Jana hat mit ihren Handschuhen und der eingeschränkten Sicht Schwierigkeiten, überhaupt eine Münze aus der kleinen Geldbörse zu fischen. Und warum gehen alte Menschen so langsam die Treppen hoch? Franziska hat einen schwarzen Spezial-Overall angezogen. Eingenähte Sandsäcke auf den Schultern, Armen und Beinen, Ohrstöpsel sowie eine milchglasige Brille simulieren mögliche Beschwerden des Alters. „Das Gewicht zieht einen ganz schön nach unten, besonders bei den Treppen“, sagt Franziska und schaut zu ihrer Freundin: „Ohne Louisa hätte ich wirklich Probleme, denn ich kann kaum etwas sehen oder hören.“

„Man fühlt sich sehr hilflos“

„Wie war es für euch, einmal alt zu sein?“, fragt Christine Schulze- Kruschke aus der Beratung und Fortbildung des Johanneswerks. Sie möchte den Jugendlichen Berührungsängste nehmen und sie für das Alter sensibilisieren. „Es war komisch“, sagt Jessica. Sie hatte ihrem Mitschüler Simon beim Essen von Pudding geholfen. „Ich wusste gar nicht, wie viel auf einen Löffel kommt. Man muss immer aufpassen, dass der andere schon geschluckt hat – das war ganz schön anstrengend.“ Simon auf der anderen Seite fühlte sich hilflos: „Es ist seltsam, wenn man auf jemand anderen total angewiesen ist, weil man nichts sieht oder sich nicht bewegen kann.“

„Ab wann ist man überhaupt alt?“, fragt Schulze-Kruschke. Ihre Antwort schrieben die Schüler vor dem Selbstversuch auf eine Karte. Für die 15- bis 17-Jährigen fängt Alter im Durchschnitt ab dem Renteneintritt mit 65 Jahren an. Einige empfinden erst ein Alter von 80 oder sogar 90 Jahren als alt. „Ihre werdet rund 30 Jahre Alter vor euch haben. Man kann die Zeit grob in drei Bereiche einteilen: das junge, das mittlere und das hohe Alter, wenn man schon sehr auf Hilfe angewiesen ist“, erklärt Schulze- Kruschke. „Also überlegt euch gut, wie ihr mit diese Zeit gestalten wollt!“