Forscher: Keine Brennelementkugeln aus Jülich verschwunden

Forscher: Keine Brennelementkugeln aus Jülich verschwunden
Sie sind tennisballgroß und sorgen für Verwirrung. Über den Verbleib von rund 2.300 Brennelementkugeln aus den Forschungsreaktor Jülich wird heftig gestritten. Bundesumweltminister Röttgen hat deshalb die Düsseldorfer Atomaufsicht zum Rapport bestellt.
05.04.2011
Von Claus Haffert

Die von Nordrhein-Westfalens Landesregierung vermissten Brennelementkugeln sind nach Angaben des Forschungszentrum Jülich nicht verschwunden. Ihr Verbleib sei "lückenlos dokumentiert", sagte der Vorstandsvorsitzende des Forschungszentrums, Achim Bachem, am Montag in Berlin. Jedes Milligramm des Materials sei erfasst und werde monatlich an das NRW-Energieministerium gemeldet.

Bei den angeblich verschwundenen rund 2.300 Kugeln aus dem stillgelegten Forschungsreaktor handele es sich überwiegend um Bruch, der größtenteils zu Forschungszwecken weiter zerteilt und dann als schwachradioaktiver Abfall in 200-Liter-Fässer einzementiert worden sei. Knapp 200 Kugeln befänden sich noch im Reaktor. "An diesem Sachverhalt hat sich in den vergangenen 20 Jahren nichts geändert", sagte Bachem.

Röttgen verlangt Aufklärung

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) bestellte für Dienstag die nordrhein-westfälische Atomaufsicht zur Berichterstattung nach Berlin ein. Die Aufsichtsbehörde soll Auskunft zu den widersprüchlichen Angaben des Forschungszentrums Jülich und des NRW-Wissenschaftsministeriums über den Verbleib der Kugeln geben.

Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) hatte die Verwirrung um die Brennelementkugeln mit ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen ausgelöst. Darin hatte sie angegeben, es seien "allem Anschein nach" Brennelementkugeln im Forschungsbergwerk Asse gelagert worden. Am Montag verwies sie auf den vorläufigen Endbericht des Asse-Untersuchungsausschuss im niedersächsischen Landtag. Darin gebe es "den Hinweis, dass Grafitkugeln von Jülich nach Asse verbracht worden sind".

Das Bundesamt für Strahlschutz (BfS) betätigte zwar, dass 1976 in der Schachtanlage Asse zwei Fässer mit Brennelementkugeln aus Jülich eingelagert wurden. Dabei handele es sich aber um mittelradioaktive Abfälle, die in der entsprechenden Kammer der Asse gelagert seien. Das sei der nordrhein-westfälischen Atomaufsicht bekannt. Die in Jülich vermissten rund 2.300 Kugeln könnten schon wegen des relativ geringen Gesamtgewichts nicht in den Fässern sein. In der Asse dürfen keinen hochradioaktiven Brennelemente gelagert werden.

"Nicht akzeptable Spekulationen"

Der Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, Thomas Rachel (CDU) warf Schulze "nicht akzeptable Spekulationen" vor. Auch die FDP attackierte Schulze und warf ihr vor, gemeinsam mit den Grünen "die Ängste der Bevölkerung zu schüren". Die Landesregierung müsse aufklären, wer die politische Verantwortung für die unsaubere Dokumentation trage. Auf Antrag der FDP sollen sich der Wirtschafts- und der Umweltausschuss des Landtags am Mittwoch mit dem Fall Jülich befassen.

Den Grünen reichen die Angaben des Forschungszentrums zum Verbleib der Brennelementkugeln nicht. Angaben wie "eine geringe Menge Kugelbruch" oder "zahlreiche abgebrannte Brennelementkugeln" seien keineswegs dazu angetan, die Bevölkerung zu beruhigen, sagte der Atomexperte der Grünen-Landtagsfraktion, Hans-Christian Markert.

Schulze forderte die Betreibergesellschaft des Versuchsreaktors und das Forschungszentrum auf, genau aufzulisten, "welche Mengen nuklearen Materials wann und wo gelagert wurden". Der Aufsichtsrat des Forschungszentrums müsse sich in einer Sondersitzung mit der Lage beschäftigen.

dpa