Trotz Ausgangssperre Tausende Ägypter auf den Straßen

Trotz Ausgangssperre Tausende Ägypter auf den Straßen
Ungeachtet einer Ausgangssperre haben Tausende Ägypter ihre Proteste gegen das Regime von Präsident Husni Mubarak fortgesetzt. Mubarak war es in seiner ersten Fernsehansprache seit dem Beginn der Proteste nicht gelungen, die Gemüter der Menschen zu beruhigen. Der 82-Jährige kündigte für Samstag die Bildung einer neuen Regierung an.

Ein Reporter des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira berichtete am frühen Morgen, es gebe keine Zusammenstöße mehr mit der Polizei, da die von den Straßen verschwunden sei. Sie sei durch Militär ersetzt worden. Die Demonstranten hatten die Soldaten zum Teil stürmisch begrüßt. Am Abend waren Panzer und Truppentransporter aufgefahren.

Die Demonstranten forderten nach der Rede in der Nacht weiter den Rücktritt des Staatschefs. "Mubarak muss das Land verlassen", skandierten Regierungsgegner auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo.

Mubarak hatte in der Ansprache vor Chaos gewarnt und "neue Schritte hin zu mehr Demokratie" sowie eine Verbesserung des Lebensstandards versprochen.

25 Menschen getötet

Zuvor waren am Freitag bei den bisher schwersten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften mindestens 25 Menschen ums Leben gekommen, tausende wurden verletzt. Demonstranten zündeten die Zentrale der Nationaldemokratischen Partei (NDP) an. Viele Polizeiwachen wurden in Brand gesteckt. Polizeifahrzeuge wurden demoliert.

US-Präsident Barack Obama drängte Mubarak zur Umsetzung der Reformversprechen. "Ich habe ihm gesagt, dass er die Verantwortung hat, seinen Worten eine Bedeutung zu geben", sagte er in Washington. Obama appellierte eindringlich an die ägyptische Führung, jegliche Gewalt gegen friedliche Demonstranten zu unterlassen. Auch die Einschränkungen im Internet müssten zurückgenommen werden. Auch die Demonstranten rief Obama zum Gewaltverzicht auf: "Gewalt und Zerstörung werden nicht zu den Reformen führen, die sie suchen."

Apell für Meinungsfreiheit

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte ein Ende der Gewalt und mahnte Meinungs- und Informationsfreiheit an. "Ich rufe alle Beteiligten, vor allem auch die ägyptische Regierung und den Präsidenten auf, dass sie friedliche Demonstrationen genehmigen, dass die Meinungsfreiheit eine Chance hat", sagte Merkel am Rande des Weltwirtschaftsgipfels in Davos.

Auch die Vereinten Nationen mahnten die Einhaltung der Bürgerrechte an - insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie die Informations- und Versammlungsfreiheit. "Eines der Grundprinzipien der Demokratie ist der Schutz und die Gewährleistung der Meinungsfreiheit der Bürger", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Davos. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, forderte auch die Wiederherstellung der Internet- und Mobilfunkverbindungen.

Nach Berichten des Senders Al-Dschasira forderte ein führender Vertreter der oppositionellen Muslimbruderschaft Mubarak auf, zurückzutreten. Sollte er weiter an der Macht festhalten, müsse die Armee eingreifen. Der in Kairo unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträger und frühere Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Mohammed el Baradei, sagte dem Sender, das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte lasse "das brutale Gesicht dieses Regimes" zum Vorschein kommen.

Verhaftungen

Zuvor waren am Freitag bei Straßenschlachten mit er Polizei allein in Suez 13 Menschen ums Leben gekommen, wie der Sender Al-Arabija unter Berufung auf Krankenhausärzte berichtete. 75 weitere seien verletzt worden. In Alexandria wurden nach Al-Dschasira-Informationen sechs Menschen getötet. Fünf Todesopfer wurden aus Kairo gemeldet, ein weiteres aus der Ortschaft Scheich Zuweid. Allein in der Hauptstadt stieg die Zahl der Verletzten nach berichten von Al-Arabija auf weit über 1000.

dpa