Kollegen anschwärzen, wenn sie Regeln brechen: Tut man das?

Kollegen anschwärzen, wenn sie Regeln brechen: Tut man das?
Was darf man tun, was nicht? Je nach Angelegenheit ist die Antwort nicht immer leicht und eindeutig. Wir stellen Fragen von Nutzern vor, die sich in einer ganz bestimmten Sache nicht sicher sind.

Beim Internetportal www.das-tut-man-nicht.de können Nutzer Fragen stellen, wenn sie sich nicht sicher sind, ob eine Angelegenheit in gesellschaftlicher, moralischer, ethischer, sozialer oder religiöser Sicht in Ordnung ist oder eben auch nicht. Experten beantworten die ausgewählten Fragen. Wir stellen regelmäßig ein Problem samt Antwort zur Diskussion.

Die Frage:

Unser Unternehmen investiert schwer in Compliance. Abgesehen davon, dass ich dem Braten nicht traue, frage ich mich, was ich von so einer Whistleblower-Telefonnummer habe. Ich weiß von einem Fall in der Firma – Medienbranche – wo sich einer ständig zu Fußball-VIP-Lounge, Golfwochenenden etc. einladen lässt, obwohl es dafür klare Richtlinien gibt. Aber was habe ich davon, wenn ich ihn anschwärze? Das Klima in der Abteilung wird schlechter, alle werden sich fragen, wer es gewesen ist, und außerdem: Denunziert man seine Kollegen?

Die Antwort von Sylvia Schenk, Rechtsanwältin in Frankfurt am Main, Richterin am Internationalen Sportschiedsgericht in Lausanne sowie Mitglied in den Vorständen von Transparency Deutschland e.V. und der Deutschen Olympischen Akademie, außerdem für Transparency International weltweit im Kampf gegen Manipulation und Korruption im Sport unterwegs:

Ein Anruf bei der Whistleblower-Nummer ist kein Anschwärzen, sondern zeigt Zivilcourage. Wenn alle immer nur wegschauen, dürfen wir uns über fehlende Moral in der Wirtschaft und insgesamt in der Gesellschaft nicht wundern. Klare Richtlinien sollten ebenso eingehalten werden wie Gesetze und andere Vorschriften – nur so funktionieren unser Rechtsstaat, ehrlicher Wettbewerb und nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg.

Immer mehr Kunden und Geschäftspartner sowie die Öffentlichkeit messen ein Unternehmen an seinem Geschäftsgebaren. Wenn Sie von einem Verstoß gegen Complianceregeln wissen und dennoch schweigen, schützen Sie den Falschen. Nämlich jemanden, der durch sein Verhalten Ihrem Unternehmen schadet: Er unterläuft die Compliance-Anstrengungen und lässt – nach innen wie nach außen – den Eindruck entstehen, das Unternehmen nehme es nicht so genau mit integerem Verhalten.

Das kann in der heutigen Zeit schnell zu einem Reputationsschaden für ein Unternehmen führen, insbesondere, wenn das Verhalten des Kollegen sogar strafrechtlich relevant sein sollte. Wenn Sie nicht rechtzeitig gewarnt haben, sind Sie für die Folgen mitverantwortlich.

Im Übrigen kann es auch Einladungen innerhalb der Compliance-Vorschriften geben, zum Beispiel wenn die Annahme mit dem Vorgesetzten abgesprochen und im Interesse der Firma ist. Schon deshalb ist es wichtig, durch einen Hinweis den Sachverhalt aufklären zu lassen, statt hinter dem Rücken des Beschuldigten zu tuscheln. Und für das Betriebsklima ist es auf jeden Fall besser, konsequent und mit Unterstützung der Beschäftigten ethisches Verhalten durchzusetzen, statt dass die Maßnahmen der Firmenleitung angezweifelt und missachtet werden. Das kann man tun.


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