Birmas Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi frei

Birmas Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi frei
Nach siebeneinhalb Jahren Hausarrest ist Birmas Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi (65) am in die Freiheit entlassen worden. Das bestätigte ein Regierungsbeamter. Mehrere tausend Menschen feierten die Freilassung Suu Kyis in der Nähe ihres Hauses in Rangun die Freilassung.

Birmas Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ist nach siebeneinhalb Jahren Hausarrest wieder frei. Sie zeigte sich kurz vor 18.00 Uhr Ortszeit vor ihrem Haus und winkte den rund tausend dort wartenden Anhängern zu. Die Stimmung war ausgelassen, Suu Kyi winkte und lachte, berichteten Augenzeugen.

Um 17.30 Uhr Ortszeit hatten die Militärbehörden ihr in ihren Haus in Rangun zunächst die Entlassungspapiere übergeben, berichtete ihr Anwalt Nyan Win. Ihre Strafe war an diesem Samstag abgelaufen. Dann kam die erlösende Nachricht: "Sie ist jetzt frei", sagte Nyan Win, und die Anhänger brachen in Jubel aus. "Lang lebe Suu Kyi", skandierten sie begeistert. Ordnungskräfte ihrer Partei NLD versuchten, die Menschenmenge zur Ruhe zu bringen, um Suu Kyi Gehör zu verschaffen.

Erleichterung bei Kanzlerin Merkel

Hunderte hatten seit dem frühen Morgen in der Nähe ihres Hauses auf die Freilassung gewartet. Innerhalb von Minuten schwoll die Menge auf Tausende an. Sie trugen Poster und T-Shirts mit ihrem Bild. Die Menschen stürmten zu ihrem Haus, nachdem die Militärpolizei die Barrieren weggeräumt hatte, die den Zugang zur University Avenue seit Jahren versperrt hatten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich erfreut und erleichtert über die Freilassung. "Aung San Suu Kyi ist eine Symbolfigur für den weltweiten Kampf für die Verwirklichung der Menschenrechte. Ihre Gewaltlosigkeit und Unnachgiebigkeit haben sie zu einem bewunderten Vorbild werden lassen", erklärte die Bundeskanzlerin. Sie appellierte zugleich an die Machthaber in Birma, auch die weiteren noch über 2000 politischen Gefangenen freizulassen.

Nächste Schritte

Für jeden, der sie kennt, steht fest, was Aung San Suu Kyi nach ihrer Freilassung aus dem Hausarrest als erstes machen wird: Sie wird sich mit ihren Anhängern treffen und ihre politischen Aktivitäten wieder aufnehmen. Freiheit ist für die heute 65-jährige ein seltenes Gut. Sieben Jahre musste die Friedensnobelpreisträgerin warten, bis sie am Samstag entlassen wurde. Insgesamt hat Suu Kyi 15 der vergangenen 21 Jahre entweder in Haft oder unter Hausarrest verbracht.

Das letzte Mal war die Oppositionsführerin im Mai 2003 festgenommen worden. Suu Kyi war damals gerade ein Jahr wieder auf freiem Fuß. Mit Anhängern ihrer Partei, der "Nationalen Liga für Demokratie" (NLD), tourte sie durch den Norden Birmas. Tausende Menschen hatten ihren Autokonvoi bejubelt. Doch dann griffen juntatreue Schlägergruppen an. Es gab Tote und Verletzte, Suu Kyi wurde abgeführt. Bei den Angreifern handelte es sich unter anderem um Anhänger einer von den Militärs gegründeten Organisation, die kurz vor den Wahlen in diesem Jahr in die Junta-Partei USDP umgewandelt worden war.

Jugend in Indien

In das politische Geschehen geriet Suu Kyi, Tochter des 1947 ermordeten Unabhängigkeitshelden Aung San, eher zufällig. Zunächst verbrachte sie einen Teil ihrer Jugend in Indien, wo ihre Mutter Botschafterin war. Später studierte sie im englischen Oxford Philosophie, Politik und Wirtschaft. Mit ihrem Mann, dem britischen Tibetologen Michael Aris, bekam sie zwei Söhne und lebte einige Zeit in Bhutan.

Suu Kyi kehrte erst 1988 nach Birma zurück, um ihre kranke Mutter zu pflegen. In jenem Jahr hatten Studenten Massenproteste gegen das Regime initiiert. Suu Kyi, die im August 1988 ihre erste aufsehenerregende Rede hielt, wurde zur Ikone des Widerstands. Dann kam es innerhalb des Militärs zu einem Putsch, in dessen Folge eine neue Junta die Macht ergriff. Jene Militärs, die das Land in Myanmar umbenannten, ließen die Massenproteste blutig niederschlagen. Auch verboten sie jeglichen pro-demokratischen Protest. Trotzdem wurde im September 1988 die NLD mit Suu Kyi als Parteivorsitzender gegründet. Die Oppositionsführerin selbst wurde im Juli 1989 zum ersten Mal unter Hausarrest gestellt.

Haushoher Wahlsieg

An den Parlamentswahlen 1990, welche die oppositionelle NLD mit rund 80 Prozent haushoch gewann, durfte Suu Kyi nicht teilnehmen. Den Wahlsieg erkannten die Militärs nie an. 1995 hoben sie den Hausarrest gegen Suu Kyi zwar auf, doch frei bewegen durfte sie sich nicht. Zwischen 2000 und 2002 wurde sie erneut unter Hausarrest gestellt, dann wieder ab 2003. In 1991 wurde ihr der Friedensnobelpreis verliehen. Diesen nahm an ihrer Stelle ihr Sohn Alexander in Oslo entgegen.

Für ihre politische Überzeugung brachte Suu Kyi viele persönliche Opfer: 1999 lehnte sie das Angebot der Junta ab, zu ihrem todkranken Mann nach England zu reisen. Sie fürchtete, die Militärs könnten sie ausbürgern. Michael Aris, dem die Junta zuvor mehrere Male die Einreise verweigert hatte, starb im März 1999. Ihren jüngsten Sohn Kim hat Suu Kyi vor zehn Jahren zum letzten Mal gesehen. Berichten zufolge bekam dieser jetzt ein Visum ausgestellt, um seine Mutter besuchen zu können.

Touristischer Boykott

Suu Kyis Politikstil war nicht unumstritten: Jahrelang hatte sie die vom Westen verhängten Sanktionen ebenso befürwortet wie einen touristischen Boykott. Aber weil Birmas Generäle in China, Indien und Ländern des südostasiatischen Staatenbundes Asean treue Verbündete haben, sahen sie bislang keinen Grund, das Land demokratisch zu öffnen. Im Jahr 2009 erfolgte eine Kehrtwende Suu Kyis. In einem Schreiben an Juntachef Than Shwe erklärte sie sich zur Kooperation mit dem Regime bereit, infolge derer die Sanktionen aufgehoben werden könnten.

Von den jüngsten Wahlen war Suu Kyi erneut ausgeschlossen. Dieses Mal hatte die NLD den als unfrei und unfair geltenden Urnengang boykottiert. Wie lange die Militärs, die sich bereits zu Wahlsiegern erklärten, Suu Kyi auf freiem Fuß lassen, ist abzuwarten. Die Oppositionspolitikerin hat angekündigt, sie wolle nach ihrer Entlassung mithelfen, die massiven Vorwürfe von Wahlbetrug zu untersuchen.

epd/Nikola Glas/dpa