Kirche klagt gegen weitere Gorleben-Erkundung

Kirche klagt gegen weitere Gorleben-Erkundung
Die evangelische Kirchengemeinde Gartow in Niedersachsen klagt gegen die weitere Erkundung des Salzstocks Gorleben als mögliches Endlager für Atommüll. Nach Greenpeace und der Initiative "Rechtshilfe Gorleben" reichte auch die Gemeinde, die ein Grundstück über dem Salzstock und Salzrechte besitzt, beim Verwaltungsgericht Lüneburg Klage ein, sagte der Geistliche Vizepräsident des hannoverschen Landeskirchenamtes, Arend de Vries, in Hannover.

"Wir sehen uns in der Pflicht nicht nur für die heutigen, sondern auch für kommende Generationen", fügte de Vries hinzu. Die hannoversche Landeskirche unterstütze die Klage politisch und beteilige sich an den Kosten. Sie sehe darin auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung zur Bewahrung der Schöpfung, hieß es.

Seit dem 1. Oktober darf der Salzstock nach einem zehnjährigen Moratorium wieder nach dem Bergrecht als mögliches Endlager für hochradioaktiven Müll erforscht werden. Die Kirchengemeinde halte dabei die Verlängerung des Rahmenbetriebsplanes von 1982 bis in das Jahr 2020 hinein unter anderem deshalb für rechtswidrig, weil sich die Verhältnisse und technischen Anforderungen grundsätzlich verändert hätten, sagte ihr Anwalt Nikolaus Piontek.

Mehr als nur Erkundung?

Die Klage gegen das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie wende sich zugleich gegen den Hauptbetriebsplan, der das Vorhaben im Einzelnen genehmige, erläuterte Piontek. In Gorleben werde bereits in Dimensionen gebaut, die eine Erkundung überschritten: "Hier wird bereits ein Endlager gebaut." Dabei sei der Standort nicht nach geologischer Prüfung, sondern nach politischen, sozialen und ökonomischen Gründen ausgewählt worden.

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Gartows Pastor Eckhard Kruse sagte: "Wir haben nicht das Vertrauen, dass ergebnisoffen erkundet wird." In der Vergangenheit sei die Bevölkerung weder ausreichend informiert noch beteiligt worden. Mit der Klage erhoffe sich die Kirche durch Akteneinsicht auch weitere Informationen.

Die Gemeinde besitzt den Angaben zufolge rund elf Hektar Wald in Sichtweite zum Schacht des Erkundungsbergwerkes. Piontek erläuterte, ihre Rechte würden auch berührt, wenn die Erkundung diesem Bereich umgehe: "Selbst wenn dort nicht unmittelbar ins Salz gebohrt wird, würde der Kirche der Gebrauch des Salzes verwehrt werden."

Gefährdungspontential

De Vries betonte: "Aufgrund des außerordentlich hohen Gefährdungspotenzials der Endlagerung hochradioaktiver wärmeentwickelnder Abfälle müssen strengste Maßstäbe für die Sicherheit eines Endlagers gelten." Nötig sei ein Gesamtkonsens, der Parteien, gesellschaftliche Gruppen und Wahlperioden übergreife.

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Die Landeskirche sei nicht grundsätzlich gegen Erkundungen, auch nicht am Standort Gorleben, sagte de Vries. Sie fordere aber, dass gleichzeitig ein anderer Standort und ein anderes Gestein als Salz auf die Eignung als Atommüllager geprüft werden muss. Dabei müssten Verfahren und Kriterien öffentlich und transparent sein.

Außerdem müsse das strengere Atomrecht und nicht das Bergrecht angewendet werden, damit eine entsprechende Beteiligung der Bürger gesichert sei. Diese Bedingungen würden derzeit nicht erfüllt. Auch der Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg unterstützt seine Gemeinde. "Das ist hoffentlich der Anfang eines neuen politischen Dialogs", sagte Lüchows Propst Stephan Wichert-von Holten. "Als Kirche stellen wir uns vor Ort zu den Menschen."

epd