"Kraftwerk Religion": Ausstellung in Dresden

"Kraftwerk Religion": Ausstellung in Dresden
Die Religion kehrt zurück. Zumindest in die öffentlichen Debatten. Und spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auch in die Politik. Sie will das friedliche Miteinander fördern und gilt vielen zugleich als Ursache von Gewalt und globalen Konflikten. Im Grunde war sie immer da, sagt Historikerin Petra Lutz. Aber gegenwärtig gibt es eine verstärkte Aufnahme des Religiösen, eine Wiederkehr der Wahrnehmung.
01.10.2010
Von Katharina Rögner

Als Kuratorin der Ausstellung "Kraftwerk Religion. Über Gott und die Menschen", die im Dresdner Hygiene-Museum zu sehen ist, will Lutz "ganz genau hinsehen", Raster und Klischees zurücklassen, vor allem aber aufklären und informieren. Gerade in der säkularisierten Gesellschaft gebe es die religiösen und kulturellen Schätze wieder neu zu entdecken.

Konzipiert ist die Präsentation für Gläubige ebenso wie für Nichtgläubige auf rund 800 Quadratmetern. Vertreter beider Gruppen kommen in zahlreichen Video-Interviews auch selbst zu Wort. Zu sehen sind etwa 300 Exponate, darunter das Taufkleid des Schriftstellers Thomas Mann (1875-1955), ein Gemälde von Ludovico Carracci (1555-1619), Kultfiguren, Kruzifixe und Madonnen. Ältestes Exponat ist eine römische Zauberpuppe aus dem ersten Jahrhundert.

Burka, Kopftuch, Minarette

Fast 100 Leihgeber, darunter die Vatikanischen Museen, das Freud-Museum London und das Deutsche Literaturarchiv in Marbach sind beteiligt. Es gibt unter anderem eine "historische Insel" zur Geschichte der Reformation und eine "Debatteninsel" zu kontroversen Themen wie etwa dem Verbot von Kopftuch und Burka oder der Diskussion um Minarette.

Die Ausstellung wolle keine Religionskritik betreiben, sagt Lutz. Sie gebe eine wissenschaftliche Sicht von außen und in den Video-Interviews die Innensicht von insgesamt 50 Befragten, unter ihnen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und der sächsische Landesbischof Jochen Bohl.

Pilger und Mission

Exponate und Hörstationen werden auf grauen Filzbergen präsentiert. Die faltigen Hügel ziehen sich als gestalterisches Element genauso durch die Ausstellung wie schwarz-weiße Deckenprojektionen mit Zitaten unter anderem aus der Bibel und dem Koran. Bewusst haben wir keine anderen Farben gewählt, damit keine Religion bevorzugt wird, betont Kuratorin Lutz.

Unterteilt ist die Präsentation in drei Räume, von denen der erste mit "Religion in der Gesellschaft" und der zweite mit "Gemeinschaften" überschrieben ist. Themen sind unter anderem die christliche Mission, das Pilgern, die Verfolgung Gläubiger und Hilfsorganisationen, aber auch religiöse Kleidung sowie Sterben und Inkarnation.

Die letzten Fragen

Ein abschließender Teil beschäftigt sich schließlich mit "Offenbarungen und letzten Fragen". Haben Sie schon einmal ein Wunder erlebt? Was darf ich hoffen? Wie bringe ich Gott zum Lachen?, heißt es auf der großen Videowand. Gezeigt wird in dem Raum auch, auf welche vielfältige Art sich Menschen in Beziehung zu etwas Unverfügbarem setzen und wie unterschiedlich Glaube gelebt wird. Zu sehen sind magische Objekte, Fotos von Wunderheilungen, ebenso wie ein Film über aktuelle Gebetspraktiken.

Die Ausstellung habe vor allem eine aufklärerische Intention, sagt Lutz. "Aber wir können nur fokussieren und Schlaglichter geben." Damit erklärt die Kuratorin auch, dass die verschiedenen Religionen trotz allem Bemühen um Neutralität unterschiedlich gewichtet werden. Während das Christentum einen breiten Raum einnimmt und Islam, Judentum und Buddhismus durchaus behandelt werden, werden Hinduismus und Naturreligionen hingegen nur erwähnt.

Der Glauben liegt im Menschen

Religion hat uns immer begleitet, sagt Museumsdirektor Klaus Vogel. Es sei ein Irrglaube, dass sie weg war oder weg ist. Sie sei ein "Stück gelebte Gegenwart". Das Potenzial, zu glauben, sei im Menschen angelegt, auch wenn wir es negieren. Auch in der DDR war Religion vorhanden. Sonst hätte es die friedliche Revolution nicht gegeben, ist Vogel überzeugt.

Die Ausstellung im Dresdner Hygiene-Museum ist vom 2. Oktober bis 5. Juni 2011 dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen.

Internet: www.dhmd.de

dpa