Umweltpreis für Reinigen mit Laser statt Chemie

Umweltpreis für Reinigen mit Laser statt Chemie
Die Idee ist einfach, aber genial: Statt auf Chemie setzt ein Unternehmen aus Herzogenrath bei Aachen auf die Kraft des Lasers für die Reinigung von Industrieflächen. Die Firmengründer erhalten in diesem Jahr den Deutschen Umweltpreis, zusammen mit Rainer Grießhammer vom Öko-Institut Freiburg und Michail Gorbatschow.
13.09.2010
Von Elmar Stephan

Ob es um das Backen von Eiswaffeln geht, um die Montage von Flugzeugflügeln oder das Verschweißen von Autokarosserien: Die Ingenieure Winfried Barkhausen und Edwin Büchter haben eine Methode gefunden, Maschinen und Materialien schnell, kostengünstig und ohne giftige Chemikalien zu reinigen. Sie nutzen einfach Laserlicht. 1997 gründeten die beiden ihre Firma Clean-Lasersysteme. In dem Unternehmen in Herzogenrath bei Aachen arbeiten inzwischen 30 Menschen. Am 31. Oktober bekommen die Unternehmer von Bundespräsident Christian Wulff den Deutschen Umweltpreis überreicht, die höchstdotierte Auszeichnung dieses Gebiets in Europa.

Im Gründungsjahr der Firma schrieb Büchter seine Diplomarbeit beim Fraunhofer-Institut für Lasertechnik in Aachen, sein Kompagnon Barkhausen war Doktorand. Beide beschäftigten sich mit dem Abtragen von Oberflächen mittels Laserstrahlen. Was sich in der Theorie erfolgversprechend anhörte, hatte in der Praxis einen Haken: Damals gab es zwar Laser für die Forschung, aber keine Laser für die Anwendung in der Industrie.

Verblüffend einfaches Prinzip: Schmutz verdampfen

Der Entschluss, eine Firma zu gründen, war von den beiden Ingenieuren schnell gefasst. "Wir haben einen potenziellen Markt gesehen für die Reinigung industrieller Oberflächen mit kompakten handgeführten Lasern", sagt Büchter.

Das Prinzip ihrer Erfindung hört sich verblüffend einfach an: Ein Laserstrahl wird auf eine Oberfläche fokussiert. Dieser Strahl ist so intensiv, dass die Schmutzschichten schlagartig verdampfen. Sie platzen ab und können abgesaugt werden. Das Trägermaterial - etwa die Autokarosserie oder die Flugzeugtragfläche - bleibt dabei kalt. "Der Laser wirkt nur 100 Nanosekunden ein", erläutert Büchter. Das ist unvorstellbar kurz: Wenn man eine Sekunde mit dem Umfang der Erde vergleichen würde, wären 100 Nanosekunden ungefähr vier Meter.

Seit 2004 gehört der Autobauer Audi zu den Kunden von Clean-Lasersysteme. Dort werden Karosserien aus Aluminium zusammengeschweißt. Um die Metallteile miteinander zu verbinden, müssen sie absolut frei von Oxid- und Schmutzschichten sein. Nach der klassischen Methode müsste man beispielsweise ein Seitenteil eines Audi TT vor dem Schweißen in einem mehrstufigen chemischen Nassbad reinigen. Vor dem Lackieren müsste die Karossen nochmals entfettet und gereinigt werden. Nach dem System von Büchter und Barkhausen aber werden nur die kleinen Flächen gereinigt, die verschweißt werden.

Energieverbrauch um fast 90 Prozent gesenkt

Auch der Flugzeugbauer Airbus setzt die Technik der Herzogenrather Firma ein, unter anderem beim Reinigen von Werkzeugen für die Herstellung von bestimmten Leichtbauwerkstoffen. Dank der Laserreinigung könne Airbus auf den Einsatz von giftigen, lösemittelhaltigen Chemikalien verzichten - was nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die Mitarbeiter in der Produktion ist. Eine Gelsenkirchener Waffelbäckerei nutzt die Technik, um während der Produktion die Waffelformen zu reinigen. Insgesamt befinden sich mehr als 200 Geräte weltweit im industriellen Einsatz.

Die Juroren der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Osnabrück sehen in der Entwicklung von Barkhausen und Büchter einen Beitrag zum nachhaltigen Umweltschutz, der sich auch finanziell auszahlt. Im Vergleich zu herkömmlichen Reinigungsverfahren könne der Energieverbrauch um bis zu 87 Prozent gesenkt werden. Insgesamt sei eine Kostenersparnis von bis zu 70 Prozent drin. "Keine andere Technologie kann diese Reinigungsqualität aufweisen", attestiert DBU- Generalsekretär Fritz Brickwedde.

Das Preisgeld in Höhe von 245.000 Euro werde zum großen Teil in den Ausbau der Firma fließen, sagt Büchter. So sei der Kauf des benachbarten Grundstückes geplant. Außerdem soll auf dem Firmengebäude eine Solaranlage installiert werden. "Der Slogan lautet: Sonnenlicht für Laserlicht", lacht Büchter. Die Freude über den Preis sei im ganzen Team "riesengroß".

Ehrenpreis für Michail Gorbatschow

Der Deutsche Umweltpreis ist insgesamt mit 500.000 Euro dotiert. Neben den Handwerkern von Clean-Lasersysteme erhält Rainer Grießhammer, Mitgeschäftsführer des Öko-Instituts Freiburg, ebenfalls 245.000 Euro. Michail Gorbatschow, ehemaliger Präsident der Sowjetunion, bekommt den mit 10.000 Euro dotierten Ehrenpreis.

Grießhammer sei ein vielseitiger Vordenker und Vermittler des Umweltschutzes, der "Leitfuchs des Öko-Instituts", teilte die DBU mit. Der 57-Jährige habe mit dafür gesorgt, dass es heute Ökobilanzen von Haushaltsgeräten, Kunststoffen oder Textilien gebe, mit denen Verbraucher verschiedene Produkte leicht vergleichen können. Sein Verdienst sei es unter anderem auch, dass die Menschen in Deutschland kritischer mit Chemikalien umgingen, und er habe praxistaugliche Vorschläge gemacht, wie jeder seine persönliche Klimabilanz verbessern könne.

Gorbatschow (79) verdanke Deutschland nicht nur die Einheit, stellte die DBU fest. Der Politiker habe sich auch stets für den Umweltschutz eingesetzt, etwa als Schirmherr für das "Grüne Band" entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze oder als Vorsitzender der Umweltschutzorganisation "Green Cross". Nach seinem Ausscheiden aus der Politik habe er sich stets für eine globale Ethik der Verantwortung sowie für eine Einheit von Natur und Mensch eingesetzt.

dpa