Konservative gehen auf Distanz zu Mel Gibson

Konservative gehen auf Distanz zu Mel Gibson
Es ist einsam geworden um Mel Gibson. Einst war der Schauspieler und Regisseur des umstrittenen Spielfilms "Die Passion Christi" (2004) der Liebling evangelikaler Christen in den USA: Sie bewunderten ihn als Leuchtturm des Glaubens im Sündenpfuhl Hollywood, als frommen Familienvater, der konservative Werte hochhielt. Doch seitdem Anfang Juli Tonbandaufnahmen im Internet auftauchten, auf denen Gibson seine Ex-Freundin Oksana Grigorieva übel beschimpfte, gehen Freunde und Bewunderer auf Distanz.
26.07.2010
Von Konrad Ege

Auf den Aufnahmen ist zu hören, wie der 54-Jährige seiner früheren Partnerin mit dem Tod droht, sie schwer atmend rassistisch beschimpft. Auf einem Band räumt der "Max Max"- und "Braveheart"-Darsteller offenbar ein, Grigorieva geschlagen zu haben. Gibson und seine Anwälte haben die Echtheit der Stimmen auf den Bändern nicht bestritten. Klatsch- und Tratsch-Experten stellten die Frage, ob Grigorieva die telefonischen Konfrontationen vielleicht orchestriert hat.

Zweite Totalentgleisung

Es ist bereits Gibsons zweite Totalentgleisung. 2006 hatte Gibson nach einer Festnahme wegen Trunkenheit am Steuer laut Polizeiprotokoll antisemitische Tiraden von sich gegeben. Gibson entschuldigte sich damals umgehend und mehrmals. Er habe Probleme mit dem Alkohol - Antisemit sei er aber nicht.

Konservative christliche Freunde nahmen Gibson damals in Schutz. Er habe "einen der besten Filme dieses Zeitalters" gedreht, lobte der Gründer der evangelikalen Organisation "Focus on the Family", James Dobson. Mel habe um Verzeihung gebeten, und das müsse reichen. Dem angeschlagenen Star gelang eine Art Rehabilitierung. Noch 2007, ein Jahr nach der Festnahme, wurde Gibson bei einer Umfrage der Website beliefnet.com zum "einflussreichsten Christen in Hollywood" gekürt.

Es weht ein anderer Wind

2010 weht ein anderer Wind. Nach den jüngsten Ausbrüchen herrscht Schweigen bei den Evangelikalen. Der christliche Fernsehsender CBN nahm die Tonbandaufzeichnungen vielmehr zum Anlass für eine Sendung über häusliche Gewalt, ein "bedauernswertes Problem", wie Moderatorin Terry Meeuwsen erklärte. Moderatorenkollege Gordon Robertson wunderte sich, dass Gibson auf den Tonbändern "so vollkommen anders" erscheine als zu früheren Zeiten.

"Die Passion Christi" über die letzten Stunden im Leben Jesu Christi wurde von Gibson selbst finanziert. Die großen Studios hatten damals wenig Interesse an religiösen Themen. Heute gilt die Produktion, die wegen antisemitischer Untertöne kritisiert wurde, als erfolgreichster religiöser Film aller Zeiten: "Die Passion Christi" spielte 600 Million Dollar ein.

Konservativer Katholik

Wie Gibson in CBN sagte, verdankt er seinen Erfolg auch evangelikalen Kirchen, die bei der Vermarktung des Films entscheidend mitgeholfen hätten. Gibson selber ist kein Evangelikaler. In Interviews hat er sich als Katholik bezeichnet. Nach Medienberichten gehört er einer konservativen Abspaltung an, die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnt.

Derzeit prüft die kalifornische Polizei, ob Gibson seine Ex-Partnerin wirklich bedroht und geschlagen hat, ob die Tonbandaufnahmen vor einem Gericht verwendet werden dürfen - und ob Grigorieva versucht hat, Mel Gibson zu erpressen. Nach einem Bericht der Zeitung "Hollywood Reporter" wurden die Bänder anscheinend von Grigorievas Schwester an den Internetdienst radaronline.com verkauft.

epd