Wie ein Kochbuch für Hartz IV-Empfänger entstand

Wie ein Kochbuch für Hartz IV-Empfänger entstand
Uwe und Kurt lernen sich bei einem Kurs der Agentur für Arbeit kennen. Schon bald schmieden der ehemalige Autoverkäufer und der ebenfalls arbeitslose Bauunternehmer einen Plan: Ein Kochbuch für Hartz IV-Empfänger wollten sie schreiben. Das ist ihnen gelungen, jetzt beschreiben sie ihre Geschichte und den Weg durch die Hartz-IV-Mühle. Es ist eine hilfreiche Handreichung für jeden, der mit der Bürokratie zu kämpfen hat.
05.07.2010
Von Susanna-Gilbert-Sättele

Es war eine spontane Idee, sie brachte Erfolg, und den hatten die beiden arbeitslosen Hartz-IV-Empfänger Uwe Glinka und Kurt Meier bitter nötig: Ihr Buch "Wir Krisenköche" erzählt vom erstaunlichen und ermutigenden Wandel zweier Hartz IV-Empfänger zu kleinen, aber dennoch selbstständigen Unternehmern. Ihre Idee war neu und nützlich: Ein Kochbuch für den schmalen Geldbeutel von Arbeitslosen im Hartz-Status wollten sie schreiben. Die schwierige Aufgabe war dabei, Rezepte zu erstellen, die keinesfalls 4,33 Euro pro Tag überschreiten durften. Und diese knappe Summe musste für ein Frühstück, den Mittagstisch und ein Abendessen reichen. Außerdem mussten ihre Mahlzeiten warm serviert werden können und ernährungswissenschaftlich ausgewogen sein.

Um es vorwegzunehmen: Die beiden haben es geschafft - zur Freude vieler Menschen, die jeden Tag neu überlegen müssen, woher sie das Geld nehmen, um ihre Familie sattzubekommen. Das Buch liest sich von der ersten bis zu letzten Seite spannend. Denn die beiden ehemals arbeitslosen Autoren haben die Sympathien der Leser auf ihrer Seite. Kennengelernt haben sich Uwe und Kurt bei einem Fortbildungskurs der Agentur für Arbeit. Weil beide älter als 50 Jahre waren, standen die Chancen für einen neuen Arbeitsplatz denkbar schlecht. Also dachten sie sich gemeinsam das Kochbuch-Projekt aus.

Akribischer Weg durch die Instanzen und Lebensmittel-Discounter

Den Betrag von 4,33 Euro für drei Essen am Tag errechneten sie aus dem Hartz IV-Regelsatz. Von den 359 Euro für einen Erwachsenen sind nach den Vorstellungen der Arbeitsverwaltung etwa 130 Euro für Essen und Trinken vorgesehen. Kaum ein Normalverdiener kann sich vorstellen, dass man mit diesem Minibudget klarkommen kann und muss.

"Wir Krisenköche" schildert akribisch, aber auch humorvoll, wie der ehemalige Autoverkäufer und der einst selbstständige Bauunternehmer ihren Job verloren und damit in die Mühlen der Bürokratie gerieten. Ihre Bewerbungen werden von den angeschriebenen Unternehmen noch nicht einmal beantwortet. Die Arbeitsverwaltung war für beide auch nicht der Hit: Außer einigen "Maßnahmen" der Weiterbildung und Qualifizierung, zu denen sie gebeten wurden, passierte nicht viel. Dies alles zu lesen, ist sicher auch für das Gros der Leser hilfreich, die bisher noch nie in diese prekäre Lage gekommen sind. Denn Glinka und Meier beschreiben das Prozedere der Agentur für Arbeit genauestens.

Durchbruch bei Günther Jauch

Auch die Entstehungsgeschichte des Buches wird dargestellt: Zuerst musste geklärt werden, ob es ein solches Kochbuch schon gibt. Denn der Buchmarkt wird überschwemmt mit Rezeptsammlungen, selbst Discounter haben eigene im Angebot. Recht amüsant lesen sich die Passagen, wie die beiden die Billigläden durchstreift haben, um die preisgünstigsten Produkte zu finden. Kein leichtes Vorhaben, denn ihre Rezepte sollten quer durch die Republik nachgekocht werden können. Eigentlich wollten die beiden ihre Sammlung als Broschüre an die Arbeitsverwaltung verkaufen, doch die lehnte ab. Auch die Verbraucherzentralen waren nicht interessiert.

Den Durchbruch brachte Günther Jauch, der die beiden Hartz IV-Empfänger mit ihrer originellen Idee ins Fernsehstudio bat. Eine Hartz IV-Familie musste vorkochen und den Praxis-Test liefern. Alles klappte prima. Zunächst wurden die Broschüren einzeln an Interessierte per Post geschickt. Es folgte "Das Sparkochbuch". "Wir wollen mit unserer Geschichte anderen Arbeitslosen Mut machen, in schwierigen Situationen selbst Initiative zu ergreifen", sagen die Autoren. Das ist ihnen gelungen.

dpa