Sender sollen Konsequenzen aus der Heinze-Affäre ziehen

Sender sollen Konsequenzen aus der Heinze-Affäre ziehen
Der ehemalige Geschäftsführer der MME-Moviement AG, Martin Hoffmann, fordert in einem Interview mit dem "Jahrbuch Fernsehen 2010" mehr Transparenz bei Auftragsvergabe an Produzenten durch Fernsehsender.

Die Fernsehsender sollen strukturelle Konsequenzen aus der Affäre um die ehemalige Fernsehspielchefin des NDR, Doris J. Heinze, ziehen. "Die Modalitäten der Produktionsbeauftragung durch einige wenige, zentrale Entscheider muss transparenter werden", so Hoffmann in einem Interview mit dem aktuellen "Jahrbuch Fernsehen", das am 30. Juni erscheint. "Dies vermindert auch die Abhängigkeit der Produzenten von geschmacklichen Präferenzen einzelner Redakteure, deren Argumentationen zu Besetzung, Buch und Regie gelegentlich innovationshemmend ist."

In dem ausführlichen Interview erzählt Hoffmann unter anderem von seinen Jahren bei Sat.1, den Umständen seiner Entlassung durch Urs Rohner, Besonderheiten in der Zusammenarbeit mit Alexander Kluge, die Entwicklung neuer Formate, den Unterschied zwischen amerikanischen und deutschen Serien und vom Deutschen Fernsehpreis, den er entscheidend mit vorangetrieben hat.

Standardpublikation in der TV-Landschaft

Darüber hinaus bietet das "Jahrbuch Fernsehen 2010" vier Essays, einen ausführlichen Rückblick auf das vergangene Fernsehjahr von Dietrich Leder sowie einen umfangreichen, über 300 Seiten umfassenden Service- und Adressteil für die Medien- und Kommunikationsbranche.

  • Hans-Peter Siebenhaar, Wirtschaftsredakteur des "Handelsblatts", erzählt in seinem Essay "Teleclub, Premiere, Sky ..." die Geschichte des vom Niedergang bedrohten Pay-TV in Deutschland und zeigt Wege auf, wie der kränkelnde Abo-Sender "Sky" doch noch eine wirtschaftliche story of success schreiben könnte.
  • Wie sich das klassische Fernsehen und die TV-Produzenten für die Zukunft im Internet wappnen und versuchen, das unbekannte Terrain für sich zu erobern, beschreibt Jahrbuch-Fernsehen-Redakteurin Sabine Sasse in "Die Jäger des digitalen Schatzes".
  • Der Hamburger Journalist und Buchautor René Martens spürt in seinem Essay "Nach uns die Sintflut" dem Zustand der TV-Fiction im Zusammenhang mit dem Fall Doris J. Heinze nach und fragt, ob die so oft beklagte schwache Qualität der fiktionalen TV-Produktion vor allem strukturelle Ursachen hat.
  • Der FAZ-Redakteur Marcus Jauer geht in seinem Artikel "Zwischen Adler und Ameise" der Frage nach, wie Berichterstattung über Politik im Fernsehen funktioniert und reist einen Tag lang durch den politischen Berichterstattungsbetrieb.
  • Eingeleitet wird der Band mit einem Editorial des Mitherausgebers Lutz Hachmeister. Er analysiert die bedenkliche Situation der Medienseiten und plädiert für eine "einflussreiche, mit den Möglichkeiten des Mediums vertraute, aber nicht allzu komplizenhafte Fernseh- und Medienkritik".

Das nunmehr im 19. Jahr erscheinende "Jahrbuch Fernsehen" mit einem aktuellen Gesamtumfang von 585 Seiten gilt als Standardpublikation und unverzichtbarer Kompass der TV-Landschaft. Herausgeber sind das Adolf-Grimme-Institut, die Deutsche Kinemathek, die Fachzeitschrift "Funkkorrespondenz", das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik und das Institut für Medien- und Kommunikationspolitik.

Zu beziehen ist das "Jahrbuch Fernsehen 2010" über das Adolf-Grimme-Institut. (Dieter Anschlag/Claudia Cippitelli/Lutz Hachmeister/Uwe Kammann/Peter Paul Kubitz/Petra Müller (Hrsg.): Jahrbuch Fernsehen 2010. Marl/Berlin 2010, 585 Seiten, Broschur, 34,90 Euro, ISBN: 978-3-9813465-0-3; ISSN 0949-999)

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