TV-Tipp: "Der Bremerhaven-Krimi: Tödliche Fracht"

© Getty Images/iStockphoto/vicnt
14. Dezember, ARD, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Der Bremerhaven-Krimi: Tödliche Fracht"
Das Beste an "Tödliche Fracht" ist die ausgezeichnete Bildgestaltung, zumal Kameramann Hannes Hubach sein Arbeitsgerät gerade in den Terminal-Szenen regelrecht entfesselt hat; diese Szenen sind dank häufiger Perspektivwechsel ohnehin sehr dynamisch.

"So haben die Zuschauenden den Norden noch nicht gesehen", bewirbt Radio Bremen diesen Auftakt einer möglichen neuen Krimireihe. Die Aufnahmen vom Container-Terminal haben zwar bereits den letzten Bremer "Tatort" ("Donuts", 2023) bereichert, aber die Bilder der vollautomatisch funktionierenden Anlage sind immer wieder faszinierend. Wenn die wie von Geisterhand gesteuerten Container-Carrier emsig durch die Reihen der gestapelten Großraumbehälter flitzen und tonnenschwere Kästen von A nach B transportieren, drängt sich unwillkürlich die Vorstellung auf, dass die Maschinen auch in ferner Zukunft noch ihren Dienst verrichten werden, wenn die Menschheit längst nicht mehr existiert. Schon allein der Schauplatz des "Bremerhaven-Krimis" ist also das Einschalten wert, aber die Geschichte (Buch: Nils-Morten Osburg, Rainer Butt) ist ebenfalls interessant: Bislang ist das Kokain aus Südamerika über Rotterdam nach Europa gelangt, doch nun haben die niederländischen Behörden die Kontrollen verschärft; daher weichen die Kartelle nach Bremerhaven aus.

Der Film beschreibt die Arbeit einer kürzlich gegründeten Sondereinheit Organisierte Kriminalität. Deren Mitglieder verfügen nicht nur über jeweils spezielle Fähigkeiten, sondern auch über unterschiedliche Temperamente. Lisa Cunningham (Cynthia Micas) ist neu dabei, was Katta Strüwer (Elena Uhlig), Mutter der kleinen Kompanie, die Gelegenheit gibt, die Kollegin und somit auch das Publikum über die Aufgaben des Teams zu informieren. Lisa ermittelt gern auf eigene Faust und geht dabei oft gewisse Risiken ein. Der erfahrene Zollfahnder Gero von Bernbeck (Bernd Hölscher) muss ihr gleich mal das Leben retten, als sie beinahe von einem Carrier erfasst wird. Viertes Teammitglied ist IT-Experte Sven-Erik (Lukas Zumbrock), der nach winzigen Unregelmäßigkeiten in den Frachtpapieren Ausschau hält, um die Nadeln in diesem riesigen Heuhaufen zu finden. Zentrale Figur außerhalb der Ermittlungsgruppe ist Dmitri (Bogdan Iancu) aus Moldawien. Der Junge hält sich illegal in Deutschland auf und wird bereits im Prolog eingeführt, als er offenbar einen Mann erschießt; dann folgt eine lange Rückblende. Das Opfer ist ein Spediteur (Steve Windolf), der einen leichtfertig eingegangenen Pakt mit dem Teufel beenden will; selbstredend ein frommer Wunsch. Ziemlich kühl und distanziert beschreibt der Film, wie kaltblütig der hiesige Gangsterboss (Michael Pink) reagiert, wenn Menschen nicht so funktionieren, wie ihm das vorschwebt. 

Vom ohnehin wenig originellen Arbeitstitel "Grenzland – Der Nordsee-Krimi" musste sich Radio Bremen verabschieden, weil sich RTL bereits ein "Nordsee-Krimi"-Copyright gesichert hatte, aber davon abgesehen zeichnet sich der mutmaßliche Reihenauftakt durch das Alleinstellungsmerkmal des spektakulären Drehorts aus. Normalsterbliche haben keinen Zutritt zum Containerterminal, das niemals Pause macht; das macht die dort gedrehten Szenen, darunter zwei Verfolgungsjagden, noch eindrucksvoller. Entsprechend groß ist die Dankbarkeit von Nicolai Rohde, der unter anderem die beiden sehenswerten "Julia Durant ermittelt"-Krimis (2019, Sat.1) gedreht hat: Sowohl Terminal-Betreiber Eurogate wie auch der Zoll waren äußerst kooperativ. Umso seltsamer, dass eine Zollbootszene mittendrin abbricht, als das Team auf dem Meer vor Bremerhaven die Übergabe einer großen Lieferung Rauschgift vereiteln will. Ungewöhnlich sind auch zwei weitere Schauplätze: Das Team hat sein Hauptquartier in einem Richtfunkturm mit imposanter Aussicht, und Lisa wohnt in einem architektonisch reizvollen Fischlokal, das im Winter geschlossen hat. 

Lichtsetzung und Farbgebung sorgen für eine bemerkenswerte Optik, die packende Thriller-Musik (Johannes Kobilke und Philipp Kobilke) beschert den Bildern die passende Untermalung. Autor Osburg ist ein weiterer Garant für fesselnde Unterhaltung: Filme nach seinen Drehbüchern, darunter zuletzt neben einem ausgezeichneten "Spreewaldkrimi" über eine mögliche Mörderin mit multipler Persönlichkeit ("Die siebte Person", 2023) vor allem zwei Romanadaptionen mit Henry Hübchen ("Tage des letzten Schnees" / "Das Licht in einem dunklen Haus", 2020/22, ZDF), sind in der Regel immer sehenswert. Ob es eine Fortsetzung geben wird, hängt vom Erfolg des PiIotfilms ab.