Der marktbesoffene Kulturchef

Der marktbesoffene Kulturchef

Agiert die „Meute“ der Wulff-Berichterstatter mittlerweile „schlimmer als damals“, nur „mit umgekehrtem Vorzeichen“? Haben die Medien Thilo Sarrazins Stammtisch-These von der Dominanz linksorientierter Journalisten „anschlussfähig gemacht“? Werden die „totalitären Tendenzen des Internets“ eine zentrale Rolle im Europa-Wahlkampf spielen? Ist es angesichts der Enthüllungen über die Webcam-Spionage des britischen Geheimdienstes „höchste Zeit“ für Druck seitens der EU? Außerdem: Animierte Sequenzen im Dokumentarfilm erweitern die Möglichkeiten des dokumentarischen Erzählens.

Zum möglicherweise letzten Mal dürfen wir uns heute in sehr ausführlicher Form mit dem Themenkomplex Wulff und die Medien befassen. Als Gossip-Freunde steigen wir natürlich gern mit einer liebevollen Attacke Hans-Martin Tillacks ein, der in einem Kommentar zum gestrigen Wulff-Freispruch bei stern.de schreibt:

„Selbst einer der engagiertesten Verteidiger Christian Wulffs, der SZ-Journalist Hans Leyendecker, rechnete noch im August 2013 damit, ‚dass ein Freispruch am Ende nicht erfolgen wird‘. Der Kollege schrieb das auf Basis einer offenbar recht intensiven Kenntnis der Ermittlungsakten.“

In der jüngeren Vergangenheit änderte sich dagegen die Meinung in der Branche. „Viele Kollegen, meint Tillack, hatten „längst entschieden“, dass das Urteil nur „unschuldig“ lauten könne. Der Stern-Mann schreibt weiter:

„In den vergangenen Tagen war viel von der Medienmeute die Rede, die den damaligen Präsidenten im Februar 2012 zum Rücktritt getrieben habe. Doch bei dieser angeblichen Kampagne kann auch heute keiner behaupten, dass zentrale Vorwürfe falsch oder erfunden waren. Keine der tausenden von Zeilen, die zum Beispiel der Stern damals zu den Affären des Christian Wulff veröffentlichte, wurde vor Gericht attackiert. Nicht so weit her war es mit der Faktentreue dagegen ausgerechnet bei der Welle von unterstützenden Artikeln, die Wulffs Freunde und Verteidiger jetzt im Vorfeld und während des Prozesses lancieren konnten.“

Eine Botschaft, die in dem Text steckt, lautet, dass das Urteil eines Landgerichts - das Tillack im Übrigen richtig findet - nicht unbedingt dazu taugt, retrospektiv die Qualität journalistischer Berichterstattung zu bewerten. Mit dem Kommentar knüpfte der G+J-Redakteur daran an, was er bereits am Mittwoch dem NDR-Medienmagazin „Zapp“ gesagt hatte. „Zapp“-Redakteur Steffen Grimberg hat das Gespräch so zusammengefasst:

„Erstaunlich (...) ist die große Zahl prominenter Journalisten, bei denen in den letzten Monaten die Selbstkritik in Selbstanklage übergegangen ist. Für den Stern-Redakteur Hans-Martin Tillack, der als Mitglied des Investigativ-Teams des Magazins auch über Wulff recherchierte, eine nicht nachvollziehbare Entwicklung. ‚Die Meute ist jetzt schlimmer als damals - mit umgekehrtem Vorzeichen.‘“

Gaaanz anders sieht es Christoph Seils, der für cicero.de kommentiert. Selbstanklagen hat er jedenfalls nicht vernommen:

„Die Pharisäer in den Redaktionsstuben und Parteibüros haben sich längst exkulpiert, auf Kosten von Christian Wulff. Journalistische Selbstkritik gab es allenfalls in Maßen. Und um die eigene Verantwortung im Fall Wulff herunterzuspielen, verweisen Journalisten stattdessen unermüdlich auf die fragwürdige Nähe des niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff zu Lobbyisten und Wirtschaftsmanagern. Auf die vielen Ungereimtheiten bei der Finanzierung seines Privathauses oder eine fragwürdige Sponsorensuche. Dabei (wog) keiner (...) dieser Vorwürfeso schwer, dass es gerechtfertigt gewesen wäre, ihn aus dem Amt zu treiben. Warum Deutschland vor zwei Jahren am Rande einer Staatskrise stand, lässt sich kaum noch nachvollziehen. Weil viele Journalisten dies zumindest ahnen, verweisen sie zusätzlich noch darauf, dass sich Christian Wulff in der Affäre schließlich ziemlich schlecht verteidigt habe und blenden dabei Ursache und Wirkung aus."

Für die taz hat Lan-Na Grosse den hauptberuflich für den MDR malochenden Wulff-Buchautor Michael Götschenberg interviewt. Der sagt:

„Spätestens ab Mitte Januar 2012 waren alle Vorwürfe auf dem Tisch und es ging erkennbar nur noch darum, die Affäre mit allen denkbaren Mitteln am Laufen zu halten. Im Präsidialamt gingen die absurdesten Fragen ein: zum Beispiel ob zutreffend sei, dass Wulff bei seiner Wahl zum Schülersprecher Mitschüler mit After Eight bestochen habe. Als letztes Mittel folgte der Druck auf die Justiz, endlich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten (...) Zum einen ging es ganz einfach um Quote und Auflage, also um ökonomische Gründe – die Affäre Wulff hat sich über Wochen hinweg sehr gut verkauft. Zum anderen würde ich sagen, dass in den Medien einige davon überzeugt waren, dass Wulff die falsche Besetzung für das Amt des Bundespräsidenten war, dass er dem Amt nicht gewachsen war.“

[+++] Bleiben wir in der Politik, kommen aber zu einem Neueinsteiger: Kulturstaatssekretär bzw. praktisch Kultursenator (Die Welt) bzw. „Kulturchef“ (turi2) in Berlin wird der Genosse Tim Renner. Der frühere Universal-Music-Boss war zuletzt sowohl als Produzent als auch als Moderator für den noch nicht ganz toten Kanal ZDFkultur im Einsatz, und er moderiert weiterhin bei Radio Bremen. Vor allem aber ist er seit einigen Jahren als Hansdampf in allen Diskursgassen von Digitalien und Analogistan unterwegs. Und eines wollen wir natürlich auch nicht vergessen:

„Tim Renner ist übrigens der jüngere Bruder von Medien-Insider Kai-Hinrich Renner“,

wie es turi2 in unnachahmlicher Weise formuliert. Wenn die dort Kai-Hinrich Renner (der in einem Tagesspiegel-Porträt des neuen Staatssekretärs heute „Karl-Hinrich“ heißt) nicht mindestens alle 14 Tage „Medien-Insider“ nennen, schaltet sich wahrscheinlich die Website automatisch ab.

„Die jungen Milieus in den Szenekiezen Ost wie West haben nun mit Renner einen von sich im Senat sitzen“,

glaubt Welt-Deuter Ulf Poschardt. Wir wissen natürlich nicht, wie gut Poschi die „jungen Milieus“ kennt, riskieren aber mal die These, dass diese Milieus das etwas anders sehen.

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Von der Pressekonferenz, bei der Renner vorgestellt wurde (und bei der dieses Bild nicht entstand), zitiert der Tagesspiegel eine Äußerung des Inthronisierten:

„Diese Stadt wird maßgeblich durch Kreative und Kulturschaffende bestimmt. Sie sind der Rohstoff. Sie sind der Grund, warum die Touristen kommen.“

Wir nehmen das zum Anlass, an dieser Stelle heute ausdrücklich unsere zahlreichen Rohstoffe aus Berlin zu begrüßen - wobei wir es vorziehen werden, auch in Zukunft lieber von Lesern zu sprechen.

Jens Balzer berichtet in der Berliner Zeitung nicht nur von der Pressekonferenz, er lässt auch einfließen, was seit einiger Zeit die Spatzen von den Dächern der hiesigen Popkulturbetriebe pfeifen:

„Das Interesse am politischen Amt – auch das muss man an dieser Stelle erwähnen – (könnte) ebenfalls damit zu tun haben, dass sein Stern als Musikmanager in den Nullerjahren doch deutlich sank.“

Sollte da was dran sein, wäre das erfreulich für all jene, die ihre besten Jahre hinter sich haben, können sie sich doch damit trösten, dass es zumindest die Option gibt, noch weit oben im Politikbetrieb einzusteigen. Jedenfalls, sofern sie rechtzeitig in die richtige Partei eintreten. Renner hat dies im vergangenen November getan - eine Information, die FAZ-Redakteur Tobias Rüther in seinem Text dramaturgisch geschickt am Schluss platziert.

„Das meistgebrauchte Wort in der Vorstellungsrunde“ sei „Kreativwirtschaft“ gewesen, informiert uns Jens Balzer des weiteren. Ohne es zu ahnen, hat Franz Schandl für den Freitag die ideale Replik auf Renners Inthronisierung geschrieben:

„Das Begriffsbombardement der Marktbesoffenheit lässt uns ja inzwischen von Denkfabriken und Kreativwirtschaft sprechen. Creative industries? Das klingt professionell, ist aber ideologisches Getöse. Das Schöpferische und das Fleißige passen nicht zusammen. Das ist Antagonismus pur. Die substanzielle Potenz der Kunst ist der Müßiggang.“

[+++] Sehr viel weniger zu melden als Renner hat in der SPD derzeit Thilo Sarrazin, der aber bekanntlich jenseits der Partei alles andere als einflussarm ist. Kyrosch Alidusti hat für Carta analysiert, wie sehr Sarrazins Phantasma eines von linksorientierten Journalisten dominierenden Medienbetriebs in Leserkommentaren (etwa bei der FAZ) niederschlägt - und dass dies wiederum auch Auswirkungen auf journalistische Beiträge hat:

„Wer hat nicht schon Stammtischmeinungen über linksliberale Lehrer, linke Hochschullehrer, linke Journalisten gelesen, die angeblich die Institutionen und die Gesellschaft dominieren? Ich frage mich dann regelmäßig, wo sind sie denn? Doch die Schwierigkeit an der jetzigen Debatte ist, dass die Medien Sarrazins Stammtisch-These selbst anschlussfähig gemacht haben.“

Als Anschlusslektüre empfiehlt sich, zumindest für Georg-Seeßlen-Fans und Psychologie-Interessierte, eine Doppelseite zum neuen Sarrazin im Freitag:

„Eigentlich möchte ich weder unhöflich noch indiskret sein, auch nicht gegenüber jemandem, den ich nicht mag. Aber bei Thilo Sarrazins aktuellem Buch ‚Der neue Tugendterror‘ gelingt es mir nicht, Ideen, Argumente, Polemik meinethalben zu entdecken, die sich nicht auf die Grundkonstanten der rechten Phantasmen zurückführen lassen.“

Wobei interessant wäre, ob die Medienmenschen, die nun Sarrazin, um auf den Carta-Beitrag zurückzukommen, „anschlussfähig gemacht“ haben, diese „Phantasmen“ aus ökonomischen und/oder opportunistischen Gründen reproduzieren, oder ob die Phantasmen für sie, so seltsam das klingen mag, quasi real sind.

[+++] Meines Wissens nicht bekannt ist, wie Thilo Sarrazin eigentlich „Unsere Mütter, unsere Väter“ fand. Es lässt sich ja durchaus etwas Positives über diesen Dreiteiler sagen, zum Beispiel, dass er beinahe ein Jahr nach seiner Erstausstrahlung im ZDF noch extensive Abhandlungen herausfordert. Eine von Christoph Classen, rund 52.000 Zeichen stark, ist gerade in der Februar/März-Ausgabe der Zeitschrift Mittelweg 36 erschienen. eurozine.com hat den Beitrag republiziert:

„Diskursiv ordnet sich der Film nahtlos in die Täter-Opfer-Dialektik der Nachwendezeit ein, mit einem deutlichen Akzent auf der Sicht des Opfers. Das gesellschaftliche Bedürfnis nach historischer Orientierung, das sich aus einer als schnelllebig empfundenen Gegenwart und den damit verbundenen Zukunftsängsten speist, schafft eine Nachfrage, die das ZDF in seinen Geschichtssendungen schon seit den 1980er Jahren mit Bemühungen um die nationale Identitätsbildung bedient. Dies scheint sich nach dem Ende der Ära Knopp im fiktionalen Bereich fortzusetzen. Fraglich bleibt allerdings, ob ein Format, das derart auf möglichst breite Akzeptanz angelegt ist wie das historische Event-TV, überhaupt vermeiden kann, zeitgeistige affirmative Geschichtsbilder und -mythen im nationalen Raum zu beschwören. Welche Risiken und Nebenwirkungen ein solches Vorgehen birgt, unter anderem für die europäische Verständigung, kann man an diesem Beispiel eindrucksvoll studieren."

Das rockt doch gar nicht übel.

[+++] Interesse an halbwegs überraschenden Meinungen zum Thema Rundfunkbeitrag? Die sind so leicht ja nicht zu finden. Heute aber in der Funkkorrespondenz. Volker Nünning plädiert dort dafür, den Beitrag nicht zu senken:

„Die Länder, die eine Absenkung wollen, müssen (...) jene, die dagegen sind, ins Boot holen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es zwischen den Ländern in puncto künftiger Beitragshöhe zu einem Paketdeal kommt, der Beschlüsse zu anderen Rundfunkthemen miteinschließt. Hier käme insbesondere das von ARD und ZDF geplante crossmediale Jugendangebot in Betracht, dem zuletzt die Ministerpräsidenten Seehofer und Tillich kritisch gegenüberstanden. Bremen und das Saarland wollen ferner darauf drängen, dass ihre Landessender, also Radio Bremen und der Saarländische Rundfunk, künftig ausreichend finanziert werden. Sollte die Finanzausstattung der beiden kleinsten ARD-Anstalten nicht dauerhaft gesichert werden, dann dürften Bremen und das Saarland einer Beitragssenkung kaum zustimmen (...) Ein Teil der Politiker will die gerade günstige Gelegenheit nutzen, für die jeweilige Landesrundfunkanstalt eine finanzielle Absicherung durchzusetzen; ein anderer Teil will mit dem Thema Beitragssenkung im Wahlkampf beim Bürger punkten. Statt auf einen populistischen Schnellschuss zu setzen, wäre es der Sache jedoch angemessener, das neue Rundfunkbeitragssystem in Ruhe und mit Sorgfalt zu analysieren und dann wie auch immer geartete Korrekturen auf der Basis von substanziellen Ergebnissen vorzunehmen.

[+++] Beigetragen haben die deutschen Rundfunkbeitragszahler auch zum Zustandekommen „eines der wichtigsten Dokumentarfilme der letzten Jahre". Die Rede ist von „Camp 14“, der das Schicksal eines ehemaligen Arbeitslagerinsassen in Nordkorea dokumentiert. Fritz Wolf macht in epd medien (Seite 3 bis 5) schon einmal neugierig auf den Film, der am kommenden Mittwoch bei arte läuft. Er sei „exemplarisch für eine neue Form des Arbeitens im Dokumentarfilm. Die erinnerten Szenen aus dem Arbeitslager zeigt der Film in animierten Bildern“, schreibt Wolf, „Camp 14“ sei

„eines der jüngeren Beispiele dafür, dass die Verschwisterung des dokumentarischen Films und des Animationsfilms,in zwei Richtungen eine große Bereicherung sein kann. Sie erweitert die Möglichkeiten des dokumentarischen Erzählens“.

Als weiteres Beispiel nennt er unter anderem den für den Grimme-Preis nominierten Film „Betongold“


ALTPAPIERKORB

[+++] Dass „innerhalb von sechs Monaten“ 1,8 Millionen Yahoo-Nutzer Opfer von Webcam-Spionage-Aktivitäten des britischen Geheimdienst GCHQ geworden sind, berichtet unter anderem netzpolitik.org. Marin Majica kommentiert bei Zeit Online: „Die Bildersammelwut des GCHQ tritt mit Füßen (sic!), was viele Menschen in Europa ganz selbstverständlich als Recht auf Privat- und Intimsphäre von ihren Staaten einfordern. Es wäre höchste Zeit dafür, dass die anderen Mitglieder Europas das London endlich auch deutlich spüren lassen.“ Über andere, nämlich quasi klassisch cyberkriminellen Formen der Webcam-Überwachung schreibt Jonas Rest in der Berliner Zeitung.

+++ „In einer Gesellschaft, in der die Logik der Ökonomie dominiert, nimmt es nicht wunder, dass sich auch die Sprache zusehends vulgäreren Vokabulars bedient“ - so steigt David Schuh in der Titanic (Seite 26/27) in einen Text ein, in dem er die sehr häufige journalistische Verwendung der Formulierung „muss liefern“ glossiert - siehe, um mal drei Beispiele aus dem Artikel herauszugreifen, „Jetzt muss Gauck liefern“ (SpOn), „Putin muss liefern“ (süddeutsche.de) oder „Die Bundesliga muss liefern“ (Handelsblatt)“.

+++ Die FAZ lobt auf ihrer Medienseite überschwänglichst die Rede, die der sozialdemokratische Europaparlamentspräsident Martin Schulz „zur Verleihung der Ehrendoktorwürde der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe“ gehalten hat. „Bürger, so Schulz, hätten das Recht auf Transparenz gegenüber den Algorithmen, die ihnen Werbung, Meinungen, Inhalte vorsortieren (...) Dass mit der digitalen Revolution die Grundpfeiler des Humanismus – Freiheit, Individuum, Gerechtigkeit, Transparenz – in Frage stehen, ist für Schulz ein klares Argument für Europa. Denn Nationalstaaten können dieser ‚Bedrohung für unsere Freiheit‘ nicht mehr begegnen (...) Dass ein Politiker die demokratische Antwort auf die totalitären Tendenzen des Internets ins Zentrum der Debatte rückt und seinen Wahlkampf fürs Europaparlament darauf aufbaut, ist etwas völlig Neues im politischen Geschäft.“

+++ Was die sinkende TV-Nutzung in den USA für die Wahlwerbung im Fernsehen bedeutet, analysiert Clay Shirky für Politico. Eine kurz Gegenposition des ehemaligen Mitt-Romney-Beraters Stuart Stevens ist in den Text eingeklinkt. „Campaigning hasn’t changed as much as you might think.“

+++ Über „die Dummheit der Gema-Hasser“ ärgert sich Jan Stremmel (jetzt.de).

+++ Für die taz habe ich über das weitreichende Düsseldorfer OLG-Urteil in Sachen Pressevertrieb geschrieben (siehe auch Altpapier von Donnerstag sowie epd medien, Seite 9).

+++ Franziska von Malsen stellt auf der SZ-Medienseite „alternative Filmplattformen“ wie Mabu vor: „Während Netflix seinen Einstieg in den deutschen Markt vorbereitet und damit die Anbieter in Deutschland wie Watchever, Amazon Prime, Snap von Sky oder Maxdome nervös macht, bauen kleine Nischenangebote (...) neue Geschäftsideen jenseits des Konzepts möglichst vieler Mainstreamfilme für möglichst wenig Geld. Sie heißen Alleskino, Realeyz – oder eben Mubi. Die Plattform mit Büros in London, München, Istanbul und Palo Alto hat nur dreißig Filme im Sortiment. Täglich wird ein alter durch einen neuen ersetzt. Internationale und deutsche Independent- und Autorenfilme sind das, auch mal Klassiker der Filmgeschichte.“

+++ Apropos SZ: Ein interessantes Detail zu den unterschiedlichen Versionen der Karikatur zum Thema Facebook/Whatsapp (siehe Altpapier) hat die Jüdische Allgemeine parat. Pascal Beucker zitiert den Zeichner Burkhard Mohr so: „Der Chefredakteur, der die Idee mit mir entwickelt hatte, bekam nach Rücksprache mit der Redaktion Bedenken, die ich sofort teilte.“ Dass Chefredakteur gemeinsam mit Karikaturisten „Ideen entwickeln“, dürfte bei anderen großen Medien wohl nicht vorkommen.

+++ Zum Thema Kennzeichnungspflicht für Scripted-Reality-Formate (siehe Altpapier von neulich, weit unten im Korb) kommt die weitreichendste Forderung von den Piraten im schleswig-holsteinischen Landtag. „Sie plädierten dafür, Scripted-Reality-Formate während ihrer gesamten Dauer als solche auszuweisen. Hinweise am Anfang oder Ende einer Sendung hätten ‚nur einen geringen Informationseffekt, da oftmals zwischen den gleichzeitig laufenden Sendungen hin- und hergeschaltet‘ werde“, berichtet die Funkkorrespondenz

+++ „Österreich verliert eine von 15 reinen Kauftageszeitungen“, schreibt Der Standard. Es geht um die insolvente Kärntner Tageszeitung (KTZ), die am heutigen Freitag zum letzten Mal erscheint. Einen gewissen kriminalistischen Touch hat die traurige Geschichte auch: „Eigentümer (Dietmar) Wassermann tauchte vor wenigen Wochen unter, als das Oberlandesgericht Graz seine Auslieferung nach Deutschland bestätigte, wo er nach eigenen Angaben früher zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.“

+++ Um jetzt mal zu positiveren Nachrichten zu kommen: Alexander Becker (meedia.de) war am Mittwoch bei einer „großen Verlagssause“, veranstaltet vom Wirtschaftsmagazin Impulse, das seine „schwarzen Zahlen“ feierte, die man - ein Jahr, nachdem Chefredakteur Nikolaus Förster das Blatt Gruner + Jahr abgekauft hat - präsentieren kann; „Im Vergleich zu vielen anderen Verlagen gelang das solide Ergebnis im schwierigen Jahr 2013 nicht durch Kürzungen bei den Mitarbeiterkosten. So wechselten vor einem Jahr 15 Festangestellte aus Redaktion und Verlag sowie zwei Volontäre und drei Aushilfen von Gruner + Jahr zum Verlegerneuling. Davon sind noch immer 15 Mitarbeiter an Bord. Zudem stellte Förster 18 neue Mitarbeiter ein.“

+++ Und im „Chancen“-Ressort der Zeit (Seite 75) stellt Linda Tutmann das niederländische Online-Magazin De Correspondent vor: „Noch nie hat ein journalistische Projekt durch Crowdfunding mehr Geld eintreiben können.“ Nämlich 1,7 Millionen Dollar. Das Magazin wurde beim Online-Ableger des Wochenblatts vor zehn Monaten schon einmal gewürdigt.

Neues Altpapier gibt es wieder am Montag.

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