Künstler kämpfen um ihre Altersvorsorge

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Künstler kämpfen um ihre Altersvorsorge
Die Künstlersozialkasse (KSK) sichert Rente und Krankenversicherung Tausender Freischaffender in Deutschland. Da immer weniger Unternehmen ihre Abgabe leisten, ist das Modell in Gefahr. Nun soll ein Gesetz die KSK schützen.
05.08.2013
epd
Tanja Tricarico

Sie ist die Altersvorsorge von Musikern, Zauberern, Fotografen und Reportern: Seit 30 Jahren versichert die Künstlersozialkasse die freien Kreativen Deutschlands. Für die meisten Versicherten ist die Kasse lebensnotwendig: Die Künstler zahlen die Hälfte der Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein; die andere Hälfte wird zu 40 Prozent vom Bund finanziert, die restlichen 60 Prozent kommen von Firmen und Institutionen, die die Künstler beauftragt haben wie Verlage, Galerien und Konzertveranstalter.

Dieses europaweit einzigartige Versicherungsmodell ist gefährdet. Zurzeit zahlen rund 180.000 Mitglieder aus mehr als 100 verschiedenen Berufen in die Kasse ein. Das sind knapp 50.000 mehr als vor zehn Jahren. Mit den rasant steigenden Mitgliederzahlen müsste sich auch die Höhe der Zahlungen durch die Unternehmen der Kultur- und Medienbranche erhöhen. Doch genau das ist nicht der Fall.

Unternehmen sollen stärker und flächendeckend kontrolliert werden

"Wir brauchen eine gesetzliche Regelung, die vorschreibt, alle vier Jahre alle Unternehmen zu prüfen", sagt Ines Stricker vom Deutschen Tonkünstlerverband. Bleibt es jedoch bei der bisherigen sporadischen Kontrolle, müsse der Bund mit höheren Beiträgen einspringen. Damit würde automatisch die Abgabe der einzahlenden Verwerter steigen. Der Verband hat deshalb eine Petition eingebracht, die von der Bundesregierung eine solche Pflicht einfordert. Die Frist für die Petition endet am Dienstag. Die erforderliche Mindestzahl von 50.000 Unterschriften wurde bereits überschritten.

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Mit der Novelle des Künstlersozialabgabegesetzes 2007 hat die Deutsche Rentenversicherung die Aufgabe übernommen, zu prüfen, ob die Firmen ihre Abgabe leisten. Kontrolliert wird aber nicht flächendeckend. Schätzungen des Bundesarbeitsministeriums zufolge entgehen der KSK dadurch bis zu 50 Millionen Euro im Jahr.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte deshalb vorgeschlagen, die regelmäßige Kontrolle per Gesetz zu regeln. Der Vorstoß scheiterte allerdings innerhalb der Koalition. "Die Bundesregierung war auf dem richtigen Weg", sagt Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. "Ohne eine kontinuierliche Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung werden die ehrlichen Unternehmen bestraft und müssen letztlich mehr bezahlen." Er rechnet damit, dass bereits im kommenden Jahr der Beitrag auf fünf Prozent steigen wird. "Das ist kein gutes Zeichen", sagt Zimmermann. Die Solidarität zwischen Künstlern und Verwertern dürfe nicht zu sehr belastet werden.

Zu den Zahlungspflichtigen gehören Verlage, Rundfunkanstalten, Theater, Galerien oder Konzertveranstalter. Auch für jeden selbstständigen Grafiker, der die Webseite gestaltet, für jeden freien Texter, der den Inhalt der Unternehmensbroschüre liefert, oder für die Rockband, die auf dem Firmenfest auftritt, muss eine Künstlersozialabgabe geleistet werden. Zurzeit sind das 4,1 Prozent vom jeweiligen Honorar.

Wirtschaft fürchtet Kostenexplosion

Was die Rente Tausender Kreativer sichert, stößt vor allem bei der Industrie- und Handelskammer und bei Wirtschaftsverbänden auf Unmut. Dort fürchtet man eine Kostenexplosion. Über den Widerstand aus der Wirtschaft kann sich Stricker vom Tonkünstlerverband nur wundern: "Würden die Unternehmen die Kreativen für ihre Leistungen fest anstellen, fielen deutlich höhere Sozialabgaben an."

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Gibt es keine gesetzliche Regelung für die Überprüfung, prophezeit Stricker Düsteres. "Für die Kreativen wird es eng", sagt sie. "Viele verdienen wenig und werden sich daher wahrscheinlich eine private Vorsorge nur schwer leisten können." Nach Angaben der KSK verdienen die Versicherten im Durchschnitt 14.557 Euro brutto im Jahr.

Die Petition der Künstler hat bisher rund 63.000 Unterzeichner. Nun liegt es im Ermessen des Petitionsausschusses, ob es zu einer öffentlichen Anhörung kommt. Der Bundestag wird sich in der nächsten Legislaturperiode erneut mit dem "Fall KSK" befassen müssen.