EKD-Chef Schneider will von Familienpapier nicht abrücken

EKD-Chef Schneider will von Familienpapier nicht abrücken
Mit einem Grundsatzpapier wirbt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) für eine Ausweitung des Familienbegriffs. Kritiker laufen Sturm, doch EKD-Chef Schneider lehnt Änderungen an der Orientierungshilfe ab.

Der Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider hält an den umstrittenen familienpolitischen Aussagen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) fest. Änderungen an der sogenannten Orientierungshilfe lehne er ab, sagte Schneider. Nach dem Mitte Juni veröffentlichten Papier, das der Rat der EKD verabschiedet hat, sind alle Familienformen gleichermaßen wie die Ehe zwischen Mann und Frau zu unterstützen. Auch mehrere evangelische Landesbischöfe stellten sich hinter das Papier.

Schneider: "Kein Abschied von der Hochschätzung der Ehe"

Schneider sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagsausgabe), die neue Veröffentlichung stelle keinen Bruch mit der bisherigen Haltung der evangelischen Kirche dar, es gebe keinen "Abschied von der Hochschätzung der Ehe". Es gehe um ein Festhalten an der Ehe "und ein Ausweiten ihrer entscheidenden Werte auf andere Formen von Familie".

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In der Orientierungshilfe mit dem Titel "Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken" fordert der Rat der EKD, alle Familienformen anzuerkennen und zu fördern und schließt dabei auch etwa Patchworkfamilien und homosexuelle Partnerschaften ein. Konservative Protestanten und Katholiken kritisieren das Papier, weil es in ihren Augen die traditionelle Ehe zwischen Mann und Frau entwertet und die Ökumene schwer belastet. Auch aus evangelischen Landeskirchen kam Kritik, unter anderem weil diese sich bei der Entstehung des Papiers nicht ausreichend berücksichtigt sahen.

Schneider wies diesen Vorwurf zurück. "Es wäre sehr unpraktisch, wenn die Arbeitsergebnisse einer EKD-Kommission vor ihrer Veröffentlichung von allen Landeskirchen freigegeben werden müssten", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Gleichwohl räumte er ein, dass die evangelischen Landesbischöfe früher den Text der Orientierungshilfe hätten erhalten sollen. Diese hatten sich insbesondere darüber beschwert, dass Vertretern der katholischen Kirche der Wortlaut des Papiers früher bekannt war.

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Schneider sprach sich in dem Zeitungsinterview für eine kritische Sicht auf das Familienbild der Bibel aus: "Die Ehefrauen gehören dem Mann, sie haben gehorsam zu sein. Von Geschlechtergerechtigkeit sind wir hier weit entfernt." Auch in dieser Hinsicht sei es gut, "Familie neu zu denken", sagte Schneider.

Ulrich: "Die Orientierungshilfe entwertet die Ehe nicht"

Nordkirchen-Bischof Ulrich schreibt in einem Gastbeitrag für die "Kieler Nachrichten" (Samstagsausgabe), familiäre Strukturen befänden sich derzeit "in einem starken Wandel". Dieser Wandel müsse nüchtern zur Kenntnis genommen werden. "Unsere Kirche setzt sich dafür ein, dass das familiäre Zusammenleben geschützt, unterstützt und gestärkt wird", bekräftigte er. Dazu sei die aktuelle EKD-Orientierungshilfe "ein wichtiger Beitrag".

"Die Orientierungshilfe entwertet die Ehe nicht", unterstrich Ulrich. Ausdrücklich werde die Rechtsform der Ehe "als Stütze und Hilfe" weiterhin gewürdigt.

Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sagte am Sonntag in einer Predigt, bei aller Wertschätzung für Ehe und Familie sollten die anderen verbindlichen Lebensformen, die in der Gesellschaft entstanden seien, nicht ignoriert oder abgelehnt werden. Die Ehe sei zwar "ein Leitbild und ein Zukunftsmodell", es sei aber wichtig, die gesellschaftlichen Veränderungen wahrzunehmen.

Fischer: Bürgerliche Ehe nicht aus Bibel ableitbar

Der badische Landesbischof Fischer sagte mit Blick auf die Kritik an dem EKD-Familienpapier, aus der Bibel könne man "keinesfalls die bürgerliche Ehe, wie wir sie heute kennen, ableiten". Diese habe zu biblischen Zeiten noch gar nicht existiert, sagte er der "Badischen Zeitung" (Wochenendausgabe). Auch wenn die evangelische Kirche andere Familienformen anerkenne, "präferieren wir im Übrigen die traditionelle Ehe und Familie", unterstrich der Landesbischof.

Fischer kritisierte zugleich, dass man in der Orientierungshilfe davon spreche, dass "gleichgeschlechtliche Partnerschaften theologisch gleichwertig sind". In der Bibel könne man jedoch beim besten Willen keine Stellen finden, die Homosexualität befürworten, sagte der Theologe. Dennoch könne man auf Grundlage der Bibel durchaus zur Einsicht gelangen, dass es Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Treue auch in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft geben könne.