Kassen: Mehr als 12.500 Beschwerden wegen vermuteten Ärztepfuschs

Kassen: Mehr als 12.500 Beschwerden wegen vermuteten Ärztepfuschs
Die Zahl der Beschwerden von Patienten wegen Behandlungsfehlern nimmt leicht zu.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) erstellte 2011 mehr als 12.500 Gutachten aufgrund vermeintlichen Ärztepfuschs, wie aus am Dienstag in Berlin vorgestellten Daten hervorgeht. 2007 waren es noch rund 11.000. In nahezu jedem dritten Fall (32,1 Prozent) wurde der Behandlungsfehler bestätigt. Die Kassen gehen allerdings von einer hohen Dunkelziffer von Fällen aus, in denen es nicht zu einer Begutachtung kommt.

###mehr-artikel###Zwei Drittel der Vorwürfe richteten sich gegen Krankenhäuser, ein Drittel gegen niedergelassene Ärzte. Ursache dafür ist unter anderem, dass sich die meisten Vorwürfe auf chirurgische Eingriffe beziehen. Hier seien die Folgen eines Behandlungsfehlers laut MDK für den Patienten "leichter wahrnehmbar" als etwa eine falsche medikamentöse Behandlung durch einen Arzt, die allerdings genauso schwere Folgen haben kann.

In drei von vier bestätigten Fällen von Ärztepfusch sahen die Gutachter des MDK es als gegeben an, dass der Behandlungsfehler für den gesundheitlichen Schaden verantwortlich ist. In den anderen Fällen lag zwar ein Fehler vor, war aber nicht ursächlich für die Beschwerden des Patienten. In diesen Fällen besteht kein Anspruch auf Schadensersatz.

Vorwürfe gegen Chirurgen, Zahnärtze und Gynakologen

Die häufigsten Vorwürfe von Betroffenen richten sich gegen die Orthopädie- und Unfallchirurgie (3.539 Fälle) sowie die Allgemeinchirurgie (2.343 Fälle). Doch auch in der Zahnmedizin und Gynäkologie vermuten viele Patienten, dass Ärzte falsch behandelt haben. Bei den Krankheiten stellten die gutachtenden Ärzte die meisten Behandlungsfehler bei der Arthrose von Knie- und Hüftgelenk (jeweils 604 und 504 Fälle) sowie der Karies (297 Fälle) fest.

Astrid Zobel, Leitende Ärztin Sozialmedizin des MDK Bayern, betonte jedoch, dass viele Vorwürfe nicht automatisch viele Behandlungsfehler bedeuten. Im Verhältnis zur Zahl der Vorwürfe würden mit knapp 51 Prozent die meisten Fehler in der Pflege bestätigt.

Rückschlüsse auf die Qualität der Behandlung seien jedoch nicht möglich: Es handele sich um absolute Zahlen, die im Zusammenhang zur Zahl der Behandlungen im jeweiligen Fach gesehen werden müssten. So sei klar, dass es im Bereich der Zahnmedizin verhältnismäßig viele Vorwürfe wegen vermeintlich falscher Kariesbehandlung gebe, da viele Patienten deshalb zum Zahnarzt gingen. Allerdings finden sich bei Zahnerkrankungen auch die höchsten bestätigten Quoten für Behandlungsfehler (46,7 Prozent für Zahnkaries und 49,8 Prozent für Entzündungen des Zahnnervs), gefolgt vom Unterarmbruch (39,4 Prozent).

Mehr Beschwerden, aber nicht mehr bestätigte Fehler

###mehr-links###Stefan Gronemeyer, Vizegeschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS), sieht aufgrund der Zahlen keinen Grund für Alarmismus. Die Zahl der Vorwürfe von Patienten habe zwar leicht zugenommen, der Anteil bestätigter Behandlungsfehler sei jedoch in etwa gleich geblieben. Die Zunahme der Beschwerden wegen vermeintlichen Ärztepfuschs führt er auf eine gestiegene Bereitschaft der Patienten zurück, an die Öffentlichkeit zu gehen.

Der MDK behandelt Vorwürfe wegen Behandlungsfehlern mit spezialisierten Gutachtern. Patienten können sich bei einem Verdacht auf Ärztepfusch an ihre Krankenkasse wenden und ein Gutachten erhalten. Auf dieser Grundlage kann er entscheiden, welche weiteren Schritte er unternimmt. Nach Angaben Gronemeyers sind Gerichtsverfahren, bei denen der Patient die Bestätigung eines Behandlungsfehlers und eines entstandenen Schadens durch den MDK vorlegen kann, in vier von fünf Fällen erfolgreich.