Rabbiner dankt: "Berlin ist und bleibt eine tolerante Stadt"

Foto: epd/Rolf Zöllner
Rabbiner Daniel Alter (M.) war zusammen mit seiner siebenjährigen Tochter am Dienstag nahe seiner Wohnung im Stadtteil Friedenau von vier Jugendlichen antisemitisch beleidigt und zusammengeschlagen worden.
Rabbiner dankt: "Berlin ist und bleibt eine tolerante Stadt"
Rund 1.000 Berliner haben am Sonntag ihre Solidarität mit dem überfallenen Rabbiner Daniel Alter bekundet. Im Beisein des schwer verletzten Geistlichen sagte Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD): "Wir brauchen Sie, um das jüdische Leben in Berlin zu erhalten."

Auch der Zentralrat der Juden will sich von dem Überfall nicht einschüchtern lassen. Er werde No-Go-Areas für Juden in diesem Land nicht akzeptieren, unterstrich Zentralrats-Präsident Dieter Graumann.

Alter war zusammen mit seiner siebenjährigen Tochter am Dienstag nahe seiner Wohnung im Stadtteil Friedenau von vier Jugendlichen antisemitisch beleidigt und zusammengeschlagen worden. "Berlin ist und bleibt eine tolerante Stadt", erklärte er bei der Kundgebung in der Nähe des Tatortes. Er dankte zugleich für die bekundete Solidarität: "Ich habe mein Jochbein gebrochen bekommen, aber nicht meinen Willen, für Verständigung und Dialog zwischen den Religionen einzutreten."

Im Anschluss an die Kundgebung wurde wenige Schritte vom Tatort entfernt ein großflächiges Banner aufgehängt. Neben der Aufschrift "Wir sind gegen Gewalt und Antisemitismus" trägt es die Unterschriften von Hunderten Demonstrationsteilnehmern.

Graumann: "Niemals werden wir vor dem Hass und der Gewalt kapitulieren"

Bereits am Samstag hatte es auf dem Kurfürstendamm eine spontane Kundgebung gegeben, bei der mehrere Dutzend Teilnehmer demonstrativ die traditionelle jüdische Kopfbedeckung trugen. Am Nachmittag hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit der Kippa auf dem Kopf die erste Lange Nacht der Religionen in der Bundeshauptstadt eröffnet.

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Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), Innensenator Frank Henkel (CDU), Theaterintendant Ulrich Khuon und Schriftsteller Thomas Brussig folgten an diesem Tag nach eigenen Angaben einem entsprechenden Zeitungsaufruf. In einem Beitrag für "Bild am Sonntag" bekräftigte der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Graumann: "Niemals werden wir vor dem Hass und der Gewalt kapitulieren."

Laut Staatsanwaltschaft könnte der Überfall auf das Konto arabischstämmiger Jugendliche gehen. Bislang jedoch konnten die Täter und ihre Identität noch nicht ermittelt werden.

Auch wenn Neonazis für 90 Prozent der antisemitischen Gewalttaten verantwortlich seien, müsse dem Antisemitismus anderer Gruppen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden, erklärte die Berliner Integrationssenatorin Kolat. Die muslimischen Verbände in der Stadt forderte sie ausdrücklich auf, das Thema konkret "und nicht nur mit Worten" anzugehen.

Dröge: "Man darf auf keinen Fall den Fehler machen, dies der Religion zuzuschreiben"

Grünen-Parteichef Cem Özdemir forderte ebenfalls, verstärkt gegen den "Antisemitismus von türkisch-, arabisch- und kurdischstämmigen Jugendlichen" vorzugehen. Er müsse auch zum Thema in Integrationskursen gemacht werden, sagte er in der in Stuttgart erscheinenden Zeitung "Sonntag Aktuell".

Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge warnte unterdessen davor, eine bestimmte Religionszugehörigkeit für kriminelles Verhalten verantwortlich zu machen. "Man darf auf keinen Fall den Fehler machen, dies der Religion zuzuschreiben", sagte der Theologe im rbb-Inforadio.

Laut dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" registrierten die Ermittlungsbehörden im ersten Halbjahr 2012 bundesweit 13 antisemitische Gewalttaten. Von ihnen seien elf rechtsextremen Straftätern zugeordnet worden.