Tropenfieber bedroht Somalias Kinder

epd-bild/Sebastian Bolesch
Ein Kind in der Station für unterernährte Kinder im Hospital der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" im Flüchtlingslager Dadaab (Kenia) nahe der Grenze zu Somalia.
Tropenfieber bedroht Somalias Kinder
Sie ist heilbar, und doch rafft die Malaria in Somalia jedes Jahr Tausende Kinder dahin. Krieg, Dürre, Armut und Hunger verhindern, dass die kleinen Patienten rechtzeitig behandelt werden. Eine Besserung ist nicht in Sicht.

Die kleine Sharifa liegt reglos, aber mit offenen Augen auf dem Krankenhausbett. Das 15 Monate alte Mädchen hatte tagelang hohes Fieber und Brechdurchfall, erzählt seine Mutter Khadija Abdullahi. Weil es trotz Schmerzmitteln nicht besser wurde, ging sie mit ihrer Tochter schließlich ins Benadir-Krankenhaus in der somalischen Hauptstadt Mogadischu. Dort stellten die Ärzte fest, dass Sharifa Malaria hat. "Sie wird es schaffen", da ist die Ärztin Lul Mohamud Mohamed ganz zuversichtlich. Sie leitet die Kinderstation.

"Bei somalischen Kindern ist diese Krankheit die dritthäufigste Todesursache, nach Durchfall und Atemwegserkrankungen", sagt die Ärztin, die in den 90er Jahren mit einem Stipendium auch in Deutschland studiert hat. Der Kampf gegen die Krankheit ist in dem von Krieg, Dürre und Armut geprägten Land besonders schwer.

"Vor allem die Kinder sind geschwächt"

Seit mehr als 20 Jahren herrscht Krieg, die staatlichen Strukturen waren lange Zeit fast inexistent. Jetzt gibt es zwar wieder eine sogenannte Übergangsregierung, aber die ist bisher kaum in der Lage, staatliche Verwaltungsaufgaben zu erfüllen. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung durch den langen Krieg verarmt und schlecht ernährt ist.

"Vor allem die Kinder sind natürlich geschwächt", erklärt die Ärztin Lul Mohamud Mohamed. "Deshalb tritt die Malaria meistens zusammen mit anderen Krankheiten auf." Die Kinder leiden außerdem unter Blutarmut oder Durchfall, wie die kleine Sharifa. Andere sind unterzuckert, liegen im Koma. Wenn diese Kinder nicht behandelt werden, sterben sie. Und das passiere seit einigen Jahren immer häufiger, sagt die Ärztin. Um wie viel die Zahl der Todesfälle jedoch gestiegen sei, lasse sich nicht sagen: Das Land ohne Staat hat auch keine Statistik.

Weil die Bevölkerungsmehrheit durch den Krieg verarmt ist, können sich viele das einfachste und effektivste Mittel gegen Malaria nicht mehr leisten: Moskitonetze, die verhindern, dass die Mücken, die die Krankheitserreger übertragen, die Schlafenden in der Nacht stechen. Und da die Mücken erst nach der Dämmerung aktiv werden, ist diese Zeit die wichtigste. "Aber viele Eltern wissen das gar nicht", bedauert die Ärztin. Denn mit den staatlichen Strukturen sind auch alle Programme zur Malaria-Aufklärung zusammengebrochen.

Für eine Malaria-Bekämpfung braucht es mehr als Netze

Sharifas Mutter Khadija Abdullahi hat fünf Kinder. Und kein einziges Moskito-Netz. "Ich möchte keins kaufen", sagt sie. Stunde um Stunde sitzt sie geduldig neben ihrer Tochter auf dem Krankenhausbett. "Darunter verbreiten sich die Krankheiten schneller. Die Kinder kriegen Bronchitis, weil es so warm ist." Die Kinderärztin seufzt. "Wir bräuchten mehr Aufklärungsprogramme und mehr Netze, die wir allen mitgeben können, die aus dem Krankenhaus entlassen werden."

Doch dieser Wunsch lässt sich derzeit nicht realisieren. Viele Teile Somalias sind noch immer in der Hand der islamistischen Al-Schabaab-Miliz. Somalische und internationale Helfer haben kaum Zugang zu diesen Gebieten. Mogadischu wird zwar inzwischen von der Übergangsregierung kontrolliert, aber auch da ist die Malaria-Vorsorge schwer. Die Stadt ist mit Flüchtlingen überfüllt. Alle sind ständig in Bewegung und auf der Flucht. Niemand hat den Überblick, wer sich wo aufhält, wer schon ein Moskito-Netz bekommen hat und wer nicht.

Zudem braucht es für eine Malaria-Bekämpfung mehr als Netze. Der Mikrobiologe Abdullahi Mohamed Hassan hat in Mogadischu gerade einen Workshop für somalische Labormitarbeiter eröffnet. Im Auftrag der somalischen Regierung und bezahlt von der Weltgesundheitsorganisation WHO will er ihr Wissen zur Arbeit mit dem Mikroskop und dem Erkennen der Malaria ein paar Tage lang auffrischen. "Solche Workshops sollten regelmäßig stattfinden, aber in den letzten Jahren war das oft gar nicht möglich".

So sei das Wissen der Labormitarbeiter nach und nach verloren gegangen.  Dass er jetzt wieder vor zehn von ihnen steht, ist für ihn ein Zeichen der Hoffnung. "Vielleicht stabilisiert sich die Lage ja weiter, und wir können den Kampf gegen die Malaria wieder aufnehmen."