"Dieser Tag ist ein Tag der Trauer"

Foto: dpa/Caroline Seidel
Ein Mann sitzt am Ort des Loveparade-Unglücks in Duisburg und trauert.
"Dieser Tag ist ein Tag der Trauer"
Es bleibt still an diesem Tag in Duisburg. Der Platz vor dem Theater füllt sich nur langsam. Zur öffentlichen Gedenkfeier kommen dann doch mehr als tausend Menschen und trauern mit den Überlebenden und Hinterbliebenen.
25.07.2012
epd
Andreas Rehnolt

Die Feier am zweiten Jahrestag ist ein Signal für einen Neuanfang. Mit dem neuen Oberbürgermeister Sören Link (SPD) sprach erstmals ein offizieller Vertreter der Stadt. "Ich bitte um Entschuldigung für das unfassbare Leid, das in dieser Stadt geschehen ist und für immer mit ihr verbunden sein wird", sagte Link bei der Gedenkfeier am Abend.

Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Foto: epd-bild/Friedrich Stark

Im vergangenen Jahr war das Verhältnis noch so zerrüttet, dass die Angehörigen eine Beteiligung der Stadt entschieden abgelehnt hatten. Der frühere Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) war vor allem wegen seiner Weigerung, politische Verantwortung für das Unglück einzuräumen, Anfang des Jahres auf Initiative von Bürgern abgewählt worden.

Keine Parolen, keine Sprechchöre

Als sich am Nachmittag Angehörige der Opfer und Verletzte an der Unglücksstelle zu Gebeten und zum Gedenken versammeln, bleibt der Zugang zum Tunnel und zu der Rampe, die für einige der Opfer zur tödlichen Falle wurde, für Schaulustige gesperrt. Am provisorischen Mahnmal wehen Fahnen der Länder, aus denen die Opfer stammten: Deutschland, Italien, Spanien, China, Australien und Niederlande.

Blumen stehen auf jeder Stufe der schmalen Treppe, die zum früheren Festival-Gelände führt. Hunderte flache Steine liegen hier. Auf ihnen stehen einzelne Worte wie "Enge", "Angst", "Panik", "Fassungslosigkeit", "Trauer" oder "Wut".

Auch vor dem im vergangenen Jahr eingeweihten Mahnmal am Unglückstunnel haben die Menschen Blumen abgelegt, auch hier stehen Kerzen vor den 21 fallenden, stürzenden und übereinander liegenden Stahlstäben, die an die Toten der Loveparade erinnern. Und es bleibt an diesem Tag still an den Trauerorten. Es gibt keine Parolen, keine skandierten Sprechchöre wie an den Tagen, Wochen und Monaten nach der Katastrophe.

Tränen fließen reichlich

"Dieser Tag ist ein Tag der Trauer, nicht der Proteste", erklärt die 23-jährige Vera König, die vor zwei Jahren im Unglückstunnel war. Sie kann es bis heute noch nicht fassen, erzählt sie, dass sie damals wieder heil rausgekommen sei. Tränen fließen reichlich an diesem Jahrestag.

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Bewegte Diskussionen gibt es im Internet und über Twitter. "Zwei Jahre nach der Loveparade Katastrophe erinnern wir daran, wie Menschen aus Profitgier sterben mussten und bis heute keiner schuld sein will", twittert ein Nutzer unter dem Pseudonym "TV Wahnsinn". Ein Mädchen schreibt über Twitter: "Ich denke jedes Mal dran, wenn ich in Duisburg am alten Güterbahnhof vorbeifahre."

Besonders bitter ist es für die verletzten Opfer und Angehörigen, dass Entschädigungen nur sehr zögerlich gezahlt werden, wie der Selbsthilfe-Verein beklagt. Auch die juristische Schuldfrage bleibt weiter offen. Ob und wann ein Gerichtsverfahren eröffnet wird, ist noch immer nicht absehbar, wie die Staatsanwaltschaft in diesen Tagen erklärte. Dass nach langem Ringen der Weg für eine Gedenkstätte am Unglücksort ist frei ist, ist für viele Angehörige zumindest ein Erfolg.

"Das Herz ist verletzt worden"

"Das Team der Loveparade" erklärt in einer Anzeige in Duisburger Zeitungen: "Wir bedauern aus tiefstem Herzen das Leid, das den Menschen widerfahren ist. Hätte es die Loveparade nicht gegeben, würden die Menschen noch leben."

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Wie vor zwei Jahren so sind auch am Dienstag Notfallseelsorger und Rettungssanitäter vor Ort. Sie stehen bereit, um medizinischen und seelsorgerlichen Beistand zu leisten. "Viele der Angehörigen und viele der Verletzten sind nach wie vor traumatisiert, haben Angstträume oder fühlen sich überfordert, erklärt ein junger Sanitäter.

Als sich am frühen Abend ein stiller Mahnmarsch vom Unglückstunnel in Richtung Duisburger Innenstadt auf den Weg macht, schließen sich einige hundert Menschen an. Der Weg führt am Hauptbahnhof vorbei bis zum Opernplatz der Stadt. Vor dem Theater der Revierstadt warten weitere Menschen, um ihre Anteilnahme zu zeigen. "Der Opernplatz ist das Herz unserer Stadt und genau dieses Herz ist vor zwei Jahren verletzt und erschüttert worden", sagt ein älterer Mann.