Erschöpfte Mütter: "Managerinnen für alles"

Foto: photocase/Miss X
Viel mehr Mütter könnten eine Kur beantragen - wegen Erschöpfung.
Erschöpfte Mütter: "Managerinnen für alles"
Sie sind Managerinnen für alles und sollen dabei stets guter Laune sein. Doch immer mehr Mütter sind erschöpft, überfordert von Zeitdruck und Doppelbelastung. Für eine Kur aber müssen sie oft hart kämpfen.

Erschöpfung, Depressionen, Schlafstörungen - immer mehr Mütter in Deutschland sind psychisch krank. Die Zahl sei in den vergangenen acht Jahren um rund ein Drittel gestiegen, sagte die Kuratoriumsvorsitzende des Müttergenesungswerks, Marlene Rupprecht, am Dienstag. 81 Prozent der Mütter, die eine Kur der gemeinnützigen Stiftung in Anspruch nahmen, wurden wegen psychischer Störungen betreut. Vor allem wachsender Zeitdruck, die Doppelbelastung in Beruf und Familie und mangelnde Anerkennung ihrer Arbeit mache den Frauen zu schaffen. "Sie müssen die Managerinnen für alles sein und sollen dabei auch noch guter Laune sein, das ist kaum machbar."

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Knapp 70 Prozent der Frauen fühlten sich durch ständigen Zeitdruck gestresst, erläuterte die SPD-Bundestagsabgeordnete. 44 Prozent nannten berufliche Belastungen als einen der Gründe für ihre Kur. Zu den Belastungen zählten Erschöpfungssyndrom, Burn Out und Schlafstörungen.

Früher: Atemwege und Stoffwechsel, heute: die Seele

Während psychische Erkrankungen bei Müttern zunehmen, gehen körperliche Probleme aus Rupprechts Sicht zurück. Früher seien häufig Atemwegs- und Stoffwechselprobleme behandelt worden. "Inzwischen sind Gelenk- und Wirbelsäulenbeschwerden die zweithäufigste Diagnose nach der psychischen Erkrankung." Besonders belastet seien Mütter, die ihre eigenen Eltern oder sogar Kinder pflegen müssen.

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Belastungssyndrome beobachtet Rupprecht bei Müttern in allen Einkommensschichten. Bei den Patienten des Müttergenesungswerks habe es sogar eine Verschiebung von den unteren Einkommen hin zu höheren gegeben. Mehr als 34 Prozent der Mütter in den Kurmaßnahmen seien alleinerziehend.

Kinder werden überfordert

Doch nicht nur die Mütter, auch ihre Kinder werden behandelt. "Wenn es der Mutter schlecht geht, geht es auch dem Kind nicht gut", erklärt Rupprecht. Bereits Kinder im Grundschulalter übernähmen dann die Rollen von Erwachsenen und versuchten, der Mutter Last abzunehmen. "Die Kinder sind dann nicht rebellisch oder aggressiv, sondern extrem erwachsen für ihr Alter. Das ist eine Überforderung."

Das Müttergenesungswerk schätzt, dass 2,1 Millionen Mütter in Deutschland eine Kur brauchen. Davon nähmen nur fünf Prozent die Angebote für Kuren in Anspruch. Das Werk hatte in den vergangenen Jahren wiederholt die Bewilligungspraxis der Krankenkassen scharf kritisiert. Im vergangenen Jahr wurden 39.000 Frauen und 56.000 Kinder in den Kliniken des Müttergenesungswerks behandelt. Das sind 8000 Patientinnen weniger als noch 2008.

Zwischenzeitlich habe es bei den gesetzlichen Krankenkassen Ablehnungsquoten von bis zu 40 Prozent gegeben, sagte Rupprecht. Erst seit im Februar neue Begutachtungskriterien eingeführt wurden, seien Verbesserungen zu erkennen. "Nur, weil sich die Politik eingeschaltet hat."