Muslime auf dem Arbeitsmarkt: Schlechte Chancen durch Vorurteile?

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Eine gute Ausbildung erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Muslime. Die Religionszugehörigkeit stört kaum. ch manche Arbeitgeber haben
Muslime auf dem Arbeitsmarkt: Schlechte Chancen durch Vorurteile?
Die Situation von Muslimen auf dem Arbeitsmarkt ist Hauptthema der Islamkonferenz. Eine Tagung läutete die Debatte betont sachlich ein. Streit um die Tagesordnung und ein Austritt lassen für Donnerstag aber auch hitzige Kontroversen erwarten.

Mit einer Tagung über die Chancen von Muslimen auf dem Arbeitsmarkt ist am Mittwoch die Deutsche Islamkonferenz eingeläutet worden. Eine von Stereotypen geprägte öffentliche Debatte über den Islam sei der Grund für die schlechten Jobchancen von Muslimen, sagte der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, bei der Fachtagung in Berlin. Die Debatte sei von zwei Aussagen geprägt: "Die Muslime sind angeblich ungebildet und integrationsunwillig", kritisierte Schmidt. Arbeitgeber schrecke dies ab.

Zu selten werde über die Chance der Vielfalt diskutiert, sagte der Präsident des Bundesamtes. Bei der Tagung diskutierten Wissenschaftler sowie Vertreter von Behörden und Unternehmerverbänden über das Thema. Axel Kreienbrink vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unterstrich, dass in der Regel nicht die Religionszugehörigkeit Muslimen die Chance am Arbeitsmarkt nehme. Viel eher zeige sich, dass eine abgeschlossene Schul- und Berufsausbildung die Chancen auf eine Arbeit erhöhe.

Nach Ergebnissen einer Umfrage des Bundesamtes heben sich in der zweiten Generation von Einwanderern aus muslimisch geprägten Ländern Unterschiede hinsichtlich der Erwerbstätigkeit zu Menschen anderer Religion nahezu auf. So war demnach rund die Hälfte der befragten muslimischen Frauen der ersten Generation berufstätig. In der zweiten sind es bereits mehr als drei Viertel.

Musliminnen mit Kopftuch haben seltener Arbeit

Zudem zeigt die Studie, dass insgesamt mehr muslimische Frauen, die Kopftuch tragen, arbeitslos sind (57,2 Prozent). Von den befragten Frauen in allen Altersklassen, die kein Kopftuch tragen, waren rund 35 Prozent ohne Arbeit, 21 Prozent hatten einen Vollzeit-Job. Der Anteil der in Vollzeit beschäftigten Frauen mit Kopftuch liegt bei knapp elf Prozent. In der zweiten Einwanderer-Generation wiederum sind Frauen mit und ohne Kopftuch ähnlich oft in Arbeit.

Der Sozialwissenschaftler Mario Peucker forderte, die Kopftuchverbotsgesetze, die Musliminnen mit Kopftuch in acht Bundesländern den Zugang zum Schuldienst und teils zur öffentlichen Verwaltung verwehren, auf den Prüfstand zu stellen. Die öffentliche Brandmarkung des Kopftuchs als fundamentalistisches Symbol habe die Arbeitsmarktchancen weiter erschwert, sagte Peucker, der eine Studie zur Diskriminierung von Muslimen im Arbeitsleben verfasst hat, dem epd.

Die Rechtsprofessorin Dorothee Frings betonte, dass religiöse Symbole zur deutschen Gesellschaft gehörten. "Niemand hat Anspruch auf eine religionsfreie Zone", sagte sie.

Streit über Sinn und Themen der Islamkonferenz

Die Plenarsitzung mit allen Teilnehmern der Islamkonferenz, darunter Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), findet am Donnerstag statt. Am Mittwoch kündigte die Bochumer Islamwissenschaftlerin Armina Omerika an, die Islamkonferenz zu verlassen. "Unter Innenminister Friedrich erwarte ich keine Fortschritte mehr", sagte sie der Berliner "tageszeitung" (Donnerstagsausgabe). Als Grund nannte sie den Umgang Friedrichs mit der vor einigen Wochen veröffentlichten Studie seines Ressorts zur "Lebenswelt junger Muslime in Deutschland".

Der FDP-Politiker Patrick Meinhardt forderte indes erneut, die umstrittene Koran-Verteilung radikaler Muslime auf die Tagesordnung zu setzen. Das Bundesinnenministerium hatte entgegen verschiedener Forderungen entschieden, die Tagesordnung für Donnerstag nicht zu ändern.

Diese Entscheidung sei richtig, sagte der migrationspolitische Sprecher der Grünen, Memet Kilic. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, stellte indes die Islamkonferenz komplett infrage. Beck kritisierte, dass "brennende Fragen" wie unter anderem die rechtliche Anerkennung islamischer Religionsgemeinschaften nicht als vorderstes Thema behandelt werden.