Nötig sei eine Art Glaubensschule. "Wir laufen ja in neuen Analphabetismus hinein", beklagte der 79-jährige Theologe. Viele suchende und fragende Menschen ohne Kirchenbindung interessierten sich mehr für existenzielle Grundfragen und Antworten des Glaubens auf Unrecht und Leid als für innerkirchliche Reformen.
Skeptisch äußerte sich der Kardinal vor dem am Mittwoch in Mannheim beginnenden 98. Deutschen Katholikentag zu Forderungen nach Abschaffung des Zölibats und einer Einführung des Frauenpriestertums: "Beides ist in anderen Kirchen längst verwirklicht - und doch geht es diesen Kirchen kein Haar besser." Über diese Anliegen könne man sprechen, "aber dass darin die Zukunft begründet ist, hat mir noch nie eingeleuchtet".
Der Kirche in Deutschland empfahl der Theologe, mehr über den eigenen Tellerrand auf die Weltkirche zu schauen. Zu fragen sei, wie eine Erneuerung der Kirche angesichts sinkender Zahlen von Gottesdienstbesuchern und Priestern aussehen könne. Der Vatikan mache sich Sorgen über den Rückgang der Glaubensintensität in Europa, während sich die katholische Kirche in Asien, Lateinamerika und Afrika als "jung, lebendig und optimistisch" erweise.