Urlaub mit Demenzkranken - "Eine sehr entlastende Erfahrung"

epd-bild/Jens Schulze
Betreuerin Mareen Klawitte mit den an Alzheimer erkrankten Männern Franz-Josef Pröpper (vorne) und Willy Lackmann am Strand des Ostseebades Boltenhagen in Mecklenburg-Vorpommern.
Urlaub mit Demenzkranken - "Eine sehr entlastende Erfahrung"
Am 12. Mai ist der Internationale Tag der Pflege
Angehörige von Demenzkranken haben oft einen harten Alltag. Urlaub kennen viele nicht mehr. Die Folge: Die Pflegenden reiben sich auf. Wohlfahrtsverbände bieten deshalb spezielle Reisen für Demente und Angehörige an. Kassen geben hierfür Zuschüsse.
12.05.2012
epd
Claudia Rometsch

"In einem normalen Hotel wird man mit einem demenzkranken Partner oft komisch angeschaut", weiß Matthias Matlachowski von der Diakonie Schweinfurt, der regelmäßig Urlaubswochen für Demenzkranke und ihre Angehörigen leitet. Viele Ehepaare reagieren mit Scham. "Sie verreisen nicht mehr, selbst wenn sie früher regelmäßig Urlaub gemacht haben", sagt Matlachowski

So war es auch bei Ernst Bayerlein, der seine Frau pflegt. Ein erholsamer Urlaub ohne Unterstützung war mit seiner demenzkranken Frau nicht mehr möglich. Deshalb war der 70-Jährige froh, als er bei der Pflegeberatung von dem Urlaubsangebot für Demenzkranke und ihre Partner der Diakonie Schweinfurt erfuhr. Eine Woche verbrachte er gemeinsam mit seiner Frau in der Katholischen Landvolkshochschule Feuerstein in Ebermannstadt. "Eine sehr entlastende Erfahrung", sagt Bayerlein.

"Man merkt, dass man nicht alleine da steht"

Vormittags und nachmittags wurden die Kranken für fünf Stunden von ehrenamtlichen Helfern und einer Altenpflegerin betreut, so dass die Angehörigen Zeit für sich hatten. Ein Teil der freien Zeit wurde aber auch genutzt, um die pflegenden Ehepartner zu schulen. "Wir wollen, dass die Betroffenen gestärkt werden und lernen, zu Hause besser mit ihrer Situation zurechtzukommen", erklärt Matlachowski.

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Bei Ernst Bayerlein ging das Konzept auf. Er fühlte sich nach der Woche in der Gemeinschaft mit anderen Betroffenen besser: "Man merkt, dass man mit seinen Problemen nicht alleine da steht und bekommt eine Reihe guter Tipps und Anregungen."

Andere Veranstalter legen stärkeres Gewicht auf Entspannung für die gestressten Angehörigen. "Bei uns bekommen sie ein Rundum-Sorglos-Paket", sagt Dagmar Wüstenberg, Projektkoordinatorin Urlaubsangebote der Alzheimer-Gesellschaft Schleswig-Holstein. Sie organisiert regelmäßig Urlaubswochen in barrierefreien Hotels in Norddeutschland, etwa in St. Peter-Ording oder am Plauer See.

Dort werden die Kranken stundenweise durch ehrenamtliche Helfer betreut. Außerdem stehen gemeinsame Ausflüge wie Kutschfahrten oder Museumsbesichtigungen auf dem Programm. Mit 1.600 bis 1.900 Euro pro Paar für eine Woche ist dieser Urlaub allerdings auch nicht ganz preiswert.

Pflegekasse zahlt für Kurzzeitpflege - oder für Urlaub

Für den Urlaub kann es Zuschüsse von der Pflegekasse geben. Viele pflegende Angehörige wüssten das allerdings gar nicht, beobachtet Silke Niewohner von der Landesstelle Pflegende Angehörige in Münster. Die Pflegekasse zahlt bis zu 1.550 Euro für die sogenannte Kurzzeitpflege, damit die Pflegenden ihre Angehörigen für maximal vier Wochen im Jahr in einem Pflegeheim versorgen lassen können. Das Geld kann aber auch für den gemeinsamen Urlaub verwendet werden.

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Das Gleiche gilt für die Verhinderungspflege, für die ebenfalls bis zu 1.550 Euro im Jahr zur Verfügung stehen. Dieser Betrag ist normalerweise dafür gedacht, einen Helfer oder eine Helferin zu bezahlen, die den Kranken vorübergehend zu Hause betreut.

Wie viel Geld von der Pflegekasse es für den Urlaub gebe, hänge allerdings immer vom einzelnen Angebot ab, sagt Niewohner. "Da ist es ganz wichtig, Rat beim örtlichen Pflegestützpunkt oder einer Pflegeberatungsstelle zu suchen." Dort und bei der Alzheimer-Gesellschaft finden die Angehörigen auch Informationen über spezielle Reiseangebote.

Dagmar Wüstenberg von der Alzheimer-Gesellschaft rät Angehörigen von Demenzkranken dringend dazu, Urlaub zu nehmen, ganz gleich ob mit oder ohne den Kranken. Denn sonst leide auf Dauer auch die Gesundheit des Pflegenden. Eine Urlaubswoche könne auch den Kranken neu Kraft geben, beobachtet Wüstenberg. So etwa bei einem dementen Mann, der während des Urlaubs erstmals seit Jahren wieder lachte. "Seine Frau sagte mir, allein dafür habe sich die Reise gelohnt."