Wirtschaftsexperte Hickel: Inflation muss sozial abgefedert werden

Wirtschaftsexperte Hickel: Inflation muss sozial abgefedert werden

Bremen (epd). Angesichts der höchsten Teuerungsrate seit der Euro-Einführung in Deutschland hat der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel für einen sozialen Ausgleich plädiert. „Die Inflationsrate belastet Menschen mit wenig oder gar keinem Einkommen. Der Kaufkraftverlust muss bei den Sozialleistungen kompensiert werden“, sagte der emeritierte Professor dem Evangelischen Pressedienst (epd). Darauf seien etwa Menschen im Hartz-IV-System angewiesen. Hickel ist der Gründungsdirektor des gewerkschaftsnahen Instituts Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen.

Hinzu komme die „grüne Inflation“, angetrieben durch die Politik höherer Preise zur Reduktion des CO2- Ausstoßes. Der klimagerechte Umbau der Wirtschaft sei zwar richtig. Die Politik müsse jedoch diejenigen entlasten, die unter den hohen Energiepreisen besonders leiden, sagte der Ökonom. Die Einnahmen etwa aus der CO2-Steuer könnten ihnen per „Klimabonus“ zurückgegeben werden, schlug Hickel vor.

Eine weitere Handlungsoption sieht der Ökonom in der Regulierung der Preise. „Große Konzerne sind in der Lage, monopolistische Preise durchzusetzen. Das wird bei den Klagen über die Inflationsraten meistens übersehen“, sagte Hickel. „Politik für fairen Wettbewerb sichert die Basis der Sozialen Marktwirtschaft und vermeidet gesellschaftliche Ungerechtigkeit.“

Trotz der allgemeinen Preissteigerung bestehe kein Grund zur Panik. Der Verbraucherpreisindex sei zwar in diesem November gegenüber dem Vorjahresmonat um 5,2 Prozent gestiegen. „Gegenüber Oktober 2021 ist er aber um 0,2 Prozent leicht gesunken. Mit einer fortgesetzten Bremswirkung ist zu rechnen“, sagte Hickel.

Die Inflationszunahme sei auf zeitlich begrenzte Sondereffekte zurückzuführen, etwa die Wiederanhebung der Mehrwertsteuersätze zu Jahresbeginn sowie der Wirtschaftseinbruch mit sinkenden Preisen im Jahr 2020. „Mit der weltweiten Erholung der Wirtschaft steigen die Preise“, erklärte Hickel. Auch Lieferprobleme sowie steigende Rohstoff- und Energiepreise erzeugten Inflation. In all dem seien jedoch keine Anzeichen für eine allgemeine und längerfristige Teuerung oder gar einer Hyperinflation zu erkennen.

Daher gehe auch von Gehaltserhöhungen, wie sie etwa jüngst beim Tarifabschluss im öffentlichen Dienst der Bundesländer erstritten wurden, keine Gefahr aus. „Viele schüren die Angst vor Preis-Lohn-Preis-Spirale“, beklagte Hickel. Die Gewerkschaften seien sich ihrer Verantwortung jedoch bewusst. In ihrer Tarifpolitik ließen sich von der gut begründeten Zielinflationsrate von zwei Prozent leiten. Die Europäische Zentralbank solle ihre „Politik der ruhigen Hand“ fortsetzen, riet Hickel.