Zentralratspräsident Schuster: Die Koffer bleiben ausgepackt

Zentralratspräsident Schuster: Die Koffer bleiben ausgepackt
Viertägiger Gemeindetag steht unter dem Motto «In Deutschland zu Hause»
Von Donnerstag bis Sonntag treffen sich in Berlin mehr als 1.000 Mitglieder jüdischer Gemeinden aus dem ganzen Bundesgebiet zum Gemeindetag. Das Motto "In Deutschland zu Hause" ist eine Ansage an alle Antisemiten im Land.

Berlin (epd). Mehr als 1.000 Mitglieder aus jüdischen Gemeinden bundesweit treffen sich von Donnerstag an in Berlin zum Gemeindetag des Zentralrats der Juden in Deutschland. Unter dem Motto "In Deutschland zu Hause" stehen bis Sonntag Podiumsdiskussionen, Vorträge, religiöse Veranstaltungen, Lesungen und Filmgespräche auf dem Programm. Zur Eröffnung am Abend wurde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet.

Als weitere Gäste sind unter anderem die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), und der Grünen-Bundesvorsitzende Robert Habeck angekündigt. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will am Freitag beim Gemeindetag den Vertrag für die Einrichtung einer jüdischen Seelsorge in der Bundeswehr unterzeichnen.

Das Motto des Gemeindetags "In Deutschland zu Hause" sei weit vor dem Terroranschlag in Halle festgelegt worden, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Donnerstag. Man habe es beibehalten, um ein Zeichen zu setzen: "Wir Juden sind ein selbstverständlicher Teil der deutschen Gesellschaft." Die jüdischen Gemeinden fühlten sich in Deutschland zu Hause. Daran habe sich auch nach Halle nichts geändert. "Die Koffer bleiben ausgepackt", sagte Schuster.

Bei dem antisemitisch und rechtsextremistisch motivierten Anschlag Anfang Oktober in Halle waren eine 40-jährige Frau und ein 20-jähriger Mann erschossen worden. Auf der Flucht verletzte der Täter zwei weitere Menschen schwer. Zuvor hatte der schwer bewaffnete Mann vergeblich versucht, in die mit Gläubigen besetzte Synagoge der Stadt einzudringen.

"Wir haben keine Veranlassung, das seit 1.700 Jahren existierende jüdische Leben in Deutschland aufzugeben", betonte der Zentralratspräsident weiter: "Wir werden uns auch nicht durch Bomben und Waffengewalt aus dem Land vertreiben lassen." Deutschland sei eine Demokratie. Er sei daher der Meinung, "wer das nicht akzeptieren kann oder will, dass Juden in Deutschland leben, der kann Deutschland gerne verlassen", sagte Schuster.

Schuster forderte einen gesellschaftlichen "Klimawandel" im Land. Die Radikalisierung, die sich von rechts in die Mitte der Gesellschaft ausbreite, müsse gestoppt und wieder zurückgedrängt werden. "Wir brauchen nicht nur einen Ausstieg aus der Kohle, sondern auch einen Ausstieg aus Rassismus und Antisemitismus."

Kritik übte Schuster am Donnerstag im RBB-Inforadio an zu milden Justizurteilen bei Taten mit antisemitischem Hintergrund. Hier wünsche er sich, dass der Strafrechtsrahmen mehr ausgeschöpft werde, um abzuschrecken.

Den alle drei Jahre stattfindenden Gemeindetag nannte der Zentralratspräsident vergleichbar mit dem Deutschen Evangelischen Kirchentag oder dem Katholikentag. Bei dem viertägigen Austausch gehe es darum, wie die "jüdische Community tickt", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Daniel Botmann. Diskutiert werde über Politik, aber auch über das Leben in den Gemeinden, das Verhältnis zu Israel und über den jüdisch-muslimischen Dialog.