Filmkritik: "Inherent Vice - Natürliche Mängel"

Foto: Wilson Webb
Filmkritik: "Inherent Vice - Natürliche Mängel"
Surfer, Kiffer, schlimme Schurken: An die großen Romane des ewigen Nobelpreiskandidaten Thomas Pynchon hat sich noch kein Filmemacher herangetraut. "Inherent Vice - Natürliche Mängel" ist ein eher schmales Werk - ein durchgeknallter Krimi. Paul Thomas Anderson hat ihn verfilmt.
11.02.2015
epd
Katharina Grimnitz

Die Namen sind ein erster Hinweis: Sauncho Smilax, Riggs Warbling, Rudy Blatnoyd, Japonica Fenway. Ein Roman, der von solchen Figuren bevölkert ist, kann nicht ganz ernst gemeint sein. Thomas Pynchon hatte offenbar Spaß daran, sich unwahrscheinlich anhörende, irgendwie lustig klingende Namen auszudenken. Sie bilden die Art von unbestimmbarem Humor, die auch seinem 2009 erschienenen Roman "Inherent Vice" wie ein Batikmuster eingeprägt ist: Auf irgendwas wird angespielt, aber erklären lässt sich der Witz nicht.

Die Hauptfigur in "Inherent Vice" heißt Larry Sportello und trägt den Spitznamen Doc, offenbar hauptsächlich deshalb, damit ihn andere mit "What's up, Doc?" ansprechen können. Joaquin Phoenix spielt diesen Doc als einen Dope rauchenden Ex-Hippie im Los Angeles der 70er Jahre, der als Privatermittler arbeitet.

Die Geschäfte scheinen nicht schlecht zu laufen. Zunächst soll Doc für seine Ex-Freundin Shasta (Katherine Waterston) die Entführung ihres Liebhabers, eines Immobilienhais mit jüdischen Wurzeln, verhindern. Dann engagiert ihn das Mitglied einer radikalen schwarzen Gang, um einen ehemaligen Gefängnisgenossen dingfest zu machen, der - zufällig? - für Shastas Liebhaber als Bodyguard arbeitet.

Die entscheidenden Hinweise in diesem Fall wird Doc bei seinem nächsten Auftrag erhalten, bei dem eine ehemals Heroinsüchtige ihn bittet, ihren verschollenen Mann zu finden. Bis dahin aber sind bereits Shasta und ihr geliebter Wolfman auf rätselhafte Weise verschwunden.

Ein Privatdetektiv, der so viel kifft wie er Hinweise sammelt, attraktive Damen in Bedrängnis bringt und eine absichtsvoll unübersichtliche Spur von Untaten hinterlässt, die sich durch verschiedenste Schichten und Viertel von Los Angeles zieht: All diese Motiven sind keine Unbekannten in der Filmgeschichte. So finden sich in "Inherent Vice" Einflüsse aus der Einsame-Helden-Zeit des Film noir ("Tote schlafen fest"), des Kiffer-Streifens "The Big Lebowski" oder der Krimiklassiker "Chinatown" und "Der Tod kennt keine Wiederkehr". Wer Vergnügen daran hat, solche Einflüsse aufzuschlüsseln, sitzt hier genau im richtigen Film. Andere werden Mühe haben, die zweieinhalb Stunden aufmerksam durchzustehen.

Gediegene Literaturverfilmung

Dabei hatte es auf dem Papier so gut geklungen: Paul Thomas Anderson, bekannt für profunde, mit Spinnern und Psychopathen bevölkerte Filme wie "Boogie Nights" oder "There Will be Blood", verfilmt Thomas Pynchon, der für wild mäandernde Romane voller skurriler Paranoiker bekannt ist.

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Auf der Leinwand aber wird daraus eine geradezu gediegene Literaturverfilmung, die eine ganze Kohorte von grandiosen Schauspielern für Minutenauftritte vergeudet. Das ist zwar makellos in Szene gesetzt und hochatmosphärisch aufgeladen. Wo er aber Tiefe zeigen will, erweist sich der Film als so flach wie sein Humor. 

USA 2014. Buch und Regie: Paul Thomas Anderson, nach einem Roman von Thomas Pynchon. Mit: Katherine Waterston, Joaquin Phoenix, Josh Brolin, Martin Short, Benicio del Toro, Martin Donovan, Reese Witherspoon. Länge: 148 Minuten. FSK: ab 16 Jahren.