Filmkritik: "Maps to the Stars"

Foto: Dan McFadden
Mia Wasikowska als Agatha
Filmkritik: "Maps to the Stars"
Gefangen in der Traumfabrik: Hollywood als Irrenhaus, die Traumfabrik als geschlossene Gesellschaft voller durchtriebener Menschen: David Cronenbergs "Maps to the Stars" ist eine ätzende Satire über die Traumfabrik, aber gleichzeitig auch ein Familienfilm.
10.09.2014
epd
Patrick Seyboth

Filme, die in den USA spielen, hat David Cronenberg bereits mehrere gedreht. Als Drehort zog der Kanadier jedoch stets seine Heimat vor. Für "Maps to the Stars" hat er sich nun aber direkt nach Hollywood begeben. Der Filmtitel deutet zwar auf einen weiten, glitzernden Horizont hin, ist aber nur die Bezeichnung für die Stadtpläne von Los Angeles, auf denen die Villen und Paläste der Leinwandgötter verzeichnet sind.

"Twilight"-Star Robert Pattinson verkörpert in dem Film den Chauffeur Jerome. Jerome will eigentlich als Schauspieler groß herauskommen, noch ist er aber ein Außenstehender und wirft als solcher immer wieder Seitenblicke auf die bisweilen auch absurd-komischen Begebenheiten der Traumfabrik.

Im Kontrast zu Jerome steht die Familie Weiss. Sie hat es in der Glitzerwelt zu etwas gebracht, ist jedoch auch an ihr kaputt gegangen: Vater Stafford (John Cusack) ist ein skrupelloser Psychotherapeut mit eigener Fernsehshow, seine Frau Cristina (Olivia Williams) treibt mit ebenso kaltem Kalkül die Karriere ihres Sohnes Benjie (Evan Bird) voran. Mit 13 Jahren hat der Kinderstar bereits einen Drogenentzug hinter sich und ist von der Arroganz in Hollywood bereits infiziert. Evan Bird sorgt mit seiner Boshaftigkeit für einige der schwärzesten Pointen des Films.

Tochter Agatha (Mia Wasikowska) ist in der Familie dagegen unerwünscht. Nach einer schrecklichen Tat und Jahren in der Psychiatrie sucht sie nun wieder die Nähe ihrer Familie, die sie verstoßen hat. Warum? Allein optisch passt sie nicht mehr in die oberflächlich so makellose Bilderbuchfamilie. Mit schwarzen Handschuhen verbirgt sie etwa die Brandnarben an ihren Armen. Als sie jedoch die Chance auf einen Assistentinnenjob bei der Schauspielerin Havana Segrand (Julianne Moore) bekommt, knüpft sie den ersehnten Kontakt. Denn auch Segrand ist von Hollywood gezeichnet. Und Patientin von Agathas Vater.

Kein Platz für Persönlichkeit

Was die Protagonisten in Hollywood verdorben hat, wird in "Maps to the Stars" schnell deutlich. Der Druck des Ruhms lässt keinen Platz für Persönlichkeit. Man existiert nur als öffentliches Bild. In Hollywood ist Oberflächlichkeit die Art der Kommunikation. Das Wissen, dieser Gesetzmäßigkeit nicht entkommen zu können, macht seine Bewohner zu Gefangenen. Es ist eine Welt, in der man aus Karrieregründen erwägt, bei Scientology einzusteigen und die persönlichen Tragödien von Konkurrenten zu Freudentänzen animieren.

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Man mag darüber streiten, wie viel Neues der Film seinem Thema abgewinnt. Doch Cronenberg denkt das Wahnsystem Hollywood so konsequent zu Ende, das er selbst berühmte Abrechnungen wie "Sunset Boulevard" übertrifft. "Maps to the Stars" kennt kein Erbarmen. Die Befreiung aus dem Sumpf Hollywood scheint den Figuren zwar immer möglich, bleibt gleichzeitig aber immer knapp außer Reichweite. Dabei muss man es Cronenberg anrechnen, dass der Film trotz seines kritischen Themas und seiner distanzierten Erzählperspektive die Charaktere nie teilnahmslos verurteilt.

CDN/USA/D/F 2014. Regie: David Cronenberg. Buch: Bruce Wagner. Mit: Robert Pattinson, Julianne Moore, John Cusack, Mia Wasikowska, Carrie Fisher, Olivia Williams. Länge: 111 Minuten. FSK: ab 16 Jahren.