Was bewegt die Nutzer und Leser?

Was bewegt die Nutzer und Leser?
Print- und Onlineredakteure müssen ständig Entscheidungen treffen: Welche Themen bieten sie den Nutzerinnen und Nutzern, Leserinnen und Lesern an? Was trifft deren Interesse? Was bewegt und berührt sie? Auf diese Fragen suchten Vertreter von 48 christlichen Zeitschriften- und Buchverlagen bei den Evangelischen Medientagen in „Haus Villigst“ eine Antwort zu finden. Chefredakteure und Lektoratsleiter gaben dabei interessante Einblicke in ihre Strategien.

„Bei der Auswahl unserer Titelgeschichten setzen wir konsequent auf Themen, die den Lesern Nutzen und Orientierung bieten“, betonte zum Beispiel Helmut Frank, der Chefredakteur des Sonntagsblattes für Bayern ist. Carsten Splitt, Chefredakteur der Evangelischen Zeitung in Hamburg, erzählte, dass er sich zur Themenfindung Menschen in die Redaktionskonferenz einlädt, die aus unterschiedlichen kirchlichen Milieus kommen.

Dabei hat sich herausgestellt, dass Glaubensthemen bei den Leserinnen und Lesern auf die meiste Resonanz stoßen. Als Beispiel nannte Splitt die wochenlange Debatte um die Bedeutung des Kreuzestodes Jesu. Dass Glaubensthemen starkes Interesse finden, ist auch auf Internetseiten wie unserekirche.de und evangelisch.de festzustellen. „Die meisten Menschen suchen bei uns Begleitung für ihren Alltag“, meinte Ursula Ott, Chefredakteurin von evangelisch.de. So erwies sich zum Beispiel ein Artikel mit der Überschrift „War Jesus verheiratet?“ – wochenlang auf der Homepage evangelisch.de als absoluter „Renner“.

Ergebnisse des Trendmonitors „Religiöse Kommunikation“ stellte bei den Medientagen Georg Frericks von der Mediendienstleistungsgesellschaft (MDG) aus München vor. Demnach müssen die Redaktionen kirchlicher Medien stark unterschiedliche Milieus ansprechen - „Konservative“ und „Traditionsverwurzelte“ ebenso wie „Postmaterielle“.

Ob dies mit einem Medium allein überhaupt möglich ist oder nicht vielmehr ein multimediales Zielgruppenkonzept entwickelt werden muss, darüber wird innerhalb des EMVD heftig diskutiert. Die Verleger, Redakteure und Marketingleiter des EMVD beschlossen, dass sich eine Arbeitsgruppe intensiv mit der multimedialen Weiterentwicklung evangelischer Medien beschäftigen soll.

Aufhorchen lässt, dass es trotz der unterschiedlichen Einstellungen und der verschiedenen Milieus in Kirche und Gesellschaft auch verbindende Werte gibt. Der Referent aus München machte deutlich, dass in fast allen Milieus die Familie nach wie vor einen hohen Stellenwert hat. Themen, die sich um Erziehung und Partnerschaft drehen, stoßen daher sowohl bei Traditionsverwurzelten wie bei Postmateriellen auf großes Interesse.

Mit ihren Themen müsse auch die Kirche nah am Menschen sein, sagte in einer abendlichen Diskussionsrunde Albert Henz, theologischer Vizepräsident der westfälischen Kirche. „Es wäre aber fatal, wenn sie sich nur an dem ausrichten würde, was gerade aktuell und populär ist“, fügte er hinzu. Die Kirchenleitung in Westfalen habe immer auch weniger populäre Themen aufgegriffen wie die Folgen der Finanzkrise, die Kinderarmut, den Atomausstieg oder die Bildungsgerechtigkeit, so Henz.

Der Vizepräsident plädierte auf der Tagung für einen mutigeren Umgang der Kirchen mit den Medien. Keinesfalls dürfe die Kirche zu der sozialen Spaltung der Gesellschaft schweigen. Henz, der als Dezernent auch für publizistische Fragen zuständig ist, kündigte eine medienpolitische Initiative der Landeskirche zu einer stärkeren Nutzung des Web 2.0 an, um mehr auf junge Menschen zuzugehen.