TV-Tipp: "Und wer nimmt den Hund?"

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23. Februar, One, 21.00 Uhr
TV-Tipp: "Und wer nimmt den Hund?"
Es hatte eine Weile gedauert, aber nun sind sie endlich wieder vereint. Die Rede ist allerdings nicht von den Hauptdarstellern Martina Gedeck und Ulrich Tukur.

Die beiden beweisen zwar auch in dieser bissigen Kinokomödie aus dem Jahr 2019, wie gut sie miteinander harmonieren, haben aber kurz zuvor noch bei der Romanze "Gleißendes Glück" (2016) gemeinsam vor der Kamera gestanden.

Nein, es geht um den Regisseur Rainer Kaufmann und den Drehbuchautor Martin Rauhaus. Der eine ist für Filme wie "Stadtgespräch", "Marias letzte Reise" oder "Zuckerbrot" mit allen nur denkbaren deutschen Film- und Fernsehpreisen geehrt worden, der andere gilt hierzulande als einer der besten Dialogschreiber; gemeinsam haben sie einst das boshaft-heitere TV-Drama "Ein starker Abgang" (2009) mit Bruno Ganz als Menschenfeind geschaffen.

Zumindest vom Tonfall her knüpft die Komödie "Und wer nimmt den Hund?" nahtlos daran an: Was sich die beiden Hauptfiguren mitunter auch recht lautstark an den Kopf werfen, ist teilweise von ausgesuchter Bösartigkeit. 

Rauhaus erzählt eine ganz einfache Geschichte: Nach 25 Ehejahren eröffnet ein Mann (Tukur) seiner konsternierten Frau (Gedeck), er habe eine Jüngere kennengelernt und wolle noch mal von vorn anfangen. Weil das Paar im Guten auseinander gehen möchte, nimmt es die Dienste einer Trennungsbegleiterin (Angelika Thomas) in Anspruch; die Besuche in der Praxis der Therapeutin bilden die Rahmenhandlung. Auf diese Weise können kurze Einschübe für verblüffende Kontrapunkte sorgen: Beim Gespräch mit der Psychologin macht Doris einen gefassten Eindruck, aber die Rückblende offenbart, wie sie Georgs Ankündigung aufgenommen hat; anschließend kann bei seinem Auto von "so gut wie neu" keine Rede mehr sein.

Das klingt als Einfall nicht sonderlich originell, und auch sonst hat Rauhaus das Genre nicht neu erfunden. Zunächst zeigt der Film die üblichen Gespräche mit bestem Freund (Peter Jordan) und bester Freundin (Julia Jenkins) sowie die erstaunlich abgeklärten Reaktionen der erwachsenen Kinder. Ungewöhnlich ist allerdings Georgs beruflicher Hintergrund: Der Zoologe ist Direktor eines Aquariums; die Affäre mit der Doktorandin Laura (Lucia Heinze) ist nicht zuletzt das Ergebnis ihrer gemeinsamen Passion für das Liebesleben der Quallen.

Bewegung kommt in die Geschichte, als aus dem Dreiecksverhältnis eine doppelte Paarbeziehung wird: Doris, die einst ihre Leidenschaft für die Malerei der Familie geopfert hat, lernt den Kulturjournalisten Axel (Marcel Hensema) kennen, und prompt offenbart Georg typische Eifersuchtssymptome. Den Unterschied zu vergleichbaren Komödien machen im Wesentlichen die gemeinsamen (oder auch mal einzelnen) Sitzungen bei der Therapeutin aus, weil die Hauptfiguren auf diese Weise immer wieder miteinander konfrontiert werden. Geschickt sorgen Rauhaus und Kaufmann dafür, dass sich der verletzende Tonfall unterschwellig wandelt. 

Tukur und Gedeck haben vermutlich keinen Grund, sich über mangelnde darstellerische Herausforderungen zu beklagen, beide gehören seit über dreißig Jahren zu den meistbeschäftigten und größtenteils für anspruchsvolle Produktionen engagierten Schauspielern; aber die Dialoge von Rauhaus sind auch diesmal wieder etwas Besonderes. Davon profitiert allerdings vor allem Tukur, dem der Autor die deutlich amüsanteren Zeilen geschrieben hat. Die Pläne seiner zukünftigen Ex-Frau, eine eigene Firma zu gründen, kommentiert er böse als "Bauunternehmen für Luftschlösser". Zum Ausgleich hat Doris mehr Actionszenen: Das Auto des Gatten ist nicht das einzige, das dran glauben muss. Höhepunkt in dieser Hinsicht ist ein fingierter Diebstahl im Museum, den Doris live auf ihrer neuen Kunst-Website überträgt. 

Eher konventionell ist dagegen Kaufmanns Inszenierung. Bei der TV-Premiere lief "Und wer nimmt den Hund?" im Rahmen der Reihe "Sommerkino im Ersten", aber der Film ist ursprünglich fürs Fernsehen entstanden und kann das auch nicht verleugnen; daran ändert selbst die interessante abwechslungsreiche Musik (Jörn Kux, Jan-Peter Klöpfel) nicht viel. Überflüssig ist zudem die wie eine TV-Dokumentation gestaltete Klammer, wenn Georg und Doris zu Beginn und am Schluss ihre Befindlichkeiten direkt in die Kamera schildern. Andererseits hat die zuweilen zwar witzige, aber nie alberne Komödie tatsächlich einen gewissen dokumentarischen Charakter, weil Rauhaus die Schilderungen und gegenseitigen Vorwürfe dem Leben abgeschaut hat.

Die Realitätsnähe gipfelt in einer Bilanz Georgs, die viele langjährige Paare nachvollziehen können: Erst haben die Liebenden lauter verrückte Dinge gemacht, dann kamen die Kinder und mit ihnen der Alltag, und "irgendwann war einfach die Luft raus." Aber das ist noch nicht das Ende der Geschichte.