TV-Tipp: "Ich will mein Glück zurück"

Fernseher vor gelbem Hintergrund
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16. Februar, ARD, 20.15 Uhr:
TV-Tipp: "Ich will mein Glück zurück"
Eigentlich wollten Ulla und Paul (Michaela May, Helmut Zierl) anlässlich der Goldenen Hochzeit ihr Ehegelübde erneuern. Der Gatte kontert ihr inbrünstiges "Ich will" jedoch mit dem Bekenntnis, er wolle nicht. So beginnt die sehenswerte Tragikkomödie mit hochkarätigen Schauspielern - alle im besten Rentenalter.

Irgendwann ist die Liebe erloschen, und dann trennen sich die Wege; mitunter auch erst nach mehreren Jahrzehnten. Insofern ist die Handlung dieses ARD-Freitagsfilms nicht weiter ungewöhnlich, ganz im Gegensatz zu dem Anlass, in dessen Rahmen der Gatte die Trennung verkündet: Eigentlich wollten Ulla und Paul (Michaela May, Helmut Zierl) anlässlich der Goldenen Hochzeit ihr Ehegelübde erneuern. Der Gatte kontert ihr inbrünstiges "Ich will" jedoch mit dem Bekenntnis, er wolle nicht, weil er sich in eine andere Frau verliebt habe, und jetzt wird die Sache interessant: Seine Geliebte ist nicht etwa dreißig Jahre jünger, sondern Ullas Freundin Rita (Angela Roy). Vor fünfzig Jahren haben Ulla und Paul zu ihrer Hochzeit auf das Hamburger Ausflugsschiff "Alte Liebe" geladen. Durch ein Versehen ist das Boot an diesem Tag für den gleichen Anlass ein zweites Mal vermietet worden, also haben sich die beiden Paare kurzerhand zusammengetan. Seither sind Ulla und Paul sowie Rita und Robert (Ernst Stötzner) miteinander befreundet; zur Goldenen Hochzeit treffen sich Paare und Gäste erneut auf dem Boot.

Dieser Stoff würde natürlich auch zur Komödie taugen, und tatsächlich enthält "Ich will mein Glück zurück" viele heitere Momente, aber davon abgesehen hat Claudia Kratochvil die Geschichte seriös und angemessen dramatisch erzählt: Während Robert Pauls Verkündung gelassen zur Kenntnis nimmt, weil er und Rita schon lange bloß noch befreundet sind, fällt Ulla aus allen Wolken. Auch Rita ist nicht gerade begeistert, sie betrachtet die Liebelei ohnehin nur als Affäre und hat erst recht nicht gewollt, dass die Freundin auf diese Weise davon erfährt.

Der Film konzentriert sich jedoch auf die fürsorgliche Ulla, die sich in gleich mehrfacher Hinsicht betrogen fühlt. Jahrzehntelang hat sie Paul den Rücken freigehalten und ihren Beruf als Lehrerin aufgegeben, um sich der Familie zu widmen, zu der neben dem eigenen Sohn (Sascha Göpel) im Grunde auch Henriette (Katrin Ingendoh) gehörte: weil Rita und Robert, die gemeinsam eine erfolgreiche Anwaltskanzlei führen, keine Zeit für ihre Tochter hatten. 

Kratochvils Konzept orientiert sich am Modell der Trauerphasen: Anfangs will Ulla nicht wahrhaben, was ihr widerfährt. Sie ist überzeugt, dass der offenbar recht umtriebige Paul zu ihr zurückkehren werde, das hat er schließlich immer getan. Dann mischen sich unterschiedlichste Emotionen von Kummer bis Wut. Endlich akzeptiert sie ihr Schicksal nicht nur, sondern begreift es auch als Chance; Lehrkräfte werden schließlich überall händeringend gesucht. Das erweist sich jedoch als gar nicht so einfach; und dann steht plötzlich Paul wieder vor der Tür. Der Handlungsverlauf mag wenig überraschend klingen, und auch die Umsetzung ist nicht weiter aufregend. Das war bei Christina Adlers letzter Regie für den Sendeplatz freitags im "Ersten", "Geheimkommando Familie" (2023) mit Alexander Held als bärbeißiger Marineoffizier, der sich mit seinem Sohn versöhnen will, allerdings nicht anders. Dass die Tragikomödien trotzdem sehenswert sind, hat in beiden Fällen vor allem mit dem Ensemble zu tun. 

Gerade Michaela May verkörpert die emotionalen Höhen und Tiefen, die Ulla durchläuft, jederzeit nachvollziehbar. Helmut Zierl ist sowohl als Fremdgänger wie auch als reumütiger Rückkehrer glaubwürdig. Eine besondere Rolle spielt Angela Roy als Objekt der Begierde: Die selbstbewusste Wirtschaftsanwältin trägt auch mit siebzig noch Minirock. Ausgerechnet Rita sorgt jedoch dafür, dass ein Schatten ganz anderer Art auf die Geschichte fällt. Der erst spät als regelmäßiger Hauptdarsteller fürs Fernsehen entdeckte Ernst Stötzner, männlicher Titelheld der Freitagsreihe "Anna und ihr Untermieter" (seit 2020), ganz famos als dementer "Kommandante" in der ZDF-Sonntagsreihe "Nächste Ausfahrt Glück" (seit 2021) und mehr als bloß eine Nebenfigur in den "Helen Dorn"-Krimis (ZDF, seit 2014), ist ohnehin ein Gewinn für jeden Film.

Respektabel ist auch das Durchschnittsalter der vier wichtigsten Mitwirkenden, die alle in der Tat um die siebzig sind. In der Werbesprache heißt diese Altersgruppe "Best Ager" oder "Silver Surfer", aber in Filmen und Serien spielen ihre Mitglieder meist nur noch Nebenrollen. Eine Grenze wollte man allerdings dann doch nicht überschreiten: Als Ulla und Robert ihrerseits eine Affäre probieren, schwenkt die Kamera beim ersten Austausch von Zärtlichkeiten hastig weg; im Grunde ein Fall von Altersdiskriminierung, ein Thema, das Kratochvils an vielen Denkanstößen reiches Drehbuch ebenfalls berücksichtigt.