TV-Tipp: "Dünentod – Ein Nordsee-Krimi: Die Frau am Strand"

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6. Februar, RTL, 20.15 Uhr
TV-Tipp: "Dünentod – Ein Nordsee-Krimi: Die Frau am Strand"
Im Vergleich zum packenden letzten Film der RTL-Krimireihe mit Hendrik Duryn und Pia Barucki ist "Die Frau am Strand" ein zwar sehenswerter, aber keineswegs herausragender TV-Krimi.

Der Angriff erfolgt wie aus dem Nichts: Plötzlich legt sich ein Schatten über die junge Frau, die den Strand entlang reitet. Am Himmel zieht ein einsamer Greifvogel seine Kreise, doch das Ungemach gilt nicht Sabine Petersen, sondern dem Kneipenwirt Leefmann, der mit seinem motorisierten Gleitschirm unterwegs war: Er ist mit einer Drohne kollidiert, und alles deutet daraufhin, dass jemand das Gerät absichtlich in sein Gesicht gelenkt hat. Als kurz drauf auf äußerst unschöne Weise dem Ableben des ohnehin sterbenskranken örtlichen Bestatters nachgeholfen wird, ahnen Tjark Wolf und Femke Folkmer, dass sie es mit einer Mordserie zu tun haben könnten, weil jemand eine alte Rechnung begleichen will; und sie wissen auch, wer die beiden nächsten Opfer sein werden.

Nun zeigt sich, dass die erste Episode der aktuellen Trilogie ("Tod auf dem Meer") kein Ausreißer nach unten war; vielmehr entpuppt sich im Nachhinein der zweite Film ("Falsches Spiel"), der nahtlos an die Qualität der beiden letztjährigen Thriller anknüpfte, als Ausreißer nach oben. Die Handlung trägt sich wie der erste Fall des Duos von der Kripo Wilhelmshaven im beschaulichen Werlesiel zu, der Heimat von Femke, weshalb der Film mit ähnlich vielen schönen Strandbildern erfreut wie die ZDF-Reihe "Nord Nord Mord". Größer sind allerdings die Parallelen zum "Dänemark-Krimi" der ARD, denn eine wichtige Rolle spielt unter anderem ein uraltes heidnisches Ritual, bei dem anlässlich der herbstlichen Tag-und-Nacht-Gleiche ein großes Feuer das Böse vertreiben soll. Außerdem wird es ein bisschen übersinnlich, denn die von Berit Vander mit einer interessanten Mischung aus Verschlossenheit nach außen und Offenheit nach innen versehene Sabine hört das Gras wachsen; und das ist nicht metaphorisch gemeint. 

 

Trotzdem geht es insgesamt wieder eine Nummer kleiner zu als zuletzt. In "Falsches Spiel" deckte das Duo ein kriminelles norddeutsches Netzwerk auf; Wolf fand endlich raus, wer schon so lange einen unheilvollen Einfluss auf sein Leben ausübte. Diesmal gibt es weder Schießereien noch Verfolgungsjagden, sondern klassische Polizeiarbeit, und wenn es für Wolf brenzlig wird, schaut er nicht in die Mündung einer Pistole, sondern wird mit der Mistgabel bedroht; ein Dorfkrimi eben. Das Drehbuch stammt wie schon beim Trilogieauftakt "Tod auf dem Meer" von Kai-Uwe Hasenheit, der auf leutselige Momente verzichtet; dem letzten Film haben die kleinen Frotzeleien zwischen Wolf und Femke eine besondere Würze verliehen. Einzige Ausnahme ist ein einseitiges Zwiegespräch zwischen dem Polizisten und Sabines Pferd, mit dessen Hilfe er ihr Vertrauen gewinnen will.

Davon abgesehen fühlt er sich angesichts der ländlichen Gepflogenheiten etwas deplatziert. Reizvoll wird die Geschichte, als Wolf und Femke klar wird, dass sie die Mordserie nur stoppen können, wenn sie ein Rätsel aus der Vergangenheit lösen: Damals ist ein junger Mann spurlos verschwunden, der auf dem Hof des alten Petersen gearbeitet hatte. Sabine, zu jener Zeit 14, war offenbar in ihn verknallt, wie die Bilder vermuten lassen, die sie noch heute von ihm zeichnet. Weil es keinerlei Hinweise auf eine Straftat gab, sind die Ermittlungen eingestellt worden. Es hieß, Malte habe ein schwieriges Verhältnis zu seiner Mutter (Inga Dietrich) gehabt und sei abgehauen. Das war vor sieben Jahren; ebenfalls zur Tag-und-Nacht-Gleiche.

Die Besetzung der Episodenrollen kommt zwar ohne Stars aus, ist aber markant, weil die Mitwirkenden Typen sind, allen voran Jean-Luc Bubert als Sabines Vater und Andreas Anke als weiteres Mitglied des Freundesquartetts. Ähnlich solide wie die Geschichte ist die Umsetzung: keine überraschenden Schnittfolgen, aber eine gute Bildgestaltung.

Kameramann Aljoscha Hennig war bereits bei den ersten beiden Filmen dabei und sorgt für viel Atmosphäre. Alex Komlew hat die Musik zu allen bisherigen Episoden komponiert; sie klingt, als sei sie auch ohne Bilder hörenswert. Regie führte Ziska Riemann, sie hat auch den sehenswerten jüngsten Beitrag zu "Unter anderen Umständen" ("Dominiks Geheimnis", ZDF) inszeniert und erlebt nun womöglich das gleiche Schicksal wie so viele andere, deren Karriere nach zum Teil preisgekrönten  Kinoproduktionen ("Lollipop Monster", 2011; "Electric Girl", 2019) schnurstracks Richtung TV-Krimi führt, weil in diesem Genre mit Abstand die meisten Filme gedreht werden.